Duisburg. Bekommt Duisburg ein Gefahrgutlager? Mitten im Hafen sollen zukünftig chemische Stoffe gelagert werden. So will Duisport für Sicherheit sorgen.

Im Duisburger Hafen soll das Gefahrgutlager Duisburg Gateway Storage entstehen. Bis zu 900 Tankcontainer, die gefüllt sind mit Wasserstoff, Ammoniak, Methanol oder anderen Chemieprodukten, sollen neben dem Gateway Terminal in Ruhrort zwischengelagert werden können.

Explosive oder nukleare Produkte würden nicht umgeschlagen, auch keine Abfälle, betont Matthias Palapys, Leiter Bau und Technik bei Duisport. Zusammen mit der halben Vorstandsetage des Hafens informierte er noch vor Beginn des Genehmigungsverfahrens Anwohner in Meiderich über das Vorhaben.

Geplantes Gefahrgutlager im Duisburger Hafen setzt auf Hightech für die Sicherheit

Die 250.000 Quadratmeter große Kohleninsel, auf der über 100 Jahre lang das schwarze Gold umgeschlagen wurde, ist Schauplatz modernster Logistik geworden: Die erste Ausbaustufe des Gateway Terminals wurde im September feierlich mit viel Prominenz eröffnet, auf der Fläche der zweiten Ausbaustufe ist Platz für das Gefahrgutlager.

Und das soll vollgestopft sein mit Hightech: Ein vollautomatisierter und ferngesteuerter Kran setzt die Container oder Tanks in auslaufsichere Betonwannen mit feuerfesten Wänden, sogenannte Lagertassen, in die Sensoren eingebaut sind. Die Entwässerung werde regelmäßig beprobt, um sicherzugehen, dass es keine Leckagen gibt.

Für das Projekt Duisburg Gateway Storage ist das Duisburg Gateway Terminal eine Allianz mit dem Schweizer Unternehmen Bertschi eingegangen, das sich auf die Logistik für die Chemische Industrie spezialisiert hat. Gemeinsam soll ein höherer zweistelliger Millionenbetrag investiert werden. Genauer könne man erst werden, wenn die Sicherheitserfordernisse der Behörden klar sind, sagt Hafenchef Markus Bangen. Aber schon allein der Kran werde mit mehreren Millionen Euro zu Buche schlagen.

Anfang des Jahres sollen die Unterlagen für das Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bei der Bezirksregierung eingereicht werden. Das werde inklusive der Öffentlichkeitsbeteiligung voraussichtlich das ganze Jahr dauern. 2027 könnte das Lager in Betrieb gehen, prognostizieren die Betreiber.

Pläne für Gefahrgutlager im Duisburger Hafen
Im Duisburger Hafen soll ein Gefahrgutlager entstehen. Markus Bangen stellte sich den Fragen der Anwohner in Meiderich. © WAZ | Annette Kalscheur/WAZ

„Der Rastplatz Hünxe ist auch ein Gefahrgutlager“

Dass das Terminal überhaupt ein Gefahrgutlager benötigt, sei der „Schizophrenie“ deutscher Gesetzgebung geschuldet, erklärt Bangen: Am Terminal selbst dürfen Container nur für den Transportmittelwechsel zwischen Schiff, Zug und Laster gelagert werden, maximal 24 Stunden. Für zwei oder drei Tage Lagerzeit sei daher das Lager nötig.

Billiger wäre es, sie auf einem Lkw-Chassi zu parken, sagt Bangen, denn da gelten sie als „im Transport“, egal ob sie bewegt werden oder tagelang am Straßenrand stehen. Der Rastplatz Hünxe sei im Prinzip auch ein Gefahrgutlager, nur nicht annähernd so gut abgesichert wie es die Pläne für das Hafenlager vorsehen.

Es entsteht in einem reinen Hafengebiet, betont Palapys, die nächste Wohnbebauung liegt einen knappen Kilometer entfernt, die nächsten „Schutzobjekte“ wie der Stadtpark Meiderich oder der Ruhrdeich seien über 500 Meter entfernt.

Sicherheitssysteme sollen vollautomatisch eingreifen können

Das mit Tanquid auf der Ölinsel nebenan ein weiterer Störfallbetrieb agiert, beunruhigt bei Duisport niemanden. Einen „Domino-Effekt“ könne es nicht geben, weil weder Flammen übergreifen könnten noch eine Explosion Folgen auf der Nachbarinsel hätte, versichern die Manager.

Eine eigene Werkfeuerwehr hat der Hafen nicht, er setzt auf die Expertise der Berufsfeuerwehr, die in die Planungen eingebunden sei. Bangen betont, dass hochkomplexe Sicherheitssysteme verbaut werden, die schnell reagieren und dann alles automatisch in Gang setzen können, „wir wollen da im Falle einer Havarie keine Leute reinschicken“. Vor Ort soll ein Löschwasser- und ein Schaummittel-Tank vorgehalten werden.

Der letzte Großbrand auf der Schrottinsel führt derzeit aber zu zusätzlichen Überlegungen. Damals bereitete das Niedrigwasser Probleme beim Hochpumpen von Löschwasser. Das neue Gateway Terminal ist so hochwassersicher gebaut, dass „wir bei acht Metern Pegel nicht mal tief atmen“, sagen die Hafen-Manager. Die verlängerten Uferwände sind im Ernstfall aber unpraktisch, deshalb sollen jetzt Zugänge für die Feuerwehr geschaffen werden.

Pläne für Gefahrgutlager im Duisburger Hafen
Matthias Palapys erklärt Bürgern im Evangelischen Gemeindezentrum, wie das neue Gefahrgutlager im Duisburger Hafen genutzt werden soll. © WAZ | Annette Kalscheuer

Kein zusätzlicher Verkehr, aber ein neuer Lkw-Parkplatz

Mehr Lkw-Verkehr soll das neue Gefahrgutlager nicht bringen, verspricht Palapys, auch keine zusätzliche Belastung durch wildes Parken. Auf dem ehemaligen Gelände der Triton-Werft ist zusätzlich ein großer Lkw-Parkplatz entstanden, mit Sozialräumen und Duschen. Die Anfahrt zum Terminal soll digital organisiert werden. Die Fahrer werden per Video erfasst und je nach Lieferzeitpunkt auf einen passenden Warteplatz dirigiert. Die Technik dahinter könne man sich ähnlich vorstellen wie in einschlägigen Restaurants, die einen Pieper mit an den Tisch geben: Wenn es rappelt, kann man los, beschreibt Bangen. Der Parkplatz sei vorsorglich auch so gebaut worden, dass Schnelllader für E-Laster Platz finden. Noch werde das aber nicht angefragt, ergänzt Palapys.

Die Hafen-Manager setzen bei Kartoffelsuppe und Apfelschorle auf Bürgernähe, es weht eine merklich andere Stimmung als in der Zeit von Vorgänger Erich Staake, dessen Mitarbeiter mehr Gegenwind spürten. Bezirksbürgermeister Peter Hoppe dankte für diese neue Form der Transparenz. Auch wenn diesmal nur wenige die Chance nutzten, sich aus erster Hand informieren zu lassen.

Markus Bangen betone, dass es ihm vor allem um Kommunikation und Aufklärung gehe: „Die Stoffe werden auch jetzt schon alle umgeschlagen. Es kommt nichts in den Hafen, was da nicht vorher schon da war.“

>>DIESE STOFFE SOLLEN GELAGERT WERDEN

  • Zu den Stoffen, die in Duisburg gelagert werden sollen, gehören Wasserstoff, Ammoniak und Methanol. Sie werden als „grüne Energieträger“ bezeichnet. Das Gateway Terminal braucht sie auch selbst, denn es will durch Wasserstoff zum ersten klimaneutralen Logistik-Standort werden.
  • Außerdem können weitere Chemieprodukte hier einen Zwischenstopp machen: Dazu gehören entzündbare Feststoffe und Flüssigkeiten, außerdem Stoffe, die oxidierend, toxisch, ätzend oder brennbar sind.
  • Die Container werden nicht wild nebeneinander stehen, betont Hafenchef Markus Bangen, „das ist eine Wissenschaft für sich“.
Zwischen der Schrottinsel im Vordergrund und der Ölinsel mit den weißen Tanks liegt die Kohleinsel: Hier plant Duisport neben dem Gateway Terminal ein Gefahrgutlager. (Archivbild)
Zwischen der Schrottinsel im Vordergrund und der Ölinsel mit den weißen Tanks liegt die Kohleinsel: Hier plant Duisport neben dem Gateway Terminal ein Gefahrgutlager. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND