Duisburg. Die Zerstörung durch das Feuer bei Grillo in Duisburg ist immens. Wie das Unternehmen schnell wieder produzieren will. Und was noch lange dauert.

Arbeiter dürfen nur komplett vermummt in die Reste der ausgebrannten Halle, es stinkt auch fast zwölf Wochen nach dem Großbrand in den Duisburger Grillowerken und mit Sicherheitsabstand noch nach Ruß. Das Ausmaß der Zerstörung wird jetzt ersichtlich, aber die Löschwasserlachen sind Putzwasserpfützen gewichen und in allen Ecken wird gewerkelt.

Es sieht nicht danach aus, aber Ende Januar, Anfang Februar sollen in Marxloh zwei der drei Produktionslinien wieder in Betrieb gehen: eine Recycling-Anlage und die Schwefeldioxid-Produktion. Für die dritte Linie, die Zinksulfat-Produktion, bestehe allerdings „keine Chance, sie kurzfristig ans Laufen zu kriegen“, bedauert Dr. Tilo Horstmann, Geschäftsbereichsleiter der Grillo Chemicals GmbH.

Zweieinhalb Jahre werde es voraussichtlich noch dauern, sie wieder in Betrieb nehmen zu können. Solange werden die Kunden ihren Bedarf mit Importen aus China abdecken. Dass Grillo dann nicht mehr ins Geschäft kommt, fürchtet der Geschäftsführer nicht, „man kann sich über den Preis wieder einkaufen“.

Nach Großbrand bei Grillo: So groß ist das Ausmaß der Zerstörung

Grillo - das Werksgelände nach dem Großbrand
Von der Recyclinganlage und der Zinksulfatanlage ist nach dem Großbrand nicht mehr viel zu retten. Das zerstörte Dach ist inzwischen abgetragen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Der Blick in die ausgebrannten Produktionsstätten ist bedrückend, verkohltes Holz liegt noch auf Teilen der Stahl-Kolosse, die verrußt und verrostet sind, von geschmolzenen Kabeln umgeben.

Mit mehreren Kränen haben Fachleute das einsturzgefährdete Dach der Halle abgetragen, mühsam und Stück für Stück zerlegten sie die Elemente aus einem frei schwingenden Korb heraus. Erst jetzt, mit freiem Blick in den Himmel, können auch die Grillo-Mitarbeiter ihre Arbeit aufnehmen. Wind und Regen erschwerten den Prozess in den letzten Wochen zusätzlich. Auf einem eigenen Waschplatz werden jetzt die Stahlteile gereinigt und verschrottet.

Die Drehrohröfen, riesige Stahlkorpusse der Recyclinganlage, sind völlig zerstört. Die Hitze des Feuers sorgte dafür, dass sie sich verzogen haben und einen Kolbenfresser erlitten, nur eben in XXL. Eine Herausforderung, auch für professionelle Abwrackunternehmen.

Grillo - das Werksgelände nach dem Großbrand
Die vom Feuer zerstörten Drehrohröfen sollen ersetzt werden, sagt Dr. Thilo Horstmann. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Wird die Halle jetzt abgerissen?

„Die Versicherer gehen von einem Totalschaden aus“, sagt Horstmann. Für das Unternehmen wäre ein Komplett-Abriss aber kontraproduktiv, denn für den Start der Produktion will Grillo Teile der riesigen Halle nutzen. Das Feuer wütete vor allem im mittleren Bereich.

In einem von der Feuerwehr geretteten Gebäudeteil steht unter Planen eine kraftvolle Turbine, die ein Megawatt pro Stunde produzieren kann. Sie neu zu bestellen, würde anderthalb Jahre dauern, sagt Horstmann. Schneller gehe es, sie einzuschicken und prüfen zu lassen.

Das ursprünglich als Groß-Investition und Erweiterung geplante Projekt Opal, dessen Einweihung kurz nach dem Brand geplant war, wird nun dafür sorgen, dass es am Standort überhaupt weitergehen kann mit der Produktion. Statt alter Backsteinwände bilden hier blaue Stahlträger das Gerüst für stehende Öfen, die sehr effizient seien.

Auf die zuvor benutzten liegenden Drehrohröfen könne Grillo aber nicht verzichten, sagt Horstmann. Diese seien vielseitiger einsetzbar. Im Gegensatz zur Opal-Anlage, die nicht wettergeschützt ist, werde es für diese Öfen auch wieder eine Überdachung geben. Wie viel dafür von der alten Großhalle genutzt werden kann, wird derzeit noch geprüft und geplant. Auch die Kostenschätzungen für die Verluste und die nötigen Maßnahmen laufen laut Grillo noch auf vielen Ebenen.

Gehälter werden aus Versicherungsgeldern bezahlt

„Von den Versicherungen sind bereits nicht unerhebliche Summen geflossen“, sagt Horstmann. Sie sorgen dafür, dass die Gehälter gezahlt werden können, die Sicherungs- und Abrissarbeiten laufen, parallel aber auch die Inbetriebnahme vorbereitet werden kann.

Für die 80 Mitarbeiter, die durch den Brand am stärksten betroffen sind, gebe es weiterhin zu tun: Ein Teil sei im „Warmhaltebetrieb“ aktiv und überwache die noch bestehenden Anlagen. Andere werden vorübergehend im Metallwerk, an der Pforte oder als Schlosser eingesetzt.

Was die laufenden Kosten und die Gehälter betrifft, sei das Werk für die nächsten zwei Jahre „komplett abgesichert“, beruhigt Horstmann. Das gelte auch für die „Betriebsunterbrechung“, also die Einnahmenverluste durch den Produktionsausfall. Weil zwei der drei Linien wieder in Betrieb gehen, wird es „für den Großteil der Leute keine Risiken geben, ich bin nicht pessimistisch“.

Grillo - das Werksgelände nach dem Großbrand
Nur mit kompletter Schutzbekleidung können die Mitarbeiter einer Fachfirma die Brandschäden im Grillowerk beseitigen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Braucht Grillo eine Werkfeuerwehr? Überlegungen zu künftigen Sicherheitsstandards

Der Brand mache es nun auch möglich, neue Sicherheitsstandards einzuführen. Das alte Hallendach war aus Holz, ein neues werde aus einer Metallkonstruktion mit nicht flammbarem Material bestehen, um das Risiko kleinzuhalten, betont Horstmann. Passiver Brandschutz werde bei der Neukonzeption eine große Rolle spielen.

Die Grillowehr konnte bei dem Großbrand im September nichts ausrichten, weil der Sturm wie ein Brandbeschleuniger wirkte und es zudem kein Löschfahrzeug auf dem Gelände gibt. Einen Steinwurf vom Brandort entfernt, hinter einem roten Tor mit der Aufschrift Feuerwehr, steht ein Sprinter in Signalrot, Schläuche hängen an der Wand.

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Im Werk gibt es keine hauptamtlichen Kräfte, die 24/7 parat stehen, sondern geschulte Mitarbeiter, die im Notfall anpacken könnten. Ob Grillo als Störfallbetrieb eine eigene Werkfeuerwehr aufbauen wird, sei Teil der Überlegungen, sagt der Geschäftsbereichsleiter, wissend, dass es wegen der Kosten und der fehlenden Fachkräfte eine Herausforderung werden würde.

Der Ventilator, von dem das Feuer damals ausging, sei zwar korrekt gewartet worden und von nicht brennbaren Produkten umgeben. Künftig würde er dort aber eine dauerhafte Temperaturüberwachung andocken.

Die Lernkurve in diesen Tagen und Wochen ist steil, sagt der Chemie-Ingenieur, für so ein Schadensereignis dieser Größenordnung sei niemand vorbereitet. Horstmann, der in den Tagen nach dem Brand sichtlich erschüttert war, kann inzwischen wieder lachen und positive Seiten entdecken. So ist er „heilfroh, dass es weder damals noch jetzt bei den Aufräumarbeiten bislang Verletzte gab“. Und: „Es ist eine Chance, den Standort moderner zu gestalten, das hätten wir in der Größenordnung sonst vermutlich nicht gemacht.“

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