Essen. 250 Bürger protestierten am Samstag mit dem Bündnis „Essen stellt sich quer“ gegen die NPD. Obwohl sie sich lautstark und friedlich gegen die Rechten stellten, bleibt das Flüchtlingsheim in Frintrop ein Streitthema.

„Geht dahin, wo Ihr hergekommen seid. Ihr habt in Frintrop nichts verloren“, „Macht Euch vom Acker“ und „Nazis raus“ hallt es am Samstagnachmittag lautstark durch Frintrop. Dazu sind Glocken, Trommeln und Trillerpfeifen zu hören, Pfiffe und „Buh“-Rufe. Wer sich dem Frintroper Mark nähert, der merkt rasch: Hier wird demonstriert – auf der ei­nen Seite wettern rund 25 Anhänger der NPD dagegen, in der früheren Walter-Pleitgen-Schule im Stadtteil rund 100 Flüchtlinge unterzubringen. Auf der anderen Seite, getrennt von Polizei und Absperrung, protestieren mehr als 250 Bürger ge­gen die Rechten – lautstark und friedlich.

Trotz zahlreicher Wahlkampfakti­onen, die parallel in der Stadt stattfinden, ist es ein breites Bündnis ge­gen Rechts, das sich in Frintrop zusammenfindet: SPD und Jusos, Grüne, Linke, DKP, Flüchtlingsrat ProAysl , „Essen stellt sich quer“, An­tifa, DIDF-Jugend, Borbecker und Frintroper Kirchengemeinden und Pfadfindern. Un­ter ihnen sind die Bundestagskandidaten Elke Zeeb (Grüne) und Arno Klare (SPD), Bezirksbürgermeister Helmut Kehlbreier (SPD) und sein Vize Thorsten Drewes (Grüne), Rainer Marschan, Chef der SPD-Ratsfraktion, seine Ratskollegin Karla Brennecke-Roos, Ratsherr Walter Wandtke (Grüne) sowie die Linken-Ratsleute Gabriele Giesecke und Wolfgang Freye, um nur einige zu nennen. Ei­ner, der sich zusammen mit seiner Tochter ebenfalls ei­nen Eindruck vom Treiben in Frintrop verschafft, ist NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD).

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Kathrin Richter, Vorsitzende von „ProAsyl“, wirbt bei der Gegendemo für die „Menschenwürde auch für Flüchtlinge“ und geht auf Konfrontationskurs mit der Stadt: „Durch den ständigen Abbau von Flüchtlingsunterkünften in Essen haben Verwaltung und Politik versäumt, Reserven vorzuhalten.“ Dies zeuge von einer kurzsichtigen Planung. ProAsyl fordert unter anderem, dass Notun­terkünfte in Schulen keine Dauerlösungen bleiben dürfen, Flüchtlinge vielmehr human untergebracht werden, vorrangig in Wohnungen, auch um ein Recht auf Intimsphäre und Hygienestandards zu gewährleisten. Auf Sachleistungen müsse verzichtet, vielmehr weiterhin Barleistungen ausgezahlt werden. Außerdem sollten Flüchtlinge gleichmäßig in allen Essener Stadtteilen untergebracht werden.

Deutlich Stellung gegen die NPD bezogen

Obwohl viele Frintroper deutlich gegen die NPD Stellung beziehen, fällt eine Gruppe mit mehreren Dutzend Menschen am Rande der Ge­gendemo auf. Dort ist die geplante Not­un­terkunft im Stadtteil ein streitbares Thema, das ganz offensichtlich verborgene Ängste schürt.

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„Kommt das Heim, können wir unsere Kinder nicht mehr auf die Straße lassen“, meint Monique Groß (38), seit 21 Jahren Frintroperin. „Die werden sich hier nicht anpassen. Die sollen woanders hin, meinetwegen nach Bredeney, aber nicht zu uns.“ Ebenfalls besorgt ist Kirstin Zimmer (43), die seit ihrer Geburt in Frintrop lebt: „Wie wurden vor vollendete Tatsachen gestellt und von der Stadt nicht richtig informiert.“ Mit ihrer Einstellung sind die beiden Frauen nicht alleine im Stadtteil.

Alles eine Frage der Information

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„Ich bin nicht rechts und ganz sicher kein Nazi“, sagt Bettina Blowel (42), „und ich will mich nicht als solcher beschimpfen lassen, nur weil ich hier kein Heim haben will.“ Vor 19 Jahren zog sie nach Frintrop, ihre Kinder schickte sie auf die Walter-Pleitgen-Schule. „Die sanitären Anlagen waren grottenschlecht, wir Eltern haben im Schulhaus vieles selbst gemacht und auch gestrichen. Für die Flüchtlinge wird nun alles auf Kosten des Steuerzahlers neu gemacht: das verstehe ich nicht“, so Blowel. Sie ist gegen die Notun­terkunft und fühlt sich von der Stadtverwaltung veralbert: „Die Informationspolitik ist grottenschlecht, das Allerletzte. Uns wurde jüngst erzählt, es sei noch nichts ist entschieden. Aber da wurden bereits Betten in die Schule hinein getragen, wie mir der Hausmeister erzählte.“ Wo die Flüchtlinge stattdessen hin sollen? Darauf hat sie keine Antwort. Wie viele, die gegen die Notunterkunft wettern.

Für Max Adelmann, Sprecher von „Essen stellt sich quer“, ist diese verfahrene Situation „logisch begründbar durch die mangelhafte Informationspolitik der Stadt“. Das Unwissen vieler Anwohner bringe ihre verborgenen Ängste hervor und sorge für Unmut. Den Rechten und ihrer „Propagandashow“ helfe dies nur, „ihre armselige Politik un­ter die Leute zu bringen“. Trotz dieser Umstände gebe es auch viele, die helfen wollen, wie Vertreter der Kirchen und die St. Georgs-Pfadfinder. Sie wollen für die Flüchtlinge sammeln.