Duisburg. Immer mehr Duisburger stecken in der Schuldenfalle. Einige Stadtteile fallen als extreme Brennpunkte auf. Zu Stadtteil-Ranking und Übersichtskarte.
Es ist eine dieser Ranglisten, die das Ausmaß sozialer Probleme drastisch verdeutlicht: Die Stadt Duisburg führt das „Überschuldungsranking“ der deutschen Städte mit über 400.000 Einwohnern weiterhin unangefochten an. In der Stadt mit dem großen Wohlstandsgefälle sind fast 65.000 Menschen überschuldet – mehr als in jeder anderen Ruhrgebietsstadt. In den Duisburger Stadtteilen liegen zudem die extremsten Schuldnerbrennpunkte des Reviers. Das geht aus dem Schuldneratlas 2024 hervor, den die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Dienstag veröffentlicht hat.
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Die Schuldnerquote, also der Anteil überschuldeter Erwachsener an der Gesamtbevölkerung, ist in Duisburg zwar leicht gesunken, von 15,89 Prozent im Vorjahr auf 15,77 Prozent. Dies ist jedoch laut Creditreform in erster Linie auf den Anstieg der Einwohnerzahl zurückzuführen. In die Berechnung seien fast 4000 über 18-jährige Duisburger mehr eingegangen als 2023. So ist die absolute Zahl der überschuldeten Duisburger gestiegen: von 64.796 auf 64.911. Sogar die Revier-Städte mit deutlich mehr Einwohnern haben weniger überschuldete Bürger: 59.682 in Essen, 58.617 in Dortmund.
Schuldenatlas 2024: Diese Duisburger Stadtteile sind Schuldenbrennpunkte
Unter den Kommunen im Ruhrgebiet haben die höchsten Schuldnerquoten Gelsenkirchen (16,48 %), Herne (15,84 %) und Duisburg (15,77 %). Den niedrigsten Anteil an überschuldeten Erwachsenen hat Creditreform für Bottrop (9,29 %), den Kreis Unna (9,53 %) und Ennepe-Ruhr-Kreis (9,74 %) errechnet. Zwar ist die Schuldnerquote in zwei Dritteln der Revierkommunen gesunken, die Region bleibt aber eines der bundesweiten Sorgenkinder. Im Ruhrgebiet liegt die Schuldnerquote mit 12,43 Prozent (2023: 12,52 %) deutlich über den Durchschnittswerten von Nordrhein-Westfalen (2024: 9,58 %; 2023: 9,72 %) und Deutschland (2024: 8,90 %; 2023: 8,15 %; siehe Infobox).
Creditreform hat für Duisburg die 25 Postleitzahlenbereiche einzeln analysiert. In einem Fünftel liegt die Schuldnerquote über 24 Prozent. In der Liste der zehn stärksten Schuldnerbrennpunkte („Worst of Ruhrgebiet“) mit den anteilig meisten überschuldeten Bewohnern sind diese allesamt vertreten:
- 47053 Duisburg (26,65 %) mit Altstadt, Dellviertel, Hochfeld und Wanheimerort
- 44145 Dortmund (25,47 %)
- 47139 Duisburg (25,4 %) mit Beeck und Beeckerwerth
- 47119 Duisburg (24,4 %) mit Laar und Ruhrort
- 47169 Duisburg (24,34 %) mit Aldenrade, Fahrn, Marxloh, Röttgersbach, Wehofen
- 47137 Duisburg (24,33 %) mit Mittelmeiderich, Obermeiderich, Untermeiderich
- 45143 Essen (23,81 %)
- 45581 Gelsenkirchen (23,14 %)
- 45139 Essen (23,09 %)
- 45879 Gelsenkirchen (21,89 %)
Im Süden und Westen vergleichsweise wenige Überschuldete
In die Top 10 der Ruhrgebietsliste mit den anteilig wenigsten überschuldeten Personen schafft es kein Duisburger Postleitzahlengebiet. Auf Rang 12 ordnet Creditreform den linksrheinischen PLZ-Bezirk 47199 mit den Stadtteilen Baerl und Hochheide (5,23 %) ein, auf Rang 14 den Süd-Bezirk 47269 mit Großenbaum und Rahm (5,32 %).
Anteilig besonders wenige überschuldete Duisburger leben außerdem in den PLZ-Bezirken 47239 (6,28 %; Rumeln-Kaldenhausen), 47279 (7,68 %; Bissingheim, Buchholz, Wedau) und 47259 (7,83 %; Huckingen, Hüttenheim, Mündelheim, Ungelsheim, Wanheim-Angerhausen).
In 18 der 25 Duisburger PLZ-Bezirke sank die Schuldnerquote im Jahresvergleich. Einen Höhepunkt hatte die Überschuldung privater Haushalte in Duisburg im ersten Corona-Jahr 2020 erreicht. Damals gab Creditreform die Quote mit 17,53 an. Die Wirtschaftsauskunftei hat ihre Methodik zur Berechnung allerdings 2023 umgestellt. Die aktuellen Zahlen sind also nicht 1:1 mit den Daten vor 2023 zu vergleichen. Für den „Schuldneratlas“ wertet Creditreform anonymisierte Daten aus amtlichen Registern, von Online-Händlern und anderen Quellen aus.
Wann ist eine Person überschuldet?
Wer zum Beispiel einen Kredit für ein Auto aufnimmt oder Ware online ohne Vorauszahlung bestellt, wird zum Schuldner. Überschuldet ist eine Person erst, wenn sie die Summe ihrer fälligen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen kann und sie zur Deckung ihres Lebensunterhalts weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten hat.
Warum sind Menschen überschuldet?
Erkrankungen, Sucht und Unfälle sind 2024 laut Statistischem Bundesamt die häufigsten Auslöser für Überschuldung (18,4 %) und lösen die Arbeitslosigkeit (18,1 %) als Hauptgrund ab. Am stärksten nehme das „längerfristige Niedrigeinkommen“ (10,9 %) als Ursache zu: Die Menschen kommen trotz ihrer Jobs nicht mehr über die Runden. Immer häufiger führe zudem eine „unwirtschaftliche Haushaltsführung“, auch bekannt als „irrationales Konsumverhalten“ (14,9 %), in die Schuldenfalle. Häufige Auslöser sind auch Trennung/Tod/Scheidung (11,9 %) und gescheiterte Selbständigkeit (8,1 %).
>> Häufigste Auslöser von Überschuldung
- Nach dem ebenfalls am Dienstag veröffentlichten Schuldenatlas Deutschland sind bundesweit rund 5,56 Millionen Menschen überschuldet. Die Überschuldungsquote ist etwas gesunken und liegt mit 8,09 Prozent im vierten Jahr in Folge deutlich unter der Neun-Prozent-Marke. Das führt Creditreform vor allem auf „Kriegsangst“ und „Angstsparen“ zurück.
- Die zehn Städte mit über 400.000 Einwohnern mit der höchsten Überschuldungsquote: 1. Duisburg (15,77 %), 2. Essen (12,61), 3. Dortmund (11,85), 4. Bremen (10,54), 5. Berlin (10,16), 6. Leipzig (9,86), 7. Köln (9,71), 8. Nürnberg (9,56), 9. Düsseldorf (9,4), 10. Frankfurt (9,18).
- Die zehn Städte mit der höchsten Überschuldungsquote: 1. Bremerhaven (18,12 %), 2. Pirmasens (16,98), 3. Gelsenkirchen (16,48), 4. Herne (15,84), 5. Neumünster (15,78), 6. Duisburg (15,77), 7. Hagen (15,45), 8. Halle (Saale) (14,8), 9. Wilhelmshaven (14,38), 10. Ludwigshafen am Rhein (14,35).
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