Essen. Das Stadtbad Borbeck ist eine rostende Ruine: Sanierung oder Neubau, ist hier die Frage. Doch das Bad hat auch viele treue Badegäste.
Im Stadtbad Borbeck ist der Verfall so augenfällig wie aktenkundig: Das Gebäude von 1962 ist nicht behindertengerecht, der Zustand beklagenswert, die Technik völlig veraltet. Schon der Bäder-Kompromiss von 2011 sah daher eine Sanierung für 4,7 Millionen Euro vor.
Zunächst standen jedoch die Verkleinerung des Freibades Hesse in Dellwig und der Neubau am Thurmfeld an: Wenn das neue Bad im Nordviertel zum Jahresende eröffnet wird, soll es in Borbeck endlich vorangehen.
Der erste Eindruck
Das Bad mag eine Ruine sein, die Stimmung ist an diesem Freitag prächtig: Schon auf dem Parkplatz hört man die muntere Musik, mit der die Wassergymnastik beschallt wird. Wer das Foyer betritt, steht quasi schon im Bistro, wo eine aufgekratzte Damenrunde beim Après-Sport zusammensitzt. Wer schwimmen will, muss die Treppe ins erste Stockwerk nehmen.
Umkleiden und Spinde
Die Umkleiden sind alte Bekannte: Man hat sie früher im Grugabad gesehen und kann ihnen heute zum Beispiel im Hauptbad begegnen. Rondells mit Holzdach und je drei Kabinen, außen orange, innen grün. Es ist lang her, dass das modern war, und ihre Anordnung bringt es mit sich, dass es keinen separaten Barfußgang gibt. An Spinden verschiedener Größe gibt es keinen Mangel, aber es kann schon sein, dass ein Schloss defekt ist – oder gleich die ganze Tür fehlt. Die Föne sind okay.
Duschen und Toiletten
Der Sanitärbereich hat eine altertümliche Anmutung, gegen die man schwer anputzen kann. Sprich: Es gibt hier kein Hygieneproblem, aber blitzsauber sieht es dennoch nicht aus. Der Duschraum ist großzügig und bietet drei – einsehbare – Einzelkabinen. Der Wasserdruck dürfte höher sein, die Temperatur auch: nur für Lauwarmduscher geeignet.
Schwimmhalle und Becken
„Achtung Zweckbau!“, ruft diese Halle: Durch die milchigen Scheiben fällt diffuses Licht, die gegenüberliegende Wand ist vollständig hellgelb gekachelt, die Decke in angegrautem Weiß verkleidet. Wo andere Hallenbäder mit kühnen Farbkonzepten arbeiten, dominiert hier Nüchternheit. Das einzige Becken misst 25 mal 12,5 Meter. Pluspunkt: Es gibt 1- und 3-Meter-Brett.
Ein Becken aus Stahl
Wie das inzwischen geschlossene Bad am Südpark in Kray und das Friedrichsbad in Frohnhausen hat auch das Borbecker Bad ein Becken aus Stahl; Krupp lässt grüßen. Doch was so kraftvoll klingt, hat den großen Nachteil, dass das Bad rostet. Wer erstmals durch die Schwimmbrille die braunen Flecken erblickt, zuckt zusammen. „Im Sommer wird das Wasser abgelassen, werden Boden und Seitenwände entrostet“, erklärt Kurt Uhlendahl, Abteilungsleiter der Sport- und Bäderbetriebe. „Einige Stellen sind nun sehr dünn, da drohen Löcher.“
Sanierung oder Neubau
Die drohenden Lecks stehen sinnbildlich für den enormen Instandhaltungsrückstand in Borbeck. Wie sagt Uhlendahl: „Wir halten das mit den letzten Bordmitteln am Leben.“ Gemeinsam mit dem TuS 84/10 e.V., der hier seit dem Umbau 1999 im Auftrag der Stadt Betriebsführer ist. Die TuS-Geschäftsstelle liegt in der früheren Schwimmmeister-Wohnung, andere Räume bespielt der TuS mit Sportangeboten, auch das Bistro wird gut angenommen. Trotzdem sagt der Vereinsvorsitzende Kevin Kerber: „Ein Neubau wäre sinnvoller. Hier gibt es zwei Stockwerke, man kann im Umkleidebereich kein Fenster öffnen, das Becken müsste ersetzt werden . . . Ein neues Bad wär effizienter zu betreiben.“ Für 5,2 Millionen Euro sei das drin, glaubt Kerber – kaum teurer als die Sanierung. Nun soll es eine Machbarkeitsstudie dazu geben, auf deren Grundlage Politik und Verwaltung entscheiden.
Stadtbad Borbeck: Besucherzahlen, Schwimmmeister, Gäste, Bewertung
Die Besucherzahlen
Von 2013 auf 2014 ging die Zahl der Badegäste von 75 115 auf 66.729 zurück; das ist immer noch eine Größenordnung wie sie auch die Hallenbäder Kettwig und Oststadt erzielen. Wichtig ist Borbeck für das Schulschwimmen, Trubel herrscht mittwochs am Spielnachmittag.
Schwimmmeister und Badegäste
Meist konzentriert sich das Geschehen hier auf den frühen Morgen: „Die Frühschwimmer sind wie eine Familie“, sagt Andreas Krzykawski, Schwimmmeister. Ein älterer Herr begrüße ihn um sechs Uhr morgens stets mit der Frage: „Wie geht’s ihm denn heute?“ Krzykawski seinerseits tut alles, damit es den Badegästen gut geht: So ist bei unserem Besuch keine Trennleine im Becken, obwohl vorn ein Gymnastikkurs agiert.
„Man kann hier gut Bahnen ziehen“, findet Willi Wendorf (65), der stets freitags am Warmbadetag kommt. Dann ist das Wasser auf 30 Grad erwärmt, sonst sind es 26 Grad. Eine Schwimmerin mäkelt freilich: „Man muss um den Kurs herumschwimmen, und die Musik ist schrecklich laut!“ Das wiederum stört Studentin Nina Kiedrowcz (22) nicht: Sie hört über Kopfhörer ihre eigene Musik.