Essen-Rüttenscheid.. Vor 30 Jahren fiel der Beschluss zum 13 Millionen Mark teuren Umbau. Möglich wurde die Neugestaltung aus einem Guss durch den Bau der U-Bahn.

Mit einem wegweisenden Beschluss gab die Bezirksvertretung II im März 1986 den Startschuss für den Umbau der Rüttenscheider Straße. Unsere Zeitung berichtete über die Pläne damals mit der Schlagzeile „Rüttenscheid tritt gegen City an“. Tatsächlich sollte die „Rü“ – diese Abkürzung wurde während der Umbauzeit geprägt – eine der attraktivsten Einkaufsstraßen der Stadt werden, was durchaus auch etwas mit dem aufwendigen Umbau zu tun hatte.

U-Bahn-Südstrecke wurde 1986 eröffnet

Rüttenscheider Straße und Stern vor dem Umbau: Den Autos wurde deutlich mehr Platz eingeräumt als heute, die Fahrbahn war breiter, der Fußgängerbereich schmaler.
Rüttenscheider Straße und Stern vor dem Umbau: Den Autos wurde deutlich mehr Platz eingeräumt als heute, die Fahrbahn war breiter, der Fußgängerbereich schmaler. © Georg Lukas | Unbekannt

Anlass war die Fertigstellung der U-Bahn-Südstrecke im Sommer 1986. Satte 340 Millionen Mark hatte die Untertunnelung der Rü verschlungen. „Die immensen Kosten wären eine kaum vertretbare Fehlinvestition, wenn nicht mehr erreicht würde als eine Beschleunigung des Autoverkehrs. Die Rüttenscheider Straße darf nicht zur fünften und sechsten Fahrspur der Alfredstraße werden“, wurde der Architekt und Deubau-Preisträger Dr. Eckhard Schulze-Fielitz damals zitiert. Er ist einer von vielen Fachleuten, Politikern und Bürgern, die sich beim Umbau der Straße mit Ideen einbringen wollen. So wird über Umfahrungen und Einbahnstraßenregelungen ebenso diskutiert wie über breitere Bürgersteige und Radwege.

Entsprechend lang dauert der politische Prozess, der letztlich in einem Kompromiss mündet. Besonders sichtbar ist das bis heute an dem viel diskutierten Radweg auf dem Bürgersteig. So beginnen die Umbauarbeiten erst 1987 – knapp ein Jahr nach der U-Bahn-Eröffnung. Der erste und knapp 400 Meter lange Bauabschnitt zwischen Martinstraße und Stern ist dafür schnell fertig: Binnen 80 Tagen werden die Straßenbahnschienen herausgerissen, die Gehwege zu Lasten der Straße verbreitert, mehr Parkmöglichkeiten geschaffen. 2,3 Millionen Mark kostet der Umbau des Herzstücks, das bis heute als attraktivste Geschäftslage gilt.

Umbau bedeutete auch Einbußen für Geschäftsleute

Historisches Rüttenscheid

Die Kreuzung Martinstraße, und die „Rü“ Richtung Norden, die um 1960 so noch keiner nannte. Straßenbahnen fuhren und es fehlten vor allem Bäume.
Die Kreuzung Martinstraße, und die „Rü“ Richtung Norden, die um 1960 so noch keiner nannte. Straßenbahnen fuhren und es fehlten vor allem Bäume. © Marga Kingler/WAZ | Hagemann
Der Rüttenscheider Stern Anfang der 1960er-Jahre: Links das frühere Kaufhaus „Althoff“, später Karstadt, dann Hertie. Heute ist hier - neu erbaut - das Geschäftshaus „Rü 62“. Das Eckhaus in der Mitte gibt es noch, rechts auf dem Platz befinden sich das Eiscafé Gioia und der Parkplatz am Stern. Der Hochhaus-Riegel dahinter war noch nicht erbaut.
Der Rüttenscheider Stern Anfang der 1960er-Jahre: Links das frühere Kaufhaus „Althoff“, später Karstadt, dann Hertie. Heute ist hier - neu erbaut - das Geschäftshaus „Rü 62“. Das Eckhaus in der Mitte gibt es noch, rechts auf dem Platz befinden sich das Eiscafé Gioia und der Parkplatz am Stern. Der Hochhaus-Riegel dahinter war noch nicht erbaut. © Knut Garthe/NRZ | Unbekannt
Die Rü 1990 Richtung Norden, Höhe Fritjof-Nansen-Straße: Die Rüttenscheider Brücke entsteht gerade neu. Der vorspringende Altbau links in der Mitte wich einem Neubau, aus den Altbauten ganz rechts wurde das Geschäftshaus Rue 199.
Die Rü 1990 Richtung Norden, Höhe Fritjof-Nansen-Straße: Die Rüttenscheider Brücke entsteht gerade neu. Der vorspringende Altbau links in der Mitte wich einem Neubau, aus den Altbauten ganz rechts wurde das Geschäftshaus Rue 199. © Martin Gehlen/NRZ | Gehlen
Rüttenscheider Straße und Stern vor dem Umbau: Den Autos wurde deutlich mehr Platz eingeräumt als heute, die Fahrbahn war breiter, der Fußgängerbereich schmaler. Rechts ist noch das alte Karstadt-Kaufhaus zu erkennen.
Rüttenscheider Straße und Stern vor dem Umbau: Den Autos wurde deutlich mehr Platz eingeräumt als heute, die Fahrbahn war breiter, der Fußgängerbereich schmaler. Rechts ist noch das alte Karstadt-Kaufhaus zu erkennen. © Georg Lukas/NRZ | Georg Lukas
Historisches Foto aus Essen-Rüttenscheid.
Historisches Foto aus Essen-Rüttenscheid. © Knut Garthe/NRZ | Unbekannt
Weil die Stadt die beschlossene Samstagssperrung der Rü nicht umsetzte, baute die SPD 1995 eigenmächtig die Sperren auf.
Weil die Stadt die beschlossene Samstagssperrung der Rü nicht umsetzte, baute die SPD 1995 eigenmächtig die Sperren auf. © Oliver Müller/NRZ | Unbekannt
Diese
Diese "Essener Blagen" wurden um 1909 abgelichtet. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Das städt. Gymnasium um 1910. Foto: IG Rüttenscheid
Das städt. Gymnasium um 1910. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Der Claraplatz - heute umbenannt in Rüttenscheider Stern - um 1920. Foto: IG Rüttenscheid
Der Claraplatz - heute umbenannt in Rüttenscheider Stern - um 1920. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Das Montagsloch - hier sollte eines der größten Stadien Deutschlands entstehen. Es kam jedoch nie über den Rohbau hinaus. Heute haben sich dort, am Rüttenscheider Tor, Hochtief und Eon angesiedelt. Foto: IG Rüttenscheid
Das Montagsloch - hier sollte eines der größten Stadien Deutschlands entstehen. Es kam jedoch nie über den Rohbau hinaus. Heute haben sich dort, am Rüttenscheider Tor, Hochtief und Eon angesiedelt. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Auch hier hatte der Krieg gewütet: Ein Blick von der Dorotheenstraße, links stand das Haus Hindenburg, rechts
Auch hier hatte der Krieg gewütet: Ein Blick von der Dorotheenstraße, links stand das Haus Hindenburg, rechts "Seifendietrich". Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Auch die Girardet-Druckerei wurde durch Bombenschäden schwer beschädigt. Foto: IG Rüttenscheid
Auch die Girardet-Druckerei wurde durch Bombenschäden schwer beschädigt. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Stehaufmännchen - das Gebäude lag noch in Schutt und Asche, als die Ampütte schon wieder öffnete - schon damals auch zur nachtschlafenden Zeit. Foto: IG Rüttenscheid
Stehaufmännchen - das Gebäude lag noch in Schutt und Asche, als die Ampütte schon wieder öffnete - schon damals auch zur nachtschlafenden Zeit. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Diese Aufnahme zeigt Rüttenscheid in den Dreißigern von oben. Foto: IG Rüttenscheid
Diese Aufnahme zeigt Rüttenscheid in den Dreißigern von oben. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Ein Luftbild von 1957 zeigt noch den alten Güterbahnhof. Foto: IG Rüttenscheid
Ein Luftbild von 1957 zeigt noch den alten Güterbahnhof. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Das Essener Justizgebäude um 1920. Mit seinem Bau wurde 1908 begonnen. Foto: IG Rüttenscheid
Das Essener Justizgebäude um 1920. Mit seinem Bau wurde 1908 begonnen. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Die Sommerblumenterrassen im Jahr 1929. Foto: IG Rüttenscheid
Die Sommerblumenterrassen im Jahr 1929. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Die Isabellastraße um 1928. Foto: IG Rüttenscheid
Die Isabellastraße um 1928. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Die Irmgardstraße 1920, seit 1937 in Von-Seeckt-Straße umbenannt. Foto: IG Rüttenscheid
Die Irmgardstraße 1920, seit 1937 in Von-Seeckt-Straße umbenannt. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Die bekannteste Meile - die Rüttenscheider Straße, Ecke Witteringstraße, in den Zwanzigern.  Foto: IG Rüttenscheid
Die bekannteste Meile - die Rüttenscheider Straße, Ecke Witteringstraße, in den Zwanzigern. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Dieses Bild der Rü entstand um 1900. In dem Eckgebäude ist heute die Brunnenapotheke. Foto: IG Rüttenscheid
Dieses Bild der Rü entstand um 1900. In dem Eckgebäude ist heute die Brunnenapotheke. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Aus dem Kruppschen Erholungsheim entwickelten sich... Foto: IG Rüttenscheid
Aus dem Kruppschen Erholungsheim entwickelten sich... Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
...die Kruppschen Krankenanstalten an der Wittekindstraße. Foto: IG Rüttenscheid
...die Kruppschen Krankenanstalten an der Wittekindstraße. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Ein undatiertes historisches Foto der Siechenkapelle. Foto: IG Rüttenscheid
Ein undatiertes historisches Foto der Siechenkapelle. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Wo heute das
Wo heute das "Rü Kontor" steht, wurde um 1923 die neue Rüttenscheider Brücke gebaut. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Der Rüttenscheider Stern 1914. Foto: IG Rüttenscheid
Der Rüttenscheider Stern 1914. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Das Rüttenscheider Rathaus, wo heute die Sparkasse untergebracht ist. Foto: IG Rüttenscheid
Das Rüttenscheider Rathaus, wo heute die Sparkasse untergebracht ist. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Die Richard-Wagner-Straße 1913. Foto: IG Rüttenscheid
Die Richard-Wagner-Straße 1913. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Die alte ev. Reformationskirche um 1912, rechts ist das  mit Rathaus zu erkennen. Foto: IG Rüttenscheid
Die alte ev. Reformationskirche um 1912, rechts ist das mit Rathaus zu erkennen. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Der Prater war von 1926 bis 1930 ein ständiger Vergnügungspark im Winkel der Norbert-und Lührmannstraße, u.a. mit  Achterbahn, Zillertal und Hippodrom. Foto: IG Rüttenscheid
Der Prater war von 1926 bis 1930 ein ständiger Vergnügungspark im Winkel der Norbert-und Lührmannstraße, u.a. mit Achterbahn, Zillertal und Hippodrom. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Die Grugahalle 1959.  Foto: IG Rüttenscheid
Die Grugahalle 1959. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Nach dem Deutschen Turnfest 1963 konnte die Zahl der aktiven Sportler in Essener Vereinen um 5000 Mitglieder gesteigert werden. Foto: IG Rüttenscheid
Nach dem Deutschen Turnfest 1963 konnte die Zahl der aktiven Sportler in Essener Vereinen um 5000 Mitglieder gesteigert werden. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Bis in die 80er Jahre lag das Straßenbahndepot... Foto: IG Rüttenscheid
Bis in die 80er Jahre lag das Straßenbahndepot... Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
...am alten Alfredusbad, an das heute nur noch der Haltestellen-Name erinnert. Foto: IG Rüttenscheid
...am alten Alfredusbad, an das heute nur noch der Haltestellen-Name erinnert. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Der Erzhof - heute Evag-Hauptverwaltung, an Zweigertstraße.  Foto: IG Rüttenscheid
Der Erzhof - heute Evag-Hauptverwaltung, an Zweigertstraße. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Ein Geschäft im Dohmannskamp, im Jahr 1913. Foto: IG Rüttenscheid
Ein Geschäft im Dohmannskamp, im Jahr 1913. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Der alte Florabrunnen stand in etwa an der Stelle des jetzigen, der 2007 renoviert und reaktiviert wurde. Foto: IG Rüttenscheid
Der alte Florabrunnen stand in etwa an der Stelle des jetzigen, der 2007 renoviert und reaktiviert wurde. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Hier hat sich in all den Jahren kaum etwas veändert - die Gaststätte Brenner gibt es immer noch, sie gehört zu den  ältesten in Essen. Foto: IG Rüttenscheid
Hier hat sich in all den Jahren kaum etwas veändert - die Gaststätte Brenner gibt es immer noch, sie gehört zu den ältesten in Essen. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Die Bertholdstraße im Jahr 1916. Foto: IG Rüttenscheid
Die Bertholdstraße im Jahr 1916. Foto: IG Rüttenscheid © Unbekannt | Unbekannt
Es folgen Aufnahmen aus dem Wandkalender
Es folgen Aufnahmen aus dem Wandkalender "Rüttenscheid im Wandel" der IGR (2014). hier Messe/Grugapark: Eine ungewohnte Luft-Ansicht aus dem Jahr 1929 zeigt die Anfänge der 1913 eröffneten Messe: Hinter dem Hauptportal und Ehrenhof, wo sich heute der Parkplatz P1 befindet, liegt die 1927 von Josef Rings als Mehrzweckhalle konzipierte, 98 Meter lange Halle fünf. Sie soll bereits 1958 wieder weichen – auf ihren Fundamenten wird die Grugahalle erbaut, die Architekturgeschichte schreiben soll. Ferner zeigt die historische Aufnahme links ein katholisches Kloster und die Polizeikaserne. Schöne Anekdote am Rande: 1929 hinterlässt die Große Ruhrländische Gartenbauausstellung den als Gruga bekannten Park – seine Ursprünge gehen damit auf eine Veranstaltung der Messe zurück, was man heute fast als Ironie bezeichnen könnte. Foto: IGR © Unbekannt | Unbekannt
Messe und Grugahalle heute: Auch 100 Jahre später ist der Wandel noch nicht vollendet: Die Messe soll erneuert werden, die alten Hallen an der Seite der Gruga weichen. Foto: Hans Blossey
Messe und Grugahalle heute: Auch 100 Jahre später ist der Wandel noch nicht vollendet: Die Messe soll erneuert werden, die alten Hallen an der Seite der Gruga weichen. Foto: Hans Blossey © www.blossey.eu | www.blossey.eu
Glückaufhaus und Filmstudio: Kaum ein anderes Gebäude hat eine solch wechselvolle Geschichte hinter sich: 1922/23 erbaut, war das Glückaufhaus  im Dritten Reich Sitz der Gauleitung. Schließlich diente es bis 1999 dem Gesamtverband des Steinkohlebergbaus als Hauptverwaltungssitz. Nach langem Leerstand und Umbau unter Beibehaltung der denkmalgeschützten Fassade wird es seit 2009 als Bürogebäude genutzt. Foto: IGR
Glückaufhaus und Filmstudio: Kaum ein anderes Gebäude hat eine solch wechselvolle Geschichte hinter sich: 1922/23 erbaut, war das Glückaufhaus im Dritten Reich Sitz der Gauleitung. Schließlich diente es bis 1999 dem Gesamtverband des Steinkohlebergbaus als Hauptverwaltungssitz. Nach langem Leerstand und Umbau unter Beibehaltung der denkmalgeschützten Fassade wird es seit 2009 als Bürogebäude genutzt. Foto: IGR © Unbekannt | Unbekannt
Auch die lange Tradition des 1924 eröffneten Filmstudios, dem ältesten Filmtheater des Ruhrgebiets, lebt weiter: Es konnte dank großen Bürgerengagements im Stil der 1950er Jahre restauriert werden.Foto: Kerstin Kokoska
Auch die lange Tradition des 1924 eröffneten Filmstudios, dem ältesten Filmtheater des Ruhrgebiets, lebt weiter: Es konnte dank großen Bürgerengagements im Stil der 1950er Jahre restauriert werden.Foto: Kerstin Kokoska © Kerstin Kokoska/WAZ FotoPool | Kerstin Kokoska/WAZ FotoPool
Das Motiv für den Monat Januar ist 1924 mit dem Blick in Richtung Innenstadt aufgenommen worden. Es zeigt links die ehemalige  Gaststätte Jägerhof, später Haus Haller, und rechts Gebäudeteile der Großdruckerei von Wilhelm Girardet. Das Bild verdeutlicht den Strukturwandel, den Rüttenscheid gut 90 Jahre später vollzogen hat. Wo früher an schweren Druckmaschinen körperlich hart gearbeitet wurde... Foto: IGR
Das Motiv für den Monat Januar ist 1924 mit dem Blick in Richtung Innenstadt aufgenommen worden. Es zeigt links die ehemalige Gaststätte Jägerhof, später Haus Haller, und rechts Gebäudeteile der Großdruckerei von Wilhelm Girardet. Das Bild verdeutlicht den Strukturwandel, den Rüttenscheid gut 90 Jahre später vollzogen hat. Wo früher an schweren Druckmaschinen körperlich hart gearbeitet wurde... Foto: IGR © Unbekannt | Unbekannt
...schlägt heute das Herz des Dienstleistungs- und Gastronomiesektors. So findet sich heute auf der rechten Seite das „Rü-Kontor“, in dem die KZA-Architekten Axel Koschany und Wolfgang Zimmer ihren Sitz haben. Das Girardethaus hat sich zu einem Geschäftsgebäude mit Ärzten, Theatern, Kindertagesstätte, Senioren-Residenz und Büros weiterentwickelt – und dank der Gastronomien auch zu einer Adresse für Nachtschwärmer.Foto: Ulrich von Born
...schlägt heute das Herz des Dienstleistungs- und Gastronomiesektors. So findet sich heute auf der rechten Seite das „Rü-Kontor“, in dem die KZA-Architekten Axel Koschany und Wolfgang Zimmer ihren Sitz haben. Das Girardethaus hat sich zu einem Geschäftsgebäude mit Ärzten, Theatern, Kindertagesstätte, Senioren-Residenz und Büros weiterentwickelt – und dank der Gastronomien auch zu einer Adresse für Nachtschwärmer.Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Lührmannstraße: Dort ging 1951 der erste „Große Gruga Preis der Stadt Essen“ an den Start.
Lührmannstraße: Dort ging 1951 der erste „Große Gruga Preis der Stadt Essen“ an den Start. © Unbekannt | Unbekannt
Heute knüpfen das Radrennen Rü-Cup und die Oldtimerausfahrt „Tour de Rü“ an diese sportlichen Traditionen an.Foto: Kerstin Kokoska
Heute knüpfen das Radrennen Rü-Cup und die Oldtimerausfahrt „Tour de Rü“ an diese sportlichen Traditionen an.Foto: Kerstin Kokoska © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
Gaststätte Eickenscheidt: 1907 fand hier, an der Ecke Matinstraße, der erste Parteitag der SPD im Ruhrgebiet hier statt. Später wurde das Gebäude als Haus Maas bekannt. Foto: IGR
Gaststätte Eickenscheidt: 1907 fand hier, an der Ecke Matinstraße, der erste Parteitag der SPD im Ruhrgebiet hier statt. Später wurde das Gebäude als Haus Maas bekannt. Foto: IGR © Unbekannt | Unbekannt
Die Gaststätte Eickenscheidt wurde im Krieg zerstört. An gleicher Stelle wurde später ein Kino gebaut, das schließlich dem Hotel Arosa wich. Nur die kleine Siechenhauskapelle (l. im Bild) hat die Jahrzehnte überdauert. Foto Alexandra Umbach
Die Gaststätte Eickenscheidt wurde im Krieg zerstört. An gleicher Stelle wurde später ein Kino gebaut, das schließlich dem Hotel Arosa wich. Nur die kleine Siechenhauskapelle (l. im Bild) hat die Jahrzehnte überdauert. Foto Alexandra Umbach © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
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Für die Geschäftsleute war der Umbau zweischneidig. „Natürlich waren der Bau der U-Bahn und die anschließende Umgestaltung ein Gewinn. Dennoch erinnere ich mich auch gerne daran, wie sich die Leute früher in der Straßenbahn die Nasen platt gedrückt und in die Schaufenster geschaut haben“, blickt Susanne Kötter zurück, deren familiengeführte Konditorei schon damals an der Rüttenscheider Straße 73 lag. Sie erinnert sich auch an den massiven Protest der Gewerbetreibenden, den ihre Mutter Felizitas mit koordinierte: „Viele Händler klagten damals über Umsatzeinbußen durch die Bauarbeiten.“ Also schloss man sich zusammen, um mit gemeinsamer Werbung die Kundschaft im Stadtteil zu halten. „So wurde die Interessengemeinschaft Rüttenscheid geboren“, sagt Susanne Kötter.

Mit einem Straßenfest – dem ersten Rü-Fest — wird am 3. September 1988 die Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts zwischen Baumstraße und Stern gefeiert. Die Abkürzung „Rü“ ist vom damaligen OB Peter Reuschenbach gefestigt worden: Er setzte einen der Schlusssteine ein, auf denen der Kosename bis heute zu lesen ist.

Zankapfel und verkehrspolitisches Experimentierfeld

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Neben dem 1989 startenden dritten und letzten Bauabschnitt von der Martinstraße bis zur Flora wird der Verkehr durch den Abriss der Rüttenscheider Brücke zusätzlich belastet: Die altersschwache Stahlkonstruktion am Girardethaus wird 1990 durch den heutigen Betonbau ersetzt, die Rü fällt während der neunmonatigen Bauzeit in ein Loch. Am Ende hat die gesamte Umgestaltung samt Brückenneubau 13 Millionen Mark gekostet.

Auch nach der Eröffnung am 3. Juli 1991 bleibt die Rü Zankapfel und verkehrspolitisches Experimentierfeld. Gegen den erbitterten Widerstand vieler Geschäftsleute setzte die SPD 1992 den autofreien Samstag durch, der nach sechs Monaten zunächst eingestellt, dann wieder reaktiviert wurde. Selbst viele Fußgänger fanden die Ruhe auf der Rü aber ein wenig langweilig. Erst im Jahr 2000 allerdings verschwinden die Pläne für eine Fußgängerzone endgültig in der Schublade. „Zum Glück“, sagt der heutige IGR-Vorsitzende Rolf Krane. „Ohne den Verkehr würde die Straße ihre Lebendigkeit und Kaufkraft verlieren.“