Essen. Corona hat den Wunsch nach Wohneigentum in Essen nicht gebremst. Im Gegenteil. Allerdings achten die Essener jetzt verstärkt auf diese Dinge.

Im Frühjahr waren sich die Experten noch unsicher, wie sich die Corona-Krise auf den Essener Wohnimmobilienmarkt auswirken würde. Werden die Essener beim Kauf zurückhaltender? Sinken die Preise? Steigen gar die Verkäufe aus wirtschaftlicher Not heraus?

Nichts von alledem ist bislang eingetreten. Im Gegenteil: Wohneigentum wird in Essen umso stärker gesucht. „Die Nachfrage ist in diesem Jahr weiter gestiegen“, sagt Georg Meintrup, Immobilienexperte der Sparkasse Essen. Vor allem das nach wie vor niedrige Zinsniveau mache den Erwerb einer eigenen Immobilie immer noch sehr attraktiv im Vergleich zur Miete.

„Corona hat eher wie ein Katalysator gewirkt. Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden hat sich gegenüber dem, was wir schon seit acht Jahren erleben, nochmals verstärkt. Durch Corona sind die Menschen einfach mehr zu Hause“, bestätigt auch Frank Gildemeyer, der bei der Commerzbank in Essen für das Privatkundengeschäft zuständig ist. Vor allem in den Beratungsgesprächen mit den 20- bis 40-Jährigen sei der Plan, eine Immobilie zu erwerben, nun deutlich ausgeprägter.

Commerzbank Essen mit rekordverdächtigem Baukreditgeschäft

Die Commerzbank in Essen spürte den anhaltenden Boom in einem deutlich gestiegenen Kreditgeschäft. Sie gewährte in diesem Jahr neue Baukredite mit einem Gesamtvolumen von 110 Millionen Euro - ein Plus von rund 25 Prozent zum Vorjahr.

Corona hat allerdings offenbar die Wünsche der Essener an eine eigene Immobilie verändert. „Die meisten Interessenten sind nun auf der Suche nach tendenziell etwas größeren Immobilien, vorzugsweise mit einem Garten oder einer Terrasse“, meint Marc Wierig von der Wierig Immobilien GmbH in Essen. Immer mehr Käufer würden zusätzlich Wert darauf legen, dass Raum für einen Homeoffice-Arbeitsplatz vorhanden ist. Entsprechend größer sollte die Wohnung oder das Haus ausfallen.

Wie groß dieser Trend ist, darüber mag Georg Meintrup von der Sparkasse noch nicht spekulieren. Zumal in vielen Unternehmen die Diskussionen noch laufen, wie viel Homeoffice künftig möglich ist. Aber auch Meintrup rechnet damit, dass die Homeoffice-Möglichkeiten bei der Immobiliensuche in Zukunft eine stärkere Rolle spielen werden als bislang. „Auch bei der Planung von Neubauprojekten könnte das ein größeres Thema werden“, glaubt er.

Mehr Essener wünschen sich ein Heim mit Garten oder Terrasse

Der Wunsch nach einem Haus mit Garten oder Terrasse ist nicht erst seit Corona da. Allerdings hat die Pandemie diesen offenbar verstärkt. Meintrup berichtet, dass nun auch Erdgeschosswohnungen mit einem kleinen Garten schneller verkauft würden als in der Vergangenheit. „Sie sind dann der Ersatz für ein Einfamilienhaus oder das Reihenhaus, wovon es in Essen viel zu wenige gibt.“

Eines nämlich hat sich in Essen nicht verändert: Es gibt viele Kaufinteressenten aber zu wenige Angebote. Die Immobilientochter der Sparkasse, größter Makler in der Stadt, hat dieses Jahr rund 330 Häuser und Eigentumswohnungen vermittelt. Das sind deutlich weniger als im Rekordjahr 2019. „Wir hätten viel mehr verkaufen können“, sagt Meintrup. Allerdings sei das Angebot in diesem Jahr geringer gewesen. Im kommenden Jahr, so stellte er in Aussicht, kommen aber wohl wieder mehr Projekte auf den Markt.

Die Sparkasse hat auf ihrer Warteliste mittlerweile rund 10.000 Kaufwillige. Viele Immobilienangebote würden erst gar nicht mehr den Weg ins Internet finden sondern würden direkt über diese Kontakte verkauft, sagt Meintrup.

Mehrfamilienhäuser mit Gewerbe sind wegen Corona derzeit weniger gefragt

Unterdessen sind auch Mehrfamilienhäuser in Essen bei Investoren weiter begehrt. „Viele Investoren wollen gerade jetzt auf Betongold setzen“, betont Makler Marc Wierig. Doch auch hier sind die Auswirkungen der Corona-Krise zu spüren. Laut Wierig würden nämlich reine Wohnimmobilien gesucht. Gemischt genutzte Flächen, beispielsweise mit einem Ladenlokal oder einer Gastronomie im Erdgeschoss, würden dagegen eher Abschläge in der Wertermittlung, sowie beim Kaufpreis bedeuten.