Duisburg. Das Problem-Grundstück hinter der ungenutzten Eurogate-Treppe verkaufte die Stadt 2023. Der neue Besitzer will nun anders als vereinbart vorgehen.
Sie ist der Treppenwitz der jüngeren Stadtgeschichte – einer, über den Stadtplaner und Steuerzahler nicht lachen können: Die Eurogate-Treppe im Innenhafen ist seit ihrer Fertigstellung 2009 ungenutzt und gesperrt, weil sie noch immer ins Nichts führt. Die riesige Stufenpromenade hat es jüngst zum fünften Mal ins Schwarzbuch geschafft, mit dem der Bund der Steuerzahler öffentliche Verschwendung anprangert. Die Stadt verkaufte das Problem-Grundstück hinter der Treppe im November 2023. Passiert ist seither anscheinend nichts – aber bald wird sich überraschend erneut die Politik mit dem Projekt beschäftigten.
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Denn der neue Eigentümer des nicht tragfähigen Wassergrundstücks an der Schifferstraße strebt eine Planänderung an. Besitzer der etwa 12.000 Quadratmeter großen Fläche ist die „Am alten Holzhafen GmbH“. Geschäftsführer dieser extra für das gleichnamige Großprojekt gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist Bernd Kolkmann.
Innenhafen Duisburg: Doch Wohnbebaung an der Treppe Am Alten Holzhafen?
Dessen in Neudorf sitzende BKI-Gruppe hatte sich 2022 gemeinsam mit der Baufirma Tecklenburg und der Investmentgesellschaft Sunrise als Finanzpartner erfolgreich beworben. Nach dem Tecklenburg-Ausstieg erhielt der örtliche Projektentwickler allein den Zuschlag für das bautechnisch anspruchsvolle und mit allerlei Risiken behaftete Areal. Bernd Kolkmann selbst äußert sich auf Nachfrage der Redaktion zurzeit nicht zum aktuellen Planungsstand und zu anderen Projekten seiner Firma. Der geschäftsführende Gesellschafter der BKI-Gruppe verweist auf laufende Abstimmungen mit den Ämtern der Stadt.
Deren Sprecher Sebastian Hiedels bestätigt jedoch, dass der Stadt „ein Antrag auf Durchführung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes“ vorliegt. Mit dem Bebauungsplan solle „auch eine anteilige Wohnnutzung“ hinter der Treppe ermöglicht werden. Nach der Prüfung durch die Behörden müssen einer solchen Planänderung die Ratsgremien zustimmen.
Diese hatten Ende 2022 entschieden, dass die Schließung der letzten Innenhafen-Lücke keines Bebauungsplanes bedarf und damit eine Wohnbebauung ausgeschlossen ist. Zu diesen Bedingungen wurde der Kaufvertrag abgeschlossen. Dabei sollten die Spielräume für Veränderungen laut Ratsbeschluss von damals „begrenzt“ sein. „Anpassungen an die wirtschaftliche Situation werden aber vorgenommen“, hieß es in der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung.
Hochwertiger Wohnraum in besonderer Lage ist zurzeit zweifelsfrei leichter zu vermarkten als Gastronomie- und Büroflächen, Teil des Vertrages war eine Wohnbebauung jedoch nicht. Das noch von Tecklenburg, BKI und Sunrise gemeinsam vorgestellte Konzept sah sechs getrennte, jeweils achtgeschossige Häuser vor, die sich um die Eurogate-Treppe reihen. Dabei waren Büro- und Verwaltungsnutzungen in vier Gebäuden vorgesehen, Hotels und Pensionen in zwei weiteren, Gastronomie in den Erdgeschossen.
Bombensuche und Untergrund senkten Kaufpreis
Nach den Erfahrungen aus dem teuren Scheitern des vormaligen Projekts „The Curve“ sah der Kaufvertrag eine Übernahme des Grundstücks „wie es geht und steht“ vor. Sachverständige hatten die Risiken bewertet und in den Kaufpreis einberechnet. Der Bodenwert von rund 9,23 Millionen Euro reduzierte sich durch die „objektspezifischen Grundstücksmerkmale“ auf rund 1,55 Millionen Euro. Mit diesem Mindestkaufpreis ging die Stadt ins Bieterverfahren, sie soll knapp zwei Millionen Euro erhalten haben.
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Die Suche nach Weltkriegsbomben wurde ebenfalls im Kaufvertrag geregelt und muss vom Eigentümer nach einem mit der Bezirksregierung ausgearbeiteten Konzept erfolgen. Der Bauherr muss nur dort nach Kampfmitteln suchen lassen, wo zur Gründung der Gebäude Betonpfähle in den Untergrund eingebracht werden müssen.
Die Sondierung wird aber allein schon deshalb schwierig, weil die städtische Duisburg Entwicklungsgesellschaft (IDE) das Gelände 2007/08 nicht mit dem vorgeschriebenen Kies-Sand-Gemisch verfüllte, sondern mit erzhaltigem Abfallmaterial aus der Steinkohlegewinnung. An den reinen Bergungskosten muss sich die Stadt laut Kaufvertrag mit 50 Prozent beteiligen – hier kommen also weitere Kosten auf die öffentliche Hand zu.
„Fertigstellung im Sommer 2031“ realistisch
An der Treppe sieht es zurzeit aber nicht danach aus, als würde dort bereits nach Blindgängern gesucht. Die Feuchtgebiete hinter der Stufenpromenade gleichen inzwischen einem Biotop. Zwischen mannshohen Sträuchern drehen Entenfamilien auf dem Wasser ihre Runden.
Ein weiteres Indiz dafür, dass es an der Eurogate-Treppe erneut Verzögerungen gibt, liefert eine Antwort der Stadt auf den Zeitplan. Die Verwaltung gehe „aktuell davon aus, dass die Fertigstellung im Sommer 2031 realistisch wäre“. Ursprünglich hatten sich die Investoren verpflichtet, die Bebauung bereits bis „spätestens 30.09.2030“ abzuschließen.
Es ist also leider möglich, dass die Duisburger Stufenpromenade Am Alten Holzhafen es in den kommenden Jahren erneut ins Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes schafft.
>> Das Millionengrab im Duisburger Innenhafen
- 2006 stellte Stararchitekt Norman Foster die Pläne für einen Büro- und Tagungskomplex vor. Obwohl sich kein Investor fand, ließen Oberbürgermeister Adolf Sauerland und die Stadt die Kurve passgenau für Fosters Eurogate ausbauen, um sich etwa 11,8 Millionen Euro Fördergelder – überwiegend des Landes NRW und der EU – nicht entgehen zu lassen.
- Der Eigenanteil der Stadt Duisburg belief sich bis zur Fertigstellung Ende 2008 auf circa drei Millionen Euro, erklärte die Pressestelle dem Bund der Steuerzahler.
- Auch danach jedoch hat die Stadt für den Erhalt der Treppe und zur Grundstückssicherung Geld in die Hand nehmen müssen: 2015 musste die ungenutzte Promenade für 500.000 Euro wetterfest gemacht werden. 2022 genehmigte der Rat für die „Herstellung eines befahrbaren Wartungsweges unterhalb der Treppenanlage“ 184.000 Euro.
- Allein das gescheiterte Projekt „The Curve“ hat die Stadt nach eigenen Angaben 12,3 Millionen Euro gekostet. Ein Großteil davon waren Ausgleichszahlungen an den Investor „Die Developer“, der nach gescheiterten Verhandlungen um die Kosten für die Kampfmittel-Sondierung 2020 ausgestiegen war.
- Unter „Folgekosten“ des Millionengrabs läuft die Stabilisierung der an die Baugrube grenzenden Schifferstraße: Allein für dringende Straßenbauarbeiten wurden 2020 1,8 Millionen bewilligt. Die Straße ist seit Jahren für Lkw gesperrt.