Essen. Das Stadtbad Kupferdreh stand schon vor der Schließung: Ein Verein hat es gerettet und kümmert sich Hand in Hand mit dem Schwimmmeister um das Bad.
Das Stadtbad Kupferdreh ist ganz typisch für Essens Bäderlandschaft – und ganz besonders ist es auch. Wie andere Bäder stand es bereits auf er Streichliste, war der Stöpsel fast gezogen: zu klein, zu unrentabel, zu wenig besucht. Dann kamen engagierte Bürger, gründeten einen Verein und retteten ihr Bad.
Der erste Eindruck
Die Betreiber haben mit einer fröhlich bemalten Außenwand, dem blau-gelben Eingangsbereich und einer Bank vor der Tür alles getan, um den eher nüchternen Zweckbau von 1971 einladend zu gestalten. Im Foyer gibt es eine Theke, an der man sich über Kursangebote informieren kann.
Tickets fürs Schwimmbad sollte man am Automaten ziehen, der am Test-Tag freilich kein Geld annimmt. Ein freundlicher Mitarbeiter sorgt schließlich dafür, dass man nicht hinterm Drehkreuz zurückbleiben muss.
Umkleiden und Duschen
Wer den schmalen Gang zu den Umkleiden nimmt, begibt sich auf eine Zeitreise: Die Einzelkabinen sind oben mit Gittern versehen, unten zieht man sich auf angejahrten Bänken um, die Geldschlitze in den Spinden verlangen noch DM; nehmen aber auch Euro an.
Es gibt mehr als ein halbes Dutzend Duschen, unterschiedlicher Strahlkraft. Dazu eine einzelne Duschkabine: ein Angebot, auf das erstaunlich viele Badegäste Wert legen.
Sauberkeit und Sanitäres
Über die Einrichtung des mehr als 40 Jahre alten Bades hat sich stellenweise ein Grauschleier gelegt, Farben sind verblasst, Frische und Modernität fehlen.
Aber: Alles ist tadellos sauber. Schwimmmeister Hans-Werner Vahle sagt denn auch ungefragt den schönen Satz: „Die Toiletten müssen sauber sein – Hygiene ist mein Steckenpferd.“
Der Schwimmmeister
Hans-Werner Vahle ist Jahrgang 1963, stammt aus Kupferdreh, hat schon als Kind auf der Bad-Baustelle gespielt, später hier schwimmen gelernt. 1980 hat er bei der Stadt begonnen und alle Essener Bäder kennengelernt; nach der Lehre zog es ihn in ein Spaßbad – er kam nach Kupferdreh. „Ich war 18 und wollte nicht in so ein Rentnerbad.“ Heute ist er hier glücklich: Vahle wohnt mit Familie in der Dienstwohnung neben dem Bad, ist jederzeit ansprechbar, kennt die Leute: „Ich bin Schwimmmeister und Seelsorger.“
Vahle ist einer von noch zwei städtischen Angestellten, die hier arbeiten: „Früher waren wir 17.“ Einen Großteil der Arbeit stemmt nun die Interessengemeinschaft (IG) Stadtbad Kupferdreh. Das ist der Verein, der das Bad 1997 gerettet hat und es bis heute – in Zusammenarbeit mit der Stadt – betreibt. Auch der Stadtmitarbeiter Vahle ist in der IG: „Das lebt hier doch von Idealismus.“
Auf der zweiten Seite dieses Artikels lesen Sie unter anderem unsere Bewertung des Kupferdreher Stadtbades:
Die Retter des Stadtbades Kupferdreh
Mitte der 1990er Jahre sah es für das Kupferdreher Bad schlecht aus: Die Besucherzahlen gingen zurück, der Wechsel-Betrieb mit dem Stadtbad Werden brachte keine Wende. Es war die Geburtsstunde der IG Stadtbad Kupferdreh. Brigitte Wawrowsky saß damals für die SPD im Rat und dort im Sportausschuss: „Ich fand dieses Bad einfach wichtig für den Stadtteil und die Umgebung“.
Die 67-Jährige ist Vorsitzende der IG Stadtbad: „Unsere Frau vor Ort ist aber Betriebsführerin Elisabeth Nüchter.“ Seit 1997 hat der Verein eine halbe Million Euro in Sanierung und Technik gesteckt, Geld das vor allem durch den Kursbetrieb im Sport- und Gesundheitszentrum erzielt wird. Dazu kommen zig Arbeitsstunden der Mitglieder – Bad-Rettung ist ein Ausdauer-Sport.
Schwimmhalle und Becken
Einen Teil des Geldes hat der Verein in Rollos investiert, denn die Halle hat eine große Glasfront: „Im Sommer knallt die Sonne rein.“ Im Winter ist es angenehm hell – und warm ist es auch: Heute ist Freitag und Warmbadetag mit 30 Grad (sonst sind es 27): Das gefällt dem vier Monate alten David, der am Baby-Kurs teilnimmt, genauso gut wie dem 85 Jahre alten Rudolf Schlatter, der „exakt 60 Minuten schwimmt - punkt-um“.
Nur eins störe ihn: „Rücksichtslose Rückenschwimmer“ in dem einzigen Becken. Das hat mit 25 x 10 m überschaubare Maße. Immerhin nimmt Vahle für die Frühschwimmer die trennende Strippe raus – und macht so Bahnenziehen auf 25 Metern möglich.
Und wie kommt das Bad an?
Silke Sohler ist neu im Stadtteil, das Bad hat sie kennengelernt, weil ihre zehn Monate alte Tochter am Babyschwimmen teilnimmt: „Es ist funktional. Wenn Rieke mal zehn Jahre alt ist, wird ihr wohl eher ein Bad mit Rutsche liegen.“ Abwarten: Für den mit 200 Euro nicht eben billigen Kindergeburtstag hat Vahle schon Reservierungen bis Dezember; auch der wöchentliche Spielnachmittag sei beliebt. Und schließlich hat das Bad eine Sprunganlage von 1 und 3 Metern. Überhaupt entwickeln sich die Besucherzahlen gut: 80.883 kamen 2014; ein Jahr davor waren’s noch 75.372.
Übrigens: Wer Geburtstag hat, zahlt keinen Eintritt – er sollte allerdings seinen Personalausweis vorlegen.