Essen. Protest nur noch mit Maske, heißt die Forderung der Behörden. In Stoppenberg trifft sich erstmals ein Ableger der Rüttenscheider Montagsdemo.
Wenn Christian Kromberg die jüngste Versammlung der Coronaleugner und Impfskeptiker in Rüttenscheid Revue passieren lässt, geht es ihm als Ordnungsdezernent der Stadt Essen wie dem Polizisten, der kein Blatt vor den Mund genommen und mit einem kernigen Satz bundesweite Bekanntheit erreicht hat: „Sie wollen uns verarschen.“
Diese Münsteraner Wahrheit - sie gilt gefühlt auch für Essen. Denn neun von zehn der Rüttenscheider Demonstranten trugen am vergangenen Montag keine Maske. Sie folgten vielmehr dem Aufruf, zur Trillerpfeife zu greifen oder knabberten an mitgebrachter Marschverpflegung nach dem Motto: Essen unter freiem Himmel wird doch wohl noch erlaubt sein. Der Ordnungsdienst ließ sie gewähren, am Ende stand kein einziges Bußgeld trotz dieser offensichtlichen Verstöße gegen die verschärfte Coronaschutzverordnung.
Ohne Masken soll sich der Demo-Tross nicht in Bewegung setzen
So etwas soll sich am kommenden Montag nicht wiederholen, sind sich Stadt Essen und Polizei einig, die die Zügel anziehen wollen, nach Recht und Gesetz auch müssen, wenn auch erst einmal moderat. Man habe die Veranstalter deutlich aufgefordert, auf die Einhaltung der Maskenpflicht zu achten. Es sollen gezielt Atteste kontrolliert werden, um festzustellen, wer von einem Mund-Nasen-Schutz befreit ist und wer nicht, heißt es. Vorher wird sich der Tross, so zumindest der Plan, wohl nicht in Bewegung setzen dürfen.
„Wir erwarten von dem Veranstalter, dass die Demonstration coronakonform abgehalten wird“, machte Ordnungsdezernent Christian Kromberg am Freitag auf Nachfrage deutlich. Je nachdem, wie ausgeprägt die Bereitschaft der Teilnehmer dazu sei, behalte sich die Stadt eine Entscheidung darüber vor, ob das Ganze „in der gewünschten Form“ stattfinden könne.
Man sei an keinerlei Konfrontation in dieser Frage interessiert, doch zur Not müssten die Auflagen von Woche zu Woche verschärft werden. Bislang aber gehen Stadt und Polizei davon aus, dass die Anmelder kooperieren werden.
Rund um die Zeche Zollverein sollen rund 300 Menschen demonstrieren
Reagiert haben sie schon, weil sie am 24. Januar offenbar noch mehr Zulauf als bisher erwarten: Um den für Versammlungen mit mehr als 750 Menschen geltenden verschärften Corona-Auflagen einer verpflichtenden 3G-Kontrolle entgehen zu können, wurde nach Informationen dieser Zeitung kurzerhand eine zweite Demonstration mit erwarteten 300 Teilnehmern am selben Tag und zur selben Zeit von 17.30 bis 20 Uhr rund um die Zeche Zollverein angemeldet.
Der Gegenprotest, zu dem die Bündnisse „Essen stellt sich quer“ und „Aufstehen gegen Rassismus“ erstmals seit Beginn der Demos in Rüttenscheid aufgerufen haben, wird sich am Montag zunächst allerdings auf Rüttenscheid konzentrieren. Die Organisatoren hoffen auf mindestens 300 Teilnehmer. Bereits jetzt sei die Unterstützung groß, heißt es.
Bisher haben mehr als 250 Einzelpersonen und viele Vertreter und Vertreterinnen von Parteien, Gewerkschaften, Kirchenverbänden und Bürgerinitiativen sowie -bündnissen den Aufruf zur Kundgebung unterzeichnet. Sie wird dort stattfinden, wo sich auch die Coronaleugner zeitgleich versammeln: auf dem Messeparkplatz 2.
Eine Versammlung, auch um der Covid-Toten zu gedenken
Reden werden bei der Essener Premiere einer Anti-Coronaleugner-Versammlung Marion Greve, Superintendentin der Evangelischen Kirche in Essen, als auch der Chefvirologe der Uniklinik Essen, Professor Dr. Ulf Dittmer. Beide erläutern ihre Beweggründe für den Schulterschluss mit den Organisatoren, die erklärtermaßen „der großen schweigenden, solidarischen Mehrheit eine Stimme geben“ wollen: „Mir ist es wichtig, deutlich zu machen: Als Evangelische Kirche sind wir für alle Menschen da – aber persönlich kann ich die Haltung von Impfverweigerern nicht akzeptieren“, sagt Greve: „Wir haben eine Verantwortung füreinander.“ Wer sich impfen lasse, schütze sich und andere.
Dittmer betont: „Der Großteil unserer Gesellschaft hat in dieser Pandemie mit Rücksichtnahme und Verantwortung für seine Mitmenschen die ganz große medizinische Katastrophe in Deutschland verhindert. Dass dieser Teil der Gesellschaft sich auch öffentlich zeigt und gegenseitig bestärkt, ist ein wichtiges Zeichen.“ Leider seien trotz dieser großen Solidarität bisher 116.000 Deutsche an Covid-19 gestorben, so der Wissenschaftler: „.Auch im Gedenken an diese Menschen sollte die Demonstration stehen.“