Essen. Kabarettist Ludger Stratmann zeigt „Dat Schönste zum 25.“ und dass „Der Pilz inne Buchse“ immer noch zieht. Das Publikum war aus dem Häuschen.
Watt mit ne Eloge auf den Doktor beginnt, muss zwangsläufig mit ein nostalgisches „Glück auf“ enden: Nach der Maloche als Allgemeinmediziner in Bottrop mal eben ein heiter-medizinisches Kabarett in Essen aus dem Boden zu stampfen und 25 Jahre in seiner Popularität zu erhalten, ist kein Pappenstiel. Da wollte sich Ludger Stratmann nicht sang- und klanglos von der Bühne verabschieden. So wurde „Dat Schönste zum 25.“ aus der Taufe gehoben und ist in Stratmanns Theater bis Dezember zu sehen.
Weniger als erhofft, kamen zur ersten Jubiläumsschau, aber am Ende sind alle begeistert: Eingebettet in sechs knackige Songs kommt dieses Beste vom Besten aus sechs Programmen daher. Der Doktor singt nicht selbst. Er lässt singen. Inga Clauß, Marit Loick und Nadeem Ahmed übernehmen das. Auf beliebte Melodien von Matthias Reim, Wolfgang Petry, Herbert Grönemeyer oder Howard Carpendale hat der Hausautor, Sänger und Schauspieler Ahmed Texte gedichtet, die voll ins Schwarze treffen und viel Schwung in den Abend bringen.
Zum Auftakt erzählt er, wie der Doktor auf seine Art heilt. Sehr jazzig und lässig zur Musik von Minnie the Moocher und zu Fotos, die den Arzt unter den Kleinkünstlern in unterschiedlichen Stadien seiner Karriere zeigen, mal mit Stethoskop, mal als Hausmeister Jupp im Kittel. Das war’s aber auch schon mit dem persönlichen Rückblick. Der auf die liebevoll-gemeinen Anekdoten geht weiter.
Eine kleine Einführung ins Ruhrgebietsdeutsch
Die Zeit der verrückten, bunten Sakkos aber ist vorbei. Auftritt Stratmann als Jupp in gedecktem Graubraun und mit ausgestrecktem Ellenbogen und angehobenem Knie zum Corona-Gruß. Und er legt auch gleich los, weil er ja kein Freund von kurzen Reden ist, mit einer kleinen Einführung ins Ruhrgebietsdeutsch, kurz Ruhrisch genannt. Die Entstehung des Halbsatzes „datt-de-datt-dann-da-ma“ wird ebenso aufgedröselt wie der intuitive Einsatz von Genitiv und Dativ oder die Verballhornung von Fremdwörtern. Er hat den Menschen bei Konsultationen schon ganz genau auf den Körper und aufs Maul geschaut.
Auf der minimalistischen Bühne ist ein Wartezimmer mit drei Stühlen angedeutet. Hier im „Kommunionszimmer“ („Kommunikationszimmer“) trifft Jupp, Hausmeister, Kleingartenpräsident und Hypochonder, immer jemanden zum Quatschen. Der Werner hört sich alles an. Vom Kreislauf, der den Jupp plagt, über das Asthma beim Küssen, dass es keine Geschlechtertrennung auf der Intensivstation gibt und ein „Vibrator“ („Defibrillator“) auf jeden Korridor gehört.
Weder Ärzte noch Patienten werden geschont
Auch in 25 Jahren ist der Jupp ganz Macho geblieben. Er meint, er sei ein „Feminant“, also einer, der die Frauen schöner und klüger als Männer nennt, aber die Sauberkeit in der Küche nicht missen möchte. Doch die Männer kommen nicht besser weg mit Hängebauch über dem Gürtel, langen Socken in den Sandalen und eindimensionalen Dialogen. Auch Ärzte wie Patienten, Junge wie Alte werden nicht geschont. „Ab 60 ist man ne biologische Katastrophe. Datt Einzige, watt nich baumelt, ist die Seele“, so Stratmann als Jupp aus eigener Erfahrung.
Dabei würde er die mit 72 sehr gerne baumeln lassen. Zehn Vorstellungen sind es jetzt noch bis dahin. Dann ist Schluss mit lustig. Schluss mit dem „Pilz inne Buxe“, der die Zuschauer immer noch juchzen lässt. Schluss mit Terminen. Schluss mit jubelndem Applaus. Gerührt und mit Tränenspiegel in den Augen verabschiedet sich der Doktor: „ Trotz der Lücken - ihr wart ein wunderbares Publikum. Vielen Dank, dass ihr gekommen seid. Vielen Dank für dieses Geschenk.“