Duisburg. Warum der Bund der Steuerzahler den Duisburger Rat in Sachen Grundsteuer lobt – und was die Fachleute Immobilien-Besitzern jetzt empfehlen.

Nach der Entscheidung des Duisburger Stadtrates für einen differenzierten Grundsteuer-Hebesatz sind die Besitzer von Wohnimmobilien im Vorteil: Ihre Häuser und Wohnungen werden in Duisburg künftig weniger stark belastet wie Geschäftsimmobilien und sonstige Grundstücke (siehe Infobox unten). In Geduld müssen sich über 18.000 Bürger üben, die Widersprüche gegen die Messbescheide des Finanzamtes eingelegt haben.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt), der gern Duisburger Projekte wie die Eurogate-Treppe am Innenhafen in sein „Schwarzbuch“ der Steuerverschwendung aufnimmt, findet lobende Worte für das mit großer Mehrheit gefasste Votum des Rates. „Mit der Entscheidung für gesplittete Hebesätze hat der Stadtrat einen wichtigen Schritt getan, um das Wohnen nicht zu verteuern“, erklärt Rik Steinheuer, Vorsitzender des BdSt Nordrhein-Westfalen.

Grundsteuer: Erhebliche Verschiebungen bei Duisburger Wohnimmobilien

Das ist mit Blick auf die Gesamtheit der Wohnimmobilien zwar richtig, innerhalb dieser Kategorie bringt aber auch der differenzierte Hebesatz erhebliche Verschiebungen. Die vom Bundesverfassungsgericht veranlasste Neubewertung durch die Finanzämter führt vor allem für vor 1964 erbaute Häuser zu höheren Messbeträgen und Grundwerten, weil Sanierungen, Umbauten und Wertsteigerungen sowie Lage mit einflossen.

Dadurch können für den einzelnen Wohnhaus-Besitzer mehrere hundert Euro mehr fällig werden, obwohl der neue Hebesatz von 886 Prozent nur 41 Punkte über dem bisherigen Wert von 845 Prozent liegt. Auf der Gewinnerseite sind hingegen die Besitzer neuerer Wohnhäuser: Die meisten zahlen künftig deutlich weniger.

Weitgehend unverändert bleibt das Grundsteuer-Aufkommen durch die Reform für die Stadt Duisburg: Insgesamt werden auch 2025 zwischen 138 und 140 Millionen Euro in die kommunale Kasse fließen. Diesen Betrag hätte auch ein einheitlicher Hebesatz gebracht.

  • Beispiel 1: Reihen-Mittelhaus in Rheinhausen, Baujahr 1994. Der Messbetrag sinkt von 102,92 Euro auf 78,59 Euro. Die Grundsteuer sinkt von 869,64 auf 696,30 Euro, das sind 173,30 Euro weniger als bisher.
  • Beispiel 2: Reihenmittelhaus in Großenbaum, Baujahr 1954: Der Messbetrag steigt von 37,09 auf 65,38 Euro. Die Grundsteuer steigt von 313,41 auf 579,27 Euro. Die Besitzer zahlen 265,86 Euro mehr als bislang.

Von einer Klage gegen den neuen Hebesatz rät Hans-Ulrich Liebern ab. „In den vergangenen 50 Jahren hat noch kein Gericht einen Hebesatz gekippt“, erklärt der Grundsteuer-Fachmann des Steuerzahlerbundes. Der Grund sei die hohe Hürde des Gesetzes: Die Höhe der Grundsteuer müsse eine „erdrosselnde Wirkung“ nicht nur für einzelne, sondern für viele Immobilienbesitzer haben.

Der Duisburger Rat habe mit einer Entscheidung für einen differenzierten Hebesatz bei der Grundsteuer B das Wohnen in Duisburg insgesamt nicht verteuert, lobt Rik Steinheuer, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler NRW.
Der Duisburger Rat habe mit einer Entscheidung für einen differenzierten Hebesatz bei der Grundsteuer B das Wohnen in Duisburg insgesamt nicht verteuert, lobt Rik Steinheuer, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler NRW. © Bund der Steuerzahler NRW | Bund der Steuerzahler NRW

Steuerzahlerbund hält differenzierten Hebesatz für gerichtsfest

Der differenzierte Hebesatz sei im Übrigen gerichtsfest, glaubt Liebern. „Führende Steuer-Fachleute haben das bestätigt.“ Dass ein Gutachten des Städte- und Gemeindebundes zu einer gegenteiligen Einschätzung gelangt und sich andere Revierstädte wie Essen und Bochum deshalb wohl für einen einheitlichen Hebesatz entscheiden, ficht den BdSt nicht an: „Wir werden gemeinsam mit Haus & Grund und dem Mieterbund einen differenzierten Hebesatz empfehlen.“

Einspruch gegen die Neubewertung ihrer Immobilien durch die Finanzämter hatten 21.100 Duisburger eingelegt. „Rund 2500 Verfahren wurden durch Abhilfe zu Gunsten der Bürgerinnen und Bürger erledigt“, erklärt ein Sprecher der Oberfinanzdirektion Münster auf Nachfrage. Dabei seien fehlerhafte Daten zu den jeweiligen Immobilien oder Falscheintragungen korrigiert worden.

18.600 Einsprüche ruhen, bis Musterfahren entschieden sind

Weitere 18.600 Duisburger Einsprüche ruhen, bis Musterverfahren vor den Gerichten entschieden sind. Dabei handele es sich um Einsprüche gegen das neue Verfahren zur Feststellung des Grundsteuerwertes. Bis zur – wahrscheinlich höchstrichterlichen – Entscheidung wird nicht vor Mitte 2025 gerechnet.

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Eine aufschiebende Wirkung haben die Einsprüche aber nicht: Die Grundsteuer-Bescheide, die ab Mitte Januar verschickt werden, müssen die Bürger bezahlen. „Sie bekämen dann, falls die Gerichte zu ihren Gunsten entscheiden, wie alle anderen auch eine Rückerstattung“, erläutert Stadtsprecher Falko Firlus. „Anträge auf Aussetzung der Vollziehung werden in der Regel abgelehnt“, erläutert BdSt-Fachmann Liebern.

>> DIE NEUE GRUNDSTEUER B: HEBESÄTZE UND BERECHNUNG

  • Für Wohngrundstücke (Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücke) gilt ein Hebesatz von 886 Prozent.
  • Für Nichtwohngrundstücke (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke und unbebaute Grundstücke) ist der Hebesatz von 1469 Prozent vorgesehen.
  • Die Formel zur Berechnung: Neuer Messbetrag : 100 x 886. Der neue Messbetrag findet sich im Grundsteuer-Bescheid des Finanzamtes.