Essen. In zwei Parkanlagen im Essener Norden sollen in naher Zukunft die ersten „Tiny forests“ wachsen. Doch das soll nur ein Anfang sein.

Sie sind klein, oft nicht größer als ein Tennisplatz. Und doch sollen sie zum Klimaschutz einen großen Beitrag leisten: Die Rede ist von „Tiny forests“, von winzigen Wäldern mitten in der Stadt. Auch in Essen sollen bald die ersten Wäldchen wachsen.

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Die Wildnis in die Stadt holen, diese Idee ist nicht neu. Schon in den 1970er Jahren hat der japanische Botaniker Akiri Miyawaki die ersten Miniatur-Wälder angelegt, um Wüsten aus Stein und Beton zu begrünen. Die Wäldchen tragen längst seinen Namen. „Miyawaki-Wälder“ sprießen weltweit in die Höhe.

Die Universität Duisburg-Essen soll das Projekt „Tiny forests“ wissenschaftlich begleiten

Angesichts des Klimawandels greifen immer mehr Städte die Idee auf. Nun auch Essen. Im kommenden Jahr möchte Grün und Gruga die ersten „Tiny forests“ aus heimischen Baumarten anlegen. Nicht mitten in der Stadt, sondern zunächst innerhalb von zwei städtischen Parkanlagen im Essener Norden – als Referenzobjekte.

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„Wir wollen das Projekt wissenschaftlich begleiten, kündigt Melanie Ihlenfeld an. Die Leiterin von Grün und Gruga möchte dafür mit der Universität Duisburg-Essen zusammenarbeiten. Wie entwickeln sich die kleinen Wälder unter welchen Bedingungen? Welche Arten setzen sich durch? Diese und andere Fragen gilt es zu beantworten.

Ihlenfeld denkt aber bereits darüber hinaus, denn bei zwei Referenzobjekten soll es nicht bleiben. „Tiny forests“ könnten auch in Baulücken, für die sich schon lange niemand mehr interessiert, wachsen, sagt sie. Vorausgesetzt, der Boden sei dafür geeignet. Grün und Gruga werde darüber das Gespräch mit dem Amt für Stadterneuerung und Bodenmanagement suchen. Auch müssten es nicht immer Wäldchen sein. Ihlenfeld denkt auch an Blühwiesen und Totholzinseln.

„Tiny forests“ brauchen nicht Jahrzehnte um zu einem Wald heranzuwachsen

Dass Klimaschutz und der Wunsch nach mehr Wohnraum miteinander konkurrieren, wenn es um die Nutzung unbebauter Grundstücke geht, liegt auf der Hand. „Aber darüber kann man ja einmal diskutieren“, sagt Ihlenfeld.

Für die Leiterin von Grün und Gruga, liegen die Vorteile der Miniwälder jedenfalls auf der Hand. Sie speichern Wasser und Kohlendioxid, sie bieten Vögeln, Insekten und anderen Waldbewohnern einen Lebensraum. Kurz: Die „grünen Oasen“ dienen der Artenvielfalt und tragen dazu beitragen, das Stadtklima zu verbessern.

Kein ökonomischer Wert

Den Anstoß für das Pflanzen der Miniwälder erhielt Grün und Gruga von einer Bürgerin, die sich mit einem Schreiben an den städtischen Ratsausschuss für Anregungen und Beschwerden gewandt hatte. Grün und Gruga hat die Anregung aufgegriffen und betont, dass der Wert eines „tiny forest“ ausschließlich ökologischer und sozialer Natur sei, jedoch nicht ökonomischer. Denn Bäume werden nicht gerodet. Da auch weder Wege angelegt, noch Sitzbänke aufgestellt werden, entstünden auch keine Folgekosten.

Und: „Tiny forests“ brauchen nicht Jahrzehnte um zu einem Wald heranzuwachsen. Die Setzlinge werden auf einer kleinen Fläche dicht an dicht gepflanzt. Der natürliche Konkurrenzdruck ist dadurch so stark, dass sie sehr schnell in die Höhe schießen. Innerhalb von wenigen Monaten sind die jungen Bäume bereits bis zu eineinhalb Meter groß. In den ersten paar Jahren müssen sie nur gelegentlich gegossen werden, dann bleibt der Mini-Wald sich selbst überlassen.

Ob das jedem gefällt? Dass frisch gemähte Rasenflächen und Grünstreifen zwar gepflegt aussehen, ihr ökologischer Wert aber gen null tendiert, dieser Erkenntnis trägt Grün und Gruga bei der Bepflanzung bereits Rechnung. Wild vor sich hin wachsende Wäldchen mitten in der Stadt könnten für so manchen gleichwohl zur ästhetischen Herausforderung werden. Dass es sich bei den „Tiny forests“ nicht um „Gestrüpp“ handelt, sondern um einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz, dies gilt es zu vermitteln. Und wen es tröstet: Die wilden Wäldchen werden in der Regel zu ihrem eigenen Schutz eingezäunt.