Essen-Rüttenscheid.. Den Obst- und Gemüseladen Sokoll gibt es in diesem Monat seit 60 Jahren an der Rüttenscheider Straße. Dort ist der Händler mittlerweile eine Rarität.

„Das sieht ja aus wie früher hier.“ Holger Sokoll weiß nicht, wie oft er diesen Satz schon gehört hat. Sein Obst- und Gemüsegeschäft, das noch vor zwei Jahrzehnten überall in Deutschland zum alltäglichen Straßenbild gehörte, verströmt mittlerweile fast nostalgischen Charme: mit seiner alten Registrierkasse, der noch aus den 1950er-Jahren erhaltenen Gemüsewaage und den Regalen, die „nur“ einmal am Tag aufgefüllt werden. In diesem Monat feiert der Familienbetrieb sein 60-jähriges Bestehen an der Rüttenscheider Straße.

Früher bot das „Fruchthaus Sokoll“ auch Konserven und Seifen, heute liegt der Fokus auf Obst und Gemüse.
Früher bot das „Fruchthaus Sokoll“ auch Konserven und Seifen, heute liegt der Fokus auf Obst und Gemüse. © Repro: Ulrich von Born | Repro: Ulrich von Born

„Ich werde seit Jahren ständig gefragt, ob sich das denn überhaupt noch lohnt“, sagt Sokoll. Die Antwort schiebt er entschieden hinterher: „Natürlich lohnt sich das! Ich habe jeden Tag mit tollen Menschen zu tun und freue mich über jede neue Jahreszeit. Außerdem machen Obst und Gemüse einfach gute Laune.“ Dabei verschweigt der 55-Jährige nicht, dass das Geschäft natürlich auch ein Knochenjob ist – schließlich betreibt er den Laden allein, hat keine Aushilfen. „Das Schlimmste ist noch immer das frühe Aufstehen. Ich bin täglich von 5 bis 7 Uhr auf dem Großmarkt“, sagt Sokoll, der von klein auf mitgeholfen hat: „Ich konnte gerade laufen, da habe ich schon die Omas aus der Nachbarschaft beliefert“, erinnert er sich lächelnd.

Exoten und alte Obst- und Gemüsesorten sind zurzeit beliebt

Vater Helmut Sokoll feierte im Januar seinen 90. Geburtstag. Er schaut noch immer regelmäßig vorbei.
Vater Helmut Sokoll feierte im Januar seinen 90. Geburtstag. Er schaut noch immer regelmäßig vorbei. © FUNKE Foto Services | FUNKE Foto Services

Seine Eltern, Lieselotte und Helmut Sokoll, eröffneten den Laden 1955. „Damals gab es hier neben Obst und Gemüse auch noch Schmierseife, Konserven und später auch Tiefkühlkost. Das war ein richtiger Tante-Emma-Laden, wo die Leute auch zum Schnacken kamen“, weiß Sokoll noch zu gut.

Er übernahm das Geschäft vor 20 Jahren von seinem Vater, der im Januar seinen 90. Geburtstag feierte und noch immer regelmäßig vorbeischaut. Dabei hat sich sein Sohn früh wieder zurück auf das Wesentliche konzentriert, verkauft heute ausschließlich Obst und Gemüse. Ebenso wie sein Vater, der bereits in den 1970er-Jahren Auberginen verkaufte – „die hielten viele Leute damals für schwarze Paprika“ – ist auch Holger Sokoll offen für Exoten. Aktuell etwa hat er kleine Passionsfrüchte aus Indonesien im Angebot, „Purpur-Granadillas“. Generell unterliege auch das Obst- und Gemüsegeschäft einigen Trends, „neben Exoten sind alte Sorten wie Pastinaken oder Petersilienwurzel wieder beliebt“, weiß der Fachmann.

Wenn es nach Sokoll geht, dann steht er noch „mindestens 20 Jahre“ hinter der Ladentheke. Sein Sohn wird wohl nicht in seine Fußstapfen treten. Sokoll macht weiter, so lange es geht: „Ich komme gern hierher“, sagt er. Von einem Stück Nostalgie wird es sich dabei trennen müssen: Die alte Registrierkasse wird zum Jahresende unfreiwillig ausgemustert. „Steuertechnisch ist das danach nicht mehr zulässig“, wie Sokoll bedauert.