Essen. Sie hatten es vor allem auf teure Marken abgesehen: Eine Autohehlerbande aus Essen hat mit falschen Pässen in Autohäusern Fahrzeuge geliehen und nicht zurück gebracht. Zudem brachten sie in nächtlichen Kolonnen gestohlene Autos aus Essen nach Belgien. Der Schaden liegt bei 1,5 Millionen Euro. Sogar die Urne eines Toten stahlen sie.

Der Ermittlungskommission „Schlüssel“ der Polizei Essen ist ein Schlag gegen eine internationale Autohehlerbande gelungen. Nun sitzen mehrere Autodiebe und Hehler in Deutschland und Belgien hinter Gitter. Die Ermittlungsergebnisse veröffentlichte die Polizei am Donnerstag.

Armin Locker, der Leiter der Ermittlungskommission, sagte am Donnerstag: „Die Bande war international tätig. Bisher können wir den Beschuldigten über 30 Fahrzeugdiebstähle oder -unterschlagungen zuordnen. Wir gehen davon aus, dass der Gesamtschaden bei etwa 1,5 Millionen Euro liegt.“
 

Gestohle Autos wurden nachts in Kolonnen nach Essen gebracht

Seit Oktober 2013 ermittelten die Beamten – zunächst gegen fünf Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren, die überwiegend im Essener Norden meist hochwertige Fahrzeuge der Marken Audi, BMW und Mercedes unterschlugen. Ihre Masche: Mit gefälschten Pässen liehen sie sich Fahrzeuge in Autohäusern für angebliche Probefahrten aus und brachten sie nicht zurück. Bei einem Altenessener KFZ-Handel wurden die Autos später ausgeschlachtet, so die Erkenntnisse der Ermittler.

„Die Essener Bande hielt daneben Kontakt zu Straftätern in Belgien, die aus Homejacking-Taten stammende Autos anboten“, so die Polizei. Bei Homejacking-Delikten brechen die Täter in Wohnungen ein, stehlen Autoschlüssel, um anschließend die Fahrzeuge zu entwenden. Die Polizei konnte den Tätern nachweisen, dass sie circa 20 mal nachts nach Belgien fuhren, um anschließend in Kolonne mit bis zu vier gestohlenen Autos zurückzukehren.

Fahrzeuge wurden in Essen zum Teil ausgeschlachtet

Anfang Dezember konnten die Essener Fahnder einen Audi A5 Cabriolet und einen Audi Q5 sicherstellen. „Die Täter hatten sie, vermutlich aufgrund von akutem Platzmangel in ihrem ‘Fahrzeuglager’, auf der Schonnefeldstraße abgestellt“, so die Polizei.

Schließlich griffen die Fahnder am 12. Dezember zu: In einer Fahrzeughalle an der Altenessener Straße stellten sie sieben gestohlene Autos sicher. Fünf davon stammten aus Belgien. Des weiteren fanden die Polizisten Fahrzeugteile, -papiere und belgische Kennzeichen, die zu weiteren sieben dort gestohlenen Autos gehörten. „Diese PKW waren zum Teil ausgeschlachtet worden; andere mittels Schrottfrisierungen komplett verändert“, erklärte die Polizei.

Vorgetäuschter Unfall mit dem Schwiegervater und gestohlene Urne

Nach diesem Einsatz der Polizei floh der 48-jährige Haupttäter zunächst in den Libanon, kehrte aber Mitte Januar zurück nach Essen. Derweil versuchte ein 22-jähriges Bandenmitglied auf andere Weise, an Geld zu gelangen: Er habe einen Verkehrsunfall vorgetäuscht, so die Polizei. Der 22-Jährige sei mit dem Auto seines Schwiegervaters mit hoher Geschwindigkeit absichtlich in eine Leitplanke einer Autobahn bei Arnsberg gefahren. Anschließend habe er den Schwiegervater ins Auto gesetzt. Dieser habe die Polizei gerufen und angegeben, eingenickt zu sein.

„Nicht geplant war dann aber, dass die Polizei wegen des Verdachts der Verkehrsuntüchtigkeit den Führerschein einzog“, erklärte das Präsidium am Donnerstag: „Die Auszahlung von 10.000 Euro durch die Versicherung konnte verhindert werden.“

Vor wenigen Wochen verlagerte die Gruppe ihre Aktivitäten nach Holsterhausen. Erneut brachten sie in Belgien gestohlene Autos nach Deutschland. In der neuen Werkstatt zerlegten sie nach Erkenntnissen der Fahnder mindestens fünf Autos sofort im Anschluss und verkauften die Fahrzeugteile.

Polizei fand die Asche eines Verstorbenen in einem gestohlenen Fahrzeug

Schließlich nahm die Polizei am 18. Februar acht Beschuldigte fest. Die Staatsanwaltschaft hatte im Vorfeld gegen vier von ihnen (20, 22, 23, 48 Jahre) einen Haftbefehl erwirkt.

Am selben Tag stellten die Ermittler zwei komplette und mehrere zerlegte gestohlene Karossen sicher. In einem bei Lüttich gestohlenen BMW 318i machten die Kripobeamten einen ungewöhnlichen Fund: Die Urne mit der Asche des verstorbenen Vaters des Bestohlenen fand sich im Innern des Autos. „Das schmerzlich vermisste Gefäß konnte der Familie des Toten bereits zurückgegeben werden“, so die Polizei am Donnerstag.

Die belgische Polizei nahm daraufhin in Lüttich und Namur zwölf Männer fest und stellte drei nach Wohnungseinbrüchen gestohlene Autos sicher. Die Ermittlungen in dem Fall der Hehlerbande gehen weiter.