Essen. Anrufe von falschen Polizisten: eine Masche von Trickbetrügern. Wie man am besten darauf reagiert, erklärt ein Essener Kriminalhauptkommissar.

Der Anruf kam abends und der Senior aus Essen-Kettwig dachte an nichts Böses, als er den Telefonhörer aufnahm. Ein Mann meldete sich, der behauptete, Kriminalbeamter zu sein. „Er sagte, bei mir in der Nebenstraße sei gerade ein Raub passiert, und mein Name stünde auf einer Einbruchsliste von Osteuropäern.“ Der 80-Jährige wurde hellhörig. „Das klang zunächst glaubhaft“, berichtet er. Erst als der vorgebliche Polizist nach seinen Konten fragte, wurde der Angerufene stutzig. „Das ist neben dem Enkeltrick eine der üblichen Maschen von Kriminellen“, erklärt Ralf Ruttkowski vom Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz der Essener Polizei.

Anrufer bauen bei den Betroffenen „Druck“ auf

„Die Anrufer bauen Druck auf, damit sie schnell an Informationen kommen“, erklärt der Kriminalhauptkommissar, „denn Zeit ist auch für Kriminelle Geld“. Im Falle des Kettwigers wurde mit der Angst vor Einbrüchen in der dunklen Jahreszeit gerechnet. „Um das Ganze glaubhaft zu machen, wurde ihm sogar angeboten, sich bei der Polizei rückzuversichern, dass der Anruf echt ist.“ Das sei ein perfider Schachzug, um die Betroffenen in Sicherheit zu wiegen.

„Coffee with a Cop“ auf dem Rüttenscheider Markt: Bürger können bei einem Kaffee mit den Beamten ins Gespräch kommen, hier zum Beispiel mit Hauptkommissar Ralf Ruttkowski (rechts) vom Opferschutz.
„Coffee with a Cop“ auf dem Rüttenscheider Markt: Bürger können bei einem Kaffee mit den Beamten ins Gespräch kommen, hier zum Beispiel mit Hauptkommissar Ralf Ruttkowski (rechts) vom Opferschutz. © FUNKE Foto Services | Tobias Harmeling

„Ich habe die 110 gewählt“, schildert der Kettwiger dann auch genau diese Vorgehensweise der Täter aus eigenem Erleben. Allerdings habe er das Gespräch mit den Kriminellen gar nicht unterbrochen, „denn in der Aufregung habe ich leider nicht aufgelegt“. Dadurch konnten die Täter ihm am Telefon leicht eine „Weiterleitung an einen anderen Kollegen“ suggerieren. In solchen Fällen werde von den Betrügern munter geschauspielert, weiß Ralf Ruttkowski, der allerdings auch nachvollziehen kann, dass Menschen in Ausnahmesituationen nicht immer mit Bedacht reagieren.

Schockanrufer haben es besonders auf ältere Menschen abgesehen

Trickbetrüger mit neuer Ramsch-Masche in Essen erfolgreich„Noch schlimmer sind Schockanrufer, die vorgeben, einem nahen Angehörigen sei etwas Schlimmes zugestoßen. Gefängnis drohe, wenn nicht eine Kaution gezahlt würde. Im Hintergrund sind dann weinende Stimmen zu hören“, beschreibt der Kriminalhauptkommissar das oft surreale Geschehen. Fünf-, ja manchmal sogar sechsstellige Beträge würden aufgrund solcher Schock-Telefonate an fremde Menschen übergeben.

Betroffen seien vorwiegend ältere Frauen und Männer, oft aus gut situierten Wohngegenden. „In Essen und Mülheim sind es häufig die südlichen Stadtteile“, berichtet Ralf Ruttkowski, der mit seinem Team kürzlich erst auf dem Rüttenscheider Markt bei der Aktion „Coffee with a Cop“ Aufklärungsarbeit betrieben hat. Die von ihm erstellte Broschüre zum Thema Trickbetrug verteilt er auch immer wieder bei Aktionstagen und Vorträgen der Polizei.

Der Rat: Von einem anderen Telefon aus die 110 wählen

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Sein Rat: „Bei solchen angeblichen Polizisten-Anrufen oder Enkel-in-Not-Anrufen immer die 110 wählen. Dazu ein anderes Telefon benutzen. Wer kein Handy hat, sollte zum Nachbarn gehen und von dort aus telefonieren.“

Den Tätern durch Eingehen auf die Forderung eine Falle zustellen, sei dagegen nicht der richtige Weg. „Im Zweifel bringt man sich selbst in große Gefahr. Und die Polizei fasst allenfalls die Geldabholer. Aber die kennen die Hintermänner überhaupt nicht“, erklärt der Kriminalhauptkommissar.

Kriminelle Organisationen steuern die Taten vom Ausland aus

Die Nummer mit den falschen Polizisten sei zumeist vom Ausland aus gesteuert. „Dort sitzen die Leute wie im Callcenter, nicht greifbar in Hotelzimmern. Sie sind gut geschult und kennen die deutschen Gegebenheiten.“ Es gebe mehrere Ebenen in der kriminellen Organisation, unter anderem Logistiker vor Ort in Deutschland, die wiederum die Abholer rekrutierten. „Um diesen Organisationen das Handwerk zu legen, bedarf es einer internationalen polizeilichen Zusammenarbeit, und das ist – anders als in Fernsehkrimis – eben sehr schwierig.“

Der Kettwiger Senior ist noch einmal mit dem Schrecken davongekommen. „Ich war schon sehr aufgeregt. Jetzt weiß ich, wie ich das nächste Mal noch besser reagiere.“ Wobei „das nächste Mal“ besser nicht passieren sollte, findet er.