Altenheim-Bewohner stellten Filmklassiker für Kalender nach
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Essen. . Der Essener Seniorenstift-Betreiber Contilia hat Szenen aus zwölf Filmklassikern nachgestellt: mit Models zwischen 75 und 98 Jahren, die in Seniorenheimen leben. Entstanden ist ein hinreißender Kalender. Der Bond-Darsteller ging nach dem Foto-Shooting im 007-Anzug zum Tanztee...
Dass Erna Schenk in eine andere Rolle geschlüpft war, lag einige Jahrzehnte zurück: Als Kind war sie die Königin in „Rumpelstilzchen“. Und doch zögerte die 78-Jährige nicht, als sie im vergangenen Jahr gefragt wurde, ob sie als „Mary Poppins“ posieren wolle. Das ist die Hauptfigur aus dem gleichnamigen Musical von 1964. Einer von zwölf Filmklassikern, die Senioren zwischen 75 und 98 Jahren nachgestellt haben – für einen hinreißenden Kalender.
Die Idee dazu war im Senioren-Service der Contilia GmbH entstanden, die zehn Seniorenstifte betreibt und immer wieder versucht, „den Alltag mit besonderen Angeboten zu durchbrechen“, wie Geschäftsführer Heinz-Jürgen Heiske erklärt. Das reicht vom Schwimmbadbesuch bis zur Kreuzfahrt mit Schwerstdementen. „Viele alte Menschen glauben: Wenn ich in eine Einrichtung gehe, wartet kein neues Abenteuer mehr auf mich.“
Erna Schenk hat es genau anders erlebt. Allein zu Hause hatte sie mit psychischen Problemen zu kämpfen, seit sie im Mai 2011 ins Seniorenstift Kloster Emmaus zog, lebte sie auf. „Ich habe nicht mit einem so schönen Lebensabend gerechnet – und schon gar nicht damit, mal in ein Filmstudio zu kommen!“ Die Kalendermotive nämlich sollten im professionellen Rahmen entstehen: Die Contilia buchte einen Gladbecker Fotografen, engagierte Stylisten für Haar und Make-up sowie die Betreuung der Model-Neulinge – und eine Art Casting gab es auch.
Hollywood im Seniorenheim
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„Jeder guckte in seiner Einrichtung, wer für eine Szene geeignet sein könnte“, sagt Helga Nottebohm, die das Stift Kloster Emmaus leitet und als Entdeckerin von Erna Schenk gelten darf. Die sammelte gleich bei der ersten Kostümprobe Komplimente und musste fürs Fotoshooting nur das Halten des Schirmes üben. Man bedenke: Julie Andrews war keine 30, als sie als Mary Poppins über die Leinwand flog.
Falten und Narben wurden nicht überschminkt
Auch andere Models mussten für ihren Auftritt trainieren: Lässig wie James Dean ein Gewehr zu schultern, kann mit Mitte 80 recht anstrengend sein. Doch der Wille zur ebenso coolen wie originalen Pose war ausgeprägt. Das beweisen auch Rocky, die Blues Brothers oder Holly Golightly aus „Frühstück bei Tiffany“. Zwar wurden einige der Outfits im Kostümverleih zusammengestellt, „aber niemand sollte nach Karneval oder verkleidet aussehen“, sagt Heiske.
Auch grobschlächtige Verjüngungen verbot man sich: Weder Falte noch Narbe wurden überschminkt; Bein und Dekolleté mutig gezeigt. Keins der zwischen Juli und November 2013 entstandenen Bilder ist albern oder anzüglich. Die 5000 Kalender gingen an Bewohner und Mitarbeiter der Seniorenheime sowie an Verwandte. Erna Schenk bedachte ihre Kinder und Schwestern, von denen eine staunte: „Gott, was Du so alles erlebst im Altenheim!“ Helga Nottebohm übersetzt den Ausruf so: „Dieser Kalender macht Mut, alt zu werden.“
Wenn man sich denn überhaupt alt fühlt: Der James-Bond-Darsteller etwa ging im 007-Anzug gleich weiter zum Tanztee, der 98 Jahre alte Easy Rider sagte: „Egal, was als nächstes kommt, ich bin dabei!“
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