Essen. Viele müssen gegen Corona geimpft werden. RKI-Präsident Wieler bringt für die Kampagne Apotheker ins Spiel. Was Apotheker zu dem Vorstoß sagen.
165.000 Essenerinnen und Essener sind es, die bis Ende des Jahres eine Booster-Impfung bekommen sollen. In Hausarztpraxen glühen die Telefondrähte ob der vielen Terminanfragen, und die mobilen Impfangebote der Stadt sind ebenfalls enorm nachgefragt – was man eindrucksvoll an der Hunderte Meter langen Schlage auf der Kettwiger Straße am Donnerstag (18.11.) sehen konnte.
Essens Gesundheitsdezernent spricht von einem „gemeinsamen Kraftakt“, der jetzt notwendig sei. „Wir müssen in alle Richtungen Impfangebote machen“, so Peter Renzel. Was liegt da näher, als sich umzuschauen, wer die Impfkampagne tatkräftig unterstützen kann?
Unter der Woche forderte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler: „Jeder Mann und Maus, der impfen kann, soll jetzt gefälligst impfen.“ Auch in Apotheken. Stark machen werden sich Bund und Länder für diesen Vorschlag indes nicht, was auf der Bund-Länder-Konferenz klar wurde. Wieler dürfte das nicht gefreut haben, denn er hatte zuvor auch gesagt: „Ich sag das jetzt mal ganz klar: Es muss jetzt Schluss sein, dass irgendwer irgendwelchen anderen Berufsgruppen aufgrund von irgendwelchen Umständen nicht gestattet, zu impfen.“ Wie aber kommt der Vorstoß von Wieler überhaupt bei den Apothekern selbst an?
Apotheker und Impfkampagne: Klarer rechtlicher Rahmen müsse her
Hanno Höhn, neuer Sprecher der Apotheken in Essen, sagt jedenfalls: „Wir stehen bereit.“ Allerdings müssten für den Einstieg von ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen in die Impfkampagne erst einmal die Voraussetzungen geschaffen werden. „Es muss ein klarer rechtlicher Rahmen her“, sagt Höhn. Damit meint der Inhaber der Nordstern Apotheke in Karnap auch Vorab-Schulungen mit Theorie- und Praxisanteilen. Sprich: Höhn und seine Kolleginnen und Kollegen könnten nicht innerhalb der nächsten Tage anfangen gegen das Coronavirus zu impfen. Sollten Apotheker aber doch noch mitimpfen (dürfen), so schätzt Höhn, sei eine Vorlaufzeit von „sechs bis sieben“ Wochen nötig.
Ein Anliegen ist es ihm, zu betonen, dass sich die Apotheker „nicht darum gerissen haben“, nun im Fokus zu stehen. „Ich verstehe aber die Aussagen von Herrn Wieler“, so Höhn. Und eins ist nicht von der Hand zu weisen: Es wäre nicht das erste Mal, dass in Apotheken geimpft würde, das ist bereits gelebte Realität. „Seit 2020 gibt es ein Modellprojekt, bei dem AOK-Versicherte geimpft werden“, erklärt Höhn, der damit keine Coronaimpfungen, sondern Grippeschutzimpfungen meint. „Die ersten Erfahrungen sind da.“ Noch fehle allerdings eine wissenschaftliche Auswertung des Modellprojekts.
Essener Apotheker aus Karnap: „Das Ganze wäre eine Unterstützung der Impfkampagne“
Wer jetzt aber glaubt, Apotheken könnten alleine das Ruder in der Impfkampagne rumreißen, der irrt. Hanno Höhn sagt: „Das Ganze wäre eine Unterstützung der Impfkampagne – wir könnten viel Klein-Klein machen. Wenn in einer Apotheke fünf Menschen geimpft werden, blockieren diese nicht die Arztpraxen.“ Es gehe also über die Masse.
Vorbehalte, dass Apotheker impfen sollten, gibt es seitens der Ärzte. „Die Impfung gehört in die Hand des Arztes“, sagte am Donnerstag (18.11.) der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Dr. Frank Bergmann. Apotheker Hanno Höhn aus Karnap sagt hingegen: „Ich sehe diese Konkurrenzsituation nicht. Wir wollen den Ärzten nichts abgraben.“ Auch Höhns Vorgänger als Pressesprecher der Essener Apotheken weiß um Vorbehalte bei niedergelassenen Ärzten. Dr. Rolf-Günther Westhaus sagt: „Es gibt einige, die sehen das als Angriff.“ Westhaus persönliche Meinung: „Wenn da Not am Mann ist, kann ich miteinsteigen.“
Hanno Höhn aus Karnap hofft aber vor allem darauf, dass sich möglichst viele Menschen überhaupt impfen lassen, nicht nur diejenigen, bei denen eine Drittimpfung fällig wird: „Nur so brechen wir die vierte Welle.“