Essen. Mit einem Filmkalender machten die Contilia-Seniorenstifte zu Jahresbeginn weltweit Furore. Nun starten sie mit ihren Bewohnern ein Tanzprojekt, das sich an TV-Formate wie Let’s Dance anlehnt. Da tanzt die 102-Jährige mit einem 25-Jährigen. Der Contest wird sogar auf der Bühne des GOP-Theaters ausgetragen.

Klar, Maria Weimer könnte die Urgroßmutter von Kevin Eykeln sein, tatsächlich ist sie seine Tanzpartnerin. „Er muss mich festhalten, sonst falle ich um“, sagt die 102-Jährige keck. Und er erwidert: „Tanzen ist eigentlich so gar nicht meins.“ Aber wenn sie am 11. November auf der Bühne des GOP-Theaters Rumba tanzen, dann wollen sie auch gewinnen – da sind sich die alte Dame und der Altenpfleger einig.

Zwölf Paare aus elf Seniorenstiften der „Contilia Pflege und Betreuung“ werden dann in einer Tanzgala auftreten, die an Fernsehformate wie „Let’s Dance“ angelehnt ist. Nur dass hier nicht Profis mit Promis tanzen, sondern jeweils ein Bewohner mit einem Mitarbeiter. „Wir nennen sie Revue-Tänzer, weil die Senioren sich Musikstücke ausgesucht haben, mit denen sie eine Erinnerung aus ihrem Leben Revue passieren lassen“, sagt Geschäftsführer Heinz-Jürgen Heiske. Eine Mittsiebzigerin, die lange mit ihrem Mann eine Tankstelle betrieb, wählte „Ein Freund, ein guter Freund“; eine Dame, deren schönste Urlaubsreise nach Capri führte, lässt nun zum Tango die rote Sonne bei Capri im Meer versinken.

Das Tanz-Projekt steht in einer Reihe mit dem Film-Kalender, mit dem die Contilia Anfang des Jahres unverhofft Furore machte. Da hatten betagte Bewohner Szenen aus Filmklassikern wie Dirty Dancing, Rocky, Cabaret oder Easy Rider so gekonnt nachgestellt, dass Medien aus aller Welt die Bilder druckten und um Interviews mit den spätberufenen Stars baten.

Auch diesmal betreibt die Contilia großen Aufwand: Im Kostümverleih wurden schmucke Outfits ausgesucht, Profis sorgen für Maske und Frisuren; auch die Tanzpaare wurden für einen Kalender fotografiert. Auf die Gala werden sie von Tanzlehrer Thomas Püttmann-Lentz vorbereitet, in der Jury sitzen die Profitänzerinnen Motsi Mabuse und Sarah Latton. Gekürt wird nur ein Siegerpaar, alle anderen belegen Platz zwei: Für die teils hochbetagten, verwirrten oder rollstuhlfahrenden Tänzer wie für ihre Angehörigen im Publikum geht es vor allem um ein besonderes Ereignis und um eine schöne Erinnerung.

Mit dabei sind zwei Damen, die schon im Filmkalender auftauchten: Erna Schenk, die als Mary Poppins posierte, will Charleston tanzen, Ingeburg Giolbass (Marilyn Monroe) Twist. Die 102 Jahre alte Maria Weimer war auf dem Kalender dagegen noch nicht zu sehen: Sie lebt erst seit Sommer 2013 im Seniorenstift St. Laurentius in Steele und besucht seither dort den Tanzkreis. Hier wurde sie auch entdeckt, als die Contilia auf Casting-Tour für die Gala ging. Sie läuft am Rollator, hat eine leichte Demenz – und reagiert auf Musik wie als junges Mädchen. Damals lebte sie einige Zeit im Kloster Lüdinghausen, wollte Nonne werden und brachte den angehenden Mitschwestern Walzer und Rheinländer bei. „Bänke zur Seite, Grammophon aufgestellt und ab ging’s.“

Als ihr Bruder im Krieg starb, habe die Familie sie heimgerufen, aus dem Klosterleben wurde nichts. Sie arbeitete im Lebensmittelhandel der Eltern, heiratete, bekam Kinder: „Feierabend gab es nicht“. Rastlos ist sie bis heute: bastelt, häkelt, stickt – jetzt lernt sie Rumba. Mit Altenpfleger Kevin will sie auf „My Heart Will Go On“ tanzen, der Titelmelodie von Titanic: 1912, als der Luxusdampfer sank, wurde Maria Weimer geboren, das hat den 25-Jährigen Kevin fasziniert. Vor Jahren schlug er seiner damaligen Freundin den Tanzkurs ab – mit Maria Weimer übt er nun eifrig.