Essen. Als Folge des Klimawandels könnten in Essen Tausende Straßenbäume verloren gehen. Das will die Stadt dagegen tun.

Den Bäumen entlang der Straßen in Essen geht es schlecht. Drei heiße Sommer nacheinander, in denen es zuwenig geregnet hat, haben ihnen zugesetzt. Und die verheerenden Schäden, die Pfingststurm „Ela“ 2014 angerichtet hat, wirken bis heute nach. Die Folge: Jeder vierte Baum schwächelt und droht in den kommenden Jahren abzusterben, so dass er gefällt werden müsste, sagt Norbert Bösken von Grün und Gruga.

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Dabei liest sich die „Baumbilanz“, die Grün und Gruga jetzt für das Jahr 2019 vorgelegt hat, auf den ersten Blick positiv: Außerhalb der Essener Wälder, also an Straßen und in städtischen Grünanlagen wurden insgesamt 202.470 Bäume erfasst. Das sind 3373 Bäume mehr als noch ein Jahr zuvor.

Der Bestand ist also gewachsen. Für 3234 Bäume, die 2019 gefällt wurden, pflanzte Grün und Gruga nur 1506 Bäume nach. Der Zuwachs ist also vor allem der sogenannten Naturverjüngung zu verdanken; 5101 Bäume sind demnach nachgewachsen. Was den ökologischen Wert angeht, kann ein junger Baum einen ausgewachsenen Baum allerdings nicht ersetzen.

In den vergangenen Jahren hat Essen 12.000 Straßenbäume verloren

Essen sei nach wie vor eine der grünsten Städte des Landes, betont Norbert Bösken. Doch der Baumbestand leide unter dem Klimawandel, was sich nicht nur in den Wäldern zeige, sondern auch entlang der Straßen. „Wir haben 12.000 Bäume in den vergangenen zehn Jahren verloren“, berichtet Bösken. Ein solches Szenario drohe wieder.

Familie Harde aus Krax macht bereits mit beim Projekt „Gießkannenhelden“.
Familie Harde aus Krax macht bereits mit beim Projekt „Gießkannenhelden“. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

„Die Bäume brauchen Lebensraum“, sagt Bösken. Die Stadt bemüht sich, Standorte, an denen Bäume wachsen, zu verbessern, indem Flächen entsiegelt werden, so dass Regenwasser nicht abläuft, sondern versickert. Häufig reichen die Wurzeln aber nicht tief genug ins Erdreich hinein. „Das haben die letzten drei Jahre deutlich gezeigt“, berichtet Bösken. 10.000 Bäume bis zu einem Alter von zehn Jahren werden deshalb durch Grün und Gruga bewässert. Privates Engagement sei jederzeit willkommen.

Runder Umwelttisch und Ehrenamt Agentur Essen suchen „Gießkannenhelden“

Der Runde Umwelttisch Essen und die Initiative für Stadtwandel haben dafür gemeinsam mit der Ehrenamt Agentur Essen das Projekt „Gießkannenhelden“ ins Leben gerufen. Bürger sind aufgerufen, Bäume vor ihren Häusern zu gießen. Ein 1000-Liter-Container, der ans Dach angeschlossen wird, um Regenwasser aufzufangen, wird zur Verfügung gestellt. Der Ruhrverband, die Emschergenossenschaft und die Stadtwerke Essen unterstützten das Projekt. 200 Wassertanks sollen in diesem Jahr aufgestellt werden. Die ersten Container stehen bereits. Alle sieben Tage benötigt ein junger Baum 100 Liter Wasser.

„Gießkannenhelden“ gesucht

Mit dem Projekt „Gießkannenhelden“ wollen die Ehrenamt Agentur, der Runde Umwelttisch und die Initiative für Stadtwandel langfristig ein stadtweites Netz von Wasserspeichern schaffen. In allen Stadtteilen werden Grundstückseigentümer gesucht, die einen 1.000-Liter-Behälter (Aufstellfläche 120 x 120 cm, Höhe 160 cm) an einem Regenfallrohr ihres Hauses, möglichst in der Nähe zu Stadtbäumen, aufstellen.

Engagieren können sich Privatpersonen, Vereine aber auch Firmen in Essen. Nach dem Patenprinzip übernehmen sie die Verantwortung für den Tankstandort.„Wer einen Tank vor sein Haus stellen oder regelmäßig gießen möchte, kann sich auf www.giesskannenheldinnen.de registrieren.

Laut Bösken arbeitet Grün und Gruga daran, präzisere Aussagen über den Zustand der Bäume treffen zu können, als es bislang der Fall ist. Noch werden Bäume nur gezählt, in Grünanlagen wird ihre Anzahl gar geschätzt. Straßenbäume werden regelmäßig kontrolliert. Das Ziel sei ein Stadtbaumkataster, das Auskunft über möglichst jeden einzelnen Baum gibt. Ein Straßenbaumkataster macht den Anfang. Die Stadt wird dafür ein Vermessungsfahrzeug einsetzen, das per Laserscanner auch Bäume erfasst. „Wir wollen wissen, ob der Zustand der Bäume so ist, wie wir es beobachten“, sagt Bösken. Auch um schneller und gezielter auf Klimaveränderungen reagieren zu können.