Duisburg. 55 Jahre KG Marxloher Jecken: Beim Fest geben die drei Präsidenten der Gesellschaft einen lebendigen Geschichtsunterricht und lassen tief blicken.

Vereinsjubiläen sind manchmal etwas zäh. Dass es beim Empfang zum närrischen Geburtstag der KG Marxloher Jecken anders war, ist einer gelungenen und unterhaltsamen Melange aus Gegenwart und Vergangenheit zu verdanken. Der Verein, der zwar zugibt, dass es in seinem Stadtteil viele Probleme gibt, aber närrisch überzeugend bestreitet, dass seine Heimat an sich ein Problem sei, ist fünf mal elf Jahre alt.

Abordnungen vieler Duisburger Karnevalsvereine kamen zum Gratulieren in den voll besetzten Saal der Gemeinde St. Barbara in Röttgersbach. Das zeigt, dass die Jecken in Marxloh in der närrischen Gemeinschaft einen guten Stand haben. Die Gastgeber ließen sich nicht lumpen: Büfett und alle Getränke gingen auf ihre Kappe.

Duisburger Verein KG Marxloher Jecken zeigte stolz seine Eigengewächse

Natürlich gab es Glückwunschreden: aus dem Rathaus Hamborn, vom Hauptausschuss Duisburger Karneval und vom Bund Deutscher Karneval. Die Kinderprinzencrew und Stadtprinz Holger II. sorgten mit ihren Auftritten für Stimmung.

Vor allem aber zeigten die Marxloher Jecken, wo sie aktuell stehen. Und das kann sich sehen lassen: Die kleine und die mittlere Garde demonstrierten, dass sie auf dem besten Wege sind, ganz große Tänzerinnen zu werden. Ihre älteren Vereinskolleginnen überzeugten mit flottem Gardetanz. Und Tanzmariechen Annika bewegt sich im stadtweiten Vergleich sicher in der obersten Liga.

Der Elferrat der Marxloher Jecken präsentierte sich früher stets in passenden Kostümen zum selbstgewählten Sessionsmotto.
Der Elferrat der Marxloher Jecken präsentierte sich früher stets in passenden Kostümen zum selbstgewählten Sessionsmotto. © KG Marxloher Jecken

Vereinsgeschichte aus erster Hand: Alle Präsidenten erzählen über ihre Amtszeit

Was gelegentlich jeden Spaß bei einem solchen Jubiläum dämpfen kann, ist die Laudatio. Die Marxloher Jecken lösten dieses Problem auf spannende Weise: Der Verein, auch das spricht für Kontinuität, hatte in 55 Jahren nur drei Präsidenten. Sie berichteten über ihre jeweilige Amtszeit. Das nennt man wohl Geschichte aus erster Hand.

Dieter Carsten (89) erinnerte an die Anfangsjahre, 1956/57 hatte er gemeinsam mit einigen Mitstreitern einen Jugendelferrat der Pfarrei Sankt Peter in Marxloh ins Leben gerufen. Doch es gab ein Problem: „Der damalige Pfarrer war kein Freund des Karnevals.“ Die Marxloher Narren mussten ihre Prunksitzung als „Winterfest“ veranstalten. Grund genug, sich schrittweise unabhängig zu machen. 1970 gipfelte das in der Gründung der „KG Marxloher Jecken“ .

Drei Präsidenten in 55 Jahren (v.l.): Karl-Heinz Sennrat, Dieter Carsten und Jürgen Ohl.
Drei Präsidenten in 55 Jahren (v.l.): Karl-Heinz Sennrat, Dieter Carsten und Jürgen Ohl. © WAZ | Bodo Malsch

Ein ehemaliger Präsident lebt jetzt in Oldenburg

Karl-Heinz Sennrat, der den Verein von 1980 bis 2011 führte, berichtete von zunächst noch selbstgebastelten Orden. „Die sahen manchmal aus wie Kunstobjekte aus der Grundschule.“ Mit Stolz erinnerte er an ausverkaufte Sitzungen im Haus Montan und daran, dass Programme weitgehend selbst gemacht wurden.

Sennrat gab zu, dass er inzwischen auch ohne karnevalistische Großereignisse glücklich lebt. Und zwar in Oldenburg. „Wenn der dortige Karneval einmarschiert, sind das 14 Personen, inklusive Kapelle. Der Prinz amtiert seit sechs Jahren.“

Auch eine Männer-Tanzgruppe hatten die Marxloher Jecken einst zu bieten. Manchmal in höchst gewagten Kostümen.
Auch eine Männer-Tanzgruppe hatten die Marxloher Jecken einst zu bieten. Manchmal in höchst gewagten Kostümen. © KG Marxloher Jecken

Jürgen Ohl, seit 14 Jahren Präsident, schlug den Bogen zur Gegenwart. Er nannte Kinderprinzen und Prinzen, die aus den Reihen der Marxloher stammen. Und er schwärmte vom Haus Montan, in dem er bis 2021 selbst Hausherr war und das nicht nur für ihn, sondern auch für viele Karnevalisten aus ganz Duisburg ein zweites Wohnzimmer war. So manches Mal wurde dort so lange gefeiert, gelacht und philosophiert, bis die Kellner die Narren rauswarfen, weil sie für das Frühstück der Hotelgäste eindecken mussten.

Bei allen Veränderungen habe der Verein sich bis heute seine wesentlichen Eigenschaften bewahrt, so Ohl. „Leidenschaft, Kreativität und Gemeinschaft.“ Das seien die besten Voraussetzungen, um mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken.