Essen. Mit seinen Abriss-Plänen an der B224 schaffte es Essen sogar in die „ZDF heute-show“. Nun wird die Idee beerdigt. Nicht jeder findet das lustig.

Es liest sich wie eine Beerdigung erster Klasse: Die Stadt Essen verabschiedet sich endgültig von ihrem Vorhaben, Häuser an der Gladbecker Straße zu erwerben und abzureißen, um dadurch für bessere Luft an der hochbelasteten Bundesstraße zu sorgen.

Diese Idee war ein zentraler Bestandteil des „Rahmenplanes Gladbecker Straße“, den die Stadt bereits 2016 auf Anregung eines externen Gutachters entworfen hatte. Essen schaffte es damit sogar in die beliebte Satiresendung „ZDF heute-show“. „Der eigentliche Feind sind nicht die Autos. Das sind die Häuser. Wir müssen einfach viel mehr Häuser in den Städten abreißen“, kommentierte Moderator Oliver Welke das Ansinnen der Essener Politik und Verwaltung. Seinem Millionenpublikum zeigte der Comedian dazu Bilder der im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstörten Stadt Köln.

Die SPD wirft der Essener Stadtverwaltung mangelnde Ernsthaftigkeit vor

Nicht jeder fand das lustig. Mittlerweile ist Befürwortern des Vorhabens das Lachen endgültig vergangenen. „Alles in allem ist das sehr enttäuschend“, kommentiert Uwe Kutzner, Vertreter der CDU aus Altenessen im städtischen Planungsausschuss, die jüngste Entwicklung. Sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik vor Ort seien Hoffnungen geweckt worden, die nun nicht eingehalten werden, kritisiert Martin Schlauch. Der Altenessener SPD-Ratsherr will es dabei nicht belassen; der Stadtverwaltung wirft Schlauch „mangelnde Ernsthaftigkeit“ vor.

Dass es kommt, ist indes keine Überraschung. Bereits im Herbst 2019 hatte die Verwaltung ihre Pläne auf Eis gelegt. Verhandlungen mit Hauseigentümern über einen Kauf der Immobilien gestalteten sich als schwierig oder liefen ins Leere. Daran hat sich seitdem nichts geändert. Wie die Verwaltung jüngst dem Planungsausschuss mitteilte, zeigten sich die Besitzer der Häuser Gladbecker Straße 235 bis 241 einem Verkauf gegenüber nicht abgeneigt. Einig wurden sich beide Seiten allerdings nicht. Nach Angaben der Verwaltung lag dies an den Kaufpreisvorstellungen der Eigentümer, aber auch daran, dass sie Immobilien, die ihnen zum Tausch angeboten wurden, nicht akzeptiert hätten.

Mehrfamilienhäuser an der Gladbecker Straße gehören bis zu 22 Eigentümern

Zudem sind die betroffenen Häuser an der Gladbecker Straße vermietet. Der Aufwand, die Immobilien erst selbst zu verwalten und die Bewohner dann auf die Straße zu setzen, erschien der Verwaltung zu hoch.

Für einen Kauf hatte die Stadt bereits 2019 mindestens zwei Millionen Euro veranschlagt. Die Immobilienpreise sind seitdem weiter gestiegen. Der Allbau kam zu dem Ergebnis, dass Abriss und Neubau weiter zurückgesetzt von der Gladbecker Straße unwirtschaftlich wären. Angedacht hatte die Stadt neue Wohnungen und eine Kindertagesstätte.

Auch was die Erfolgsaussichten für einen Ankauf von Immobilien im weiteren Verlauf der Gladbecker Straße betrifft, malt die Verwaltung schwarz. Zwar befänden sich eine Reihe von Mehrfamilienhäusern im Besitz von ein oder zwei Eigentümern. Der Umstand, dass auch diese Häuser vermietet sind, bezeichnet die Verwaltung aber als „erhebliches Hindernis“. Ein Mehrfamilienhaus gehöre zwölf verschiedenen Eigentümern, ein weiteres sogar 22. Ein Kauf der Immobilien dürfte sich als schwierig und langwierig gestalteten, heißt es. Also: Finger weg!

Versuche, die Lebensbedingungen an der B224 zu verbessern, liefen ins Leere

„Es war ein Versuch, aber man kann niemanden zwingen“, sagt Uwe Kutzner an die Adresse jener Hausbesitzer, die nicht verkaufen wollten. Der CDU-Politiker räumt ein, dass Politik und Verwaltung mit ihrem Vorhaben, die Lebensbedingungen an der Gladbecker Straße zu verbessern, gescheitert sind. „Mit all unseren Versuchen sind wir nicht weit gekommen“, so Kutzner.

Ein Programm für mehr Lärmschutz

Die Stadt Essen will Eigentümer von Immobilien an der Gladbecker Straße in ein sogenanntes Lärmschutzfensterprogramm aufnehmen. Konkret geht es um die Häuser Gladbecker Straße 225 bis 381. Hausbesitzer sollen einen Zuschuss erhalten, wenn sie ihre Fenster erneuern und dadurch zum Lärmschutz beitragen. Das Programm soll für drei Jahre aufgelegt werden. Zur Höhe der Zuschüsse macht die Verwaltung bislang keine Angaben. Aktuell arbeitet die Stadtverwaltung an einer entsprechenden Richtlinie, die von der Politik beschlossen werden muss.

Martin Schlauch will die Verwaltung nicht einfach aus der Verantwortung entlassen. Er sei entsetzt über „die Lustlosigkeit, mit der die Stadt das Ding eintütet“, sagt der SPD-Ratsherr. Seiner Meinung nach hätte die Verwaltung zumindest mit jenen Hausbesitzern, die zum Verkauf bereit waren, weiter verhandeln sollen. Schlauch erinnert daran, dass in Altenessen Kita-Plätze dringend benötigt würden. Diese zu schaffen, sei eine Pflichtaufgabe. Fragen der Wirtschaftlichkeit seien deshalb hintenan zu stellen.

Wenn es mit Mitteln des Städtebaus nicht gelinge, Anwohner der Gladbecker Straße zu entlasten, dann müsse die Stadt „an die Verkehrssituation ran“, so Schlauch – durch Tempo 30, dessen Einhaltung auch kontrolliert werden müsse.