Essen-Rüttenscheid. Mieter des Wohnhochhauses an der Alfredstraße in Essen-Rüttenscheid senden einen Hilferuf. Immer wieder dringen Fremde in das Haus ein.

Mieter des Hochhauses an der Alfredstraße in Essen-Rüttenscheid sind verzweifelt. Sie klagen über Lärm, Müll und ungebetene Gäste.

Die Haustür ist schon seit längerer Tag kaputt. Das führt dazu, dass sich Obdachlose im Keller einnisten und Jugendliche Partys im zwölften Stock feiern.

Die Hausverwaltung verweist darauf, dass sie die Immobilie erst im vergangenen Jahr übernommen habe.

Ortstermin an der Alfredstraße 41. Wer das zwölfstöckige Wohnhochhaus dort betreten will, braucht keinen Schlüssel. Er braucht auch nicht zu klingeln. Die Tür ist kaputt und geöffnet. Genau das ist das Problem. Die Mieter des Hauses sind verzweifelt. Sie berichten von Obdachlosen, die sich im Keller einnisten. Und von Jugendlichen, die im Gang im zwölften Stock Partys feiern, Müll hinterlassen und Graffitis sprühen.

Markus Klingenberger wohnt seit zehn Jahren im Hochhaus an der Alfredstraße, in dem insgesamt über 80 Parteien leben. In dieser langen Zeit habe es Probleme etlicher Art gegeben, berichtet er. Natürlich habe er auch schon darüber nachgedacht, auszuziehen. „Aber irgendwie will ich auch nicht klein beigeben, weil ich eigentlich gerne hier wohne.“ Als Reiseleiter habe er vor der Corona-Pandemie ohnehin nicht viel Zeit zu Hause verbracht.

Essener Mieter: „Haben zu jeder Tages- und Nachtzeit Besuch“

Das Hochhaus in Essen-Rüttenscheid: Ein Graffiti prangt an einer Säule des Laubenganges im zwölften Stock.
Das Hochhaus in Essen-Rüttenscheid: Ein Graffiti prangt an einer Säule des Laubenganges im zwölften Stock. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Klingenberger lebt im zwölften Stock. Vom Laubengang, der die Wohnungen dort wie eine Art langer Balkon verbindet, hat man einen weiten Blick über Stadt. Einen Blick, den nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner genießen. „Wir haben hier zu jeder Tages- und Nachtzeit Besuch“, schildert der Mieter. Meist seien es Jugendliche, die mit ihren Freunden regelrechte Partys im Flur feierten – inklusive Lärm, stehengelassener Bierflaschen und Graffitis. Es sei sogar schon vorgekommen, dass jemand Fäkalien hinterlassen und mit Zeitungen ein Feuer auf dem Gang angezündet habe.

„Wenn man aus der Wohnungstür geht, stehen da oft vier, fünf Jungs auf dem Gang“, beschreibt Klingenberger. Unter den jungen Leuten habe sich längst herumgesprochen, dass man im Hochhaus ganz unkompliziert den Sonnenuntergang bei bestem Blick über die Stadt genießen könne. Sascha Dobihal, der ebenfalls im zwölften Stock des Hauses wohnt, bestätigt das. Dass um 1 Uhr nachts fremde Leute auf dem Flur stehen, bezeichnet er als „Normalzustand“. Unter diesen Umstände möge man keinen eigenen Besuch mehr einladen.

Auch von Problemen mit Obdachlosen berichten die Mieter

Fotos zeigen die Überreste eines Feuers, das Unbekannte auf dem Laubengang des Rüttenscheider Hochhauses angezündet haben.
Fotos zeigen die Überreste eines Feuers, das Unbekannte auf dem Laubengang des Rüttenscheider Hochhauses angezündet haben. © Unbekannt | Klingenberger

Ob es die gleichen Jugendlichen oder immer andere sind, die sich hier treffen? „Hier waren schon so viele, dass man sie nicht auseinanderhalten kann“, sagt Dobihal. „Ich verstehe nicht, wieso man nicht wenigstens den Laubengang abschließen kann, wenn die Haustür schon kaputt ist.“ Zumal ja nicht ausgeschlossen sei, dass irgendwann mal einer von ihnen im alkoholisierten Zustand in die Tiefe stürze.

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Aber auch im Keller gebe es große Probleme, berichtet Klingenberger. So zögen hier regelmäßig Obdachlose ein, hinterließen Müll und pinkelten in die Ecken. Die Hinterlassenschaften eines solchen Gelages hat er auf Fotos festgehalten.

Laut der beiden Mieter habe die Hausverwaltung die Tür zwischendurch einmal reparieren lassen, doch sie sei schnell wieder kaputt gewesen. Klingenberger und Dobihal berichten, dass auf ihre Sicherheitsbedenken nicht richtig reagiert werde. „Von der Hausverwaltung hieß es nur, ich solle die Polizei rufen, weil das ja Hausfriedensbruch ist“, sagt Dobihal. „Das habe ich auch schon zwei-, dreimal gemacht.“

Essener Polizei will Haus jetzt verstärkt im Blick behalten

Die Polizei Essen erklärt auf Anfrage, sie sei zwischen Ende November 2021 und Mitte April 2022 insgesamt sechsmal zu Einsätzen an der Alfredstraße 41 ausgerückt. Fünfmal hätten sich Mieter wegen Obdachlosen gemeldet, sie sich im Keller eingenistet und dort teils Kot hinterlassen hatten. In diesem Zuge hätten die Beamten mehrmals Platzverweise ausgesprochen.

Am 13. April habe dann ein Mieter wegen Jugendlichen angerufen, die seiner Aussage nach einen Einkaufswagen auf das Dach des nebenan gelegenen Parkhauses geworfen hätten. Vor Ort habe man aber niemanden mehr angetroffen. „Wir haben die Einsatzkräfte in Rüttenscheid jetzt noch einmal dafür sensibilisiert, das Haus bei der Streife im Blick zu behalten“, sagt Polizeisprecher Pascal Schwarz-Pettinato.

Aktuelle Hausverwaltung verweist auf Probleme in der Vergangenheit

Für die Verwaltung der Immobilie ist das Schweizer Immobilienunternehmen Peach Property zuständig, das neben dem Hauptsitz in Zürich auch einen Standort in Köln hat. Über eine von ihm beauftragte Kommunikationsagentur verweist das Unternehmen darauf, dass es die Immobilie, in der es schon lange Probleme gibt, erst im Frühjahr 2021 übernommen habe. „Weil unter der vorherigen Verwaltung lange nichts passiert ist, ist, hat sich bei den Mietern Unmut angestaut“, so eine Mitarbeiterin der Agentur. Peach Property arbeite aber an Lösungen und habe auch vor, dafür einiges an Geld in die Hand zu nehmen.

Auch im Keller des Hochhauses an der Rüttenscheider Alfredstraße gibt es regelmäßig ungebetene Gäste.
Auch im Keller des Hochhauses an der Rüttenscheider Alfredstraße gibt es regelmäßig ungebetene Gäste. © Unbekannt | Klingenberger

Was die defekte Tür betrifft, so habe man diese mehrfach instandgesetzt. Durch „grobes Öffnen“ sei sie aber immer wieder kaputtgegangen. Nun plane man, sie komplett zu erneuern. Den Laubengang im zwölften Gang könne man dagegen aus rechtlichen Gründen nicht abschließen. Peach Property plane außerdem, Sicherheitskameras zu installieren, um ungebetene Gäste abzuschrecken. Bis dahin bitte man die Mieter weiterhin, im Fall von Hausfriedensbruch die Polizei zu rufen.

Auch Heizung macht Probleme im Rüttenscheider Hochhaus

Mieter klagen über fehlende Kommunikation

Die beiden Mieter bemängeln, dass sich Peach Property nicht um anfallende Probleme kümmere und nicht auf Anrufe oder Mails reagiere. Sie berichten von je rund 30 Kontaktversuchen, sowohl allein als auch mit Hilfe eines Anwaltes.Dieser Darstellung widerspricht das Immobilienunternehmen und betont, man reagiere immer schnell und habe alle gemeldeten Fälle bearbeitet.

Ein weiteres Ärgernis für die Mieter: „Es gibt ein großes Heizungsproblem“, sagt Klingenberger. Das sei schon seit seinem Einzug so gewesen, habe sich zwischenzeitlich aber so massiv verschlimmert, dass die Heizung im ganzen Jahr 2021 nicht einmal funktioniert habe. Dobihal berichtet, seine Heizung habe er lange nur im Wohnzimmer anstellen können. Nach einer Reparatur durch Peach Property funktioniere sie nun grundsätzlich, aber nicht zuverlässig. Und: „Ich muss sie jeden Tag entlüften, sonst geht nichts.“

Im Foyer des Hochhauses an der Rüttenscheider Alfredstraße gab es einen Wasserschaden.
Im Foyer des Hochhauses an der Rüttenscheider Alfredstraße gab es einen Wasserschaden. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Hier betont Peach Property, man habe 2021 mehrfach Leckagen an der Heizung repariert. Aktuell lägen keine weiteren Störmeldungen vor. Dennoch sei die Heizung ein „Sorgenkind“, weshalb man plane, sie komplett zu erneuern.

Ebenfalls in Angriff nehmen will das Immobilienunternehmen laut eigener Aussage einen Wasserschaden, der dafür sorgt, dass im Foyer das Innere der Decke heraushängt. Handwerkermangel sei dafür verantwortlich, dass der Schaden seit etwa einem halben Jahr nicht habe repariert werden können. Darüber hinaus wolle man den Hauseingang durch Malerarbeiten verschönern sowie das Erdgeschoss und die Fahrstuhlböden sanieren.