Duisburg. Der Aufschwung der Linken verändert sein Leben: Der Duisburger Mirze Edis zieht in den Bundestag ein. Jetzt spricht er über Beschimpfungen im Wahlkampf.
Der Gewinner des Duisburger Wahlabends heißt Mirze Edis. Der Linken-Politiker zieht klar in den Bundestag ein. Der 53-Jährige steht auf Platz sechs der NRW-Landesliste und wäre auch bei einem deutlich knapperen Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde drin gewesen. Nun kann er sich aus vollem Herzen freuen. Für Mirze Edis wird damit ein Traum wahr, an den er vor drei Wochen noch nicht glauben mochte. Geschlafen hat er in der Nacht vor der Wahl dennoch kaum, wie er im Gespräch verriet.
Im Laufe des Wahlsonntags bekam er allerdings eine leise Ahnung, dass es mit dem Ticket nach Berlin klappen könnte. „Ich habe viele Whatsapp-Nachrichten bekommen von Leuten, die mir gesagt haben, dass sie bei den Linken ihr Kreuzchen gemacht haben.“ Nachdem er selbst im Mannesmann-Gymnasium seine Stimme abgegeben hatte, besuchte Edis noch seine Mutter. „Bei ihr bin ich häufiger, aber heute hat sie für mich gebetet“, schildert er. Das allein hat wohl nicht den Ausschlag gegeben. „Wir standen stabil für linke Politik und die jungen Leute fanden uns sexy“, erklärt er die bundesweit guten Wahlergebnisse. Die Stimmung drehte sich zugunsten der Linken.
Mirze Edis (Linke): Positive Stimmung, aber auch viele Anfeindungen im Duisburger Wahlkampf
Auch in Duisburg sei die Stimmung im Wahlkampf positiv gewesen. Wahr ist aber auch: „Ich bin noch nie so oft wegen meines Migrationhintergrundes angefeindet und beschimpft worden“, erzählt Edis.
Auf Haustür-Wahlkampf habe er deshalb verzichtet. Er sprach die Leute direkt an und setzte auch auf die sozialen Medien. Edis ist in der Türkei geboren und kam als Dreijähriger nach Deutschland. Er wuchs in Hochfeld auf, sein Vater war Gastarbeiter auf der „Hütte“. Er lernte ebenfalls bei den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann (HKM) und ist aktuell dort hauptamtlicher Betriebsrat.
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Barbara Laakmann, Schulpolitikerin der Linken in Duisburg, freut sich mit Mirze Edis: „Bei uns stehen die jungen Leute Schlange, die in die Partei eintreten wollen.“ Sie erhofft sich davon einen Schwung für die Kommunalwahl, die im September stattfinden wird. Und der frisch gebackene Abgeordnete möchte auch ein Vorbild für eben jene jungen Leute sein und ihnen zeigen, dass man schaffen kann, was man sich vornimmt. Schon 2013 hat er bei einem Termin in Bonn vor dem Bundesadler posiert und sich vorgenommen, dass er irgendwann einmal selbst im Bundestag sitzen will. 2021 hat es nicht geklappt, nun ist sein Moment.
HKM-Betriebsrat will die Interessen der Stahlarbeiter vertreten
In Zeiten der Krise sieht Edis einen klaren Auftrag für sich, die Interessen seiner Kollegen aus der Stahlbranche zu vertreten. Und auch die Migrationspolitik treibt ihn um. Die Linken gehören in Duisburg zu den größten Kritikern der Taskforce-Einsätze, bei denen die Bewohner ihre Bleibe verlieren. Der Ratsherr, der seinerzeit als Reaktion auf die Agenda 2010 bei den Linken eingetreten ist, will sich im Bund für soziale Gerechtigkeit einsetzen. „Wir werden eine stabile Opposition sein.“
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Am Montag wird Edis erst an der Betriebsversammlung von HKM teilnehmen, bei denen es für die Kollegen um die Zukunft des Standorts geht. Später geht’s dann nach Berlin. Am Dienstag findet dort eine konstituierende Sitzung der Linken statt. Ob er Sonntagnacht mehr schlafen wird als samstags ist noch nicht ausgemacht. Mit seinen Genossen stieß er auf den Erfolg an und ließ sich ausgiebig feiern