Duisburg. Wieso nahm Chef Bernd Wortmeyer so plötzlich Abschied von der Duisburger Gebag? Ganz freiwillig war das Aus wohl doch nicht. Die Hintergründe.
Am 9. Oktober verkündete die Stadt Duisburg den überraschenden Abschied von Gebag-Chef Bernd Wortmeyer (wir berichteten). Die knappe Formulierung, der Vorstandsprecher der städtischen Baugesellschaft habe „den Aufsichtsrat aus persönlichen Gründen um die Auflösung seines Vertrages gebeten“, gibt Raum für Spekulationen. Die gibt es nun reichlich, vor allem auf den Fluren der Gebag-Zentrale an der Tiergartenstraße.
Die Chronik des Abgangs beginnt am 19. September. Ein internes Oktoberfest, zu dem sich die Belegschaft traf, sollte für die allermeisten Mitarbeitenden das letzte Mal sein, dass sie ihren Chef im Amt erlebten. Der trat danach in seiner Funktion nicht mehr in Erscheinung. Weder bei der Vorstellung des Immobilienmarkt-Berichts am 30. September, noch bei der Expo-Real in München vom 2. bis 4. Oktober – zwei Pflichttermine für den Gebag-Chef.
Duisburger Gebag: Alle Beteiligten schweigen zur Causa Wortmeyer
Ob Wortmeyer bereits durch den Oberbürgermeister beurlaubt wurde, bevor er drei Wochen später selbst seine Demission einreichte, ist nicht gesichert. Denn seither ziehen alle Beteiligten über die Causa den Deckmantel des Schweigens. Und es ist wie so oft in solchen Fällen: Wer etwas weiß, sagt nichts, und wer redet, weiß nichts.
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Auffällig ist: In seiner dürren Kommunikation dankt OB Sören Link zwar „für die wertvolle Arbeit in den vergangenen Jahren“, findet aber kein Wort des Bedauerns über das jähe Ausscheiden von Wortmeyer, dessen Vertrag der Rat unlängst noch für weitere fünf Jahre (ab 1.1.2025) verlängert hatte.
In der wirtschaftlichen Lage der Stadttochter gibt es keine erkennbaren Gründe für einen Stimmungswandel des Oberbürgermeisters. Noch im Juni hatte Link bei der Bilanz-Vorstellung (Jahresgewinn: 1,9 Millionen Euro) die Gebag als „Fels in der Brandung“ gelobt: „Ich bin froh, sie in dieser Situation an der Seite der Stadt zu haben.“
Gebag-Sprecherin: „Die Gründe sind privat“
Das nährt die Vermutung, die Demission sei „aus Gründen“ erfolgt. Und nicht, weil Wortmeyer sich etwa beruflich verändern möchte oder plötzlich eine Auszeit wünschte. Unsere Redaktion hat die Stadt nach den Ursachen für die jähe Trennung gefragt. „Ich bitte um Verständnis, dass wir Personalangelegenheiten grundsätzlich nicht kommentieren“, lautet die Antwort von Stadtsprecherin Anja Kopka auf einen Katalog von sieben Fragen. Auch Bernd Wortmeyer selbst äußert sich bisher auf eine Anfrage nicht. „Die Gründe sind privat“, ließ er über Gebag-Sprecherin Gerhild Gössing bereits am 9. Oktober verlauten.
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Kurz zuvor endete an diesem Tag eine bemerkenswerte Sitzung des Aufsichtsrates der Gebag. Weder Bernd Wortmeyer selbst noch der OB oder ein anderes Mitglied des Verwaltungsvorstandes waren zugegen, um den Aufsehern die Trennung zu erklären. „Das Treffen hat gerade mal fünf Minuten gedauert“, berichten mehrere Teilnehmer unabhängig voneinander.
Bemerkenswerter Verlauf der Aufsichtsratssitzung
Bruno Sagurna, der SPD-Fraktionschef, habe als Vorsitzender des Gremiums lediglich Wortmeyers Bitte um Vertragsaufhebung vorgetragen und Nachfragen der völlig überraschten Aufseher nicht beantwortet. Vergeblich hätten sich die Blicke auf Michael Streck gerichtet. Doch auch der Betriebsratsvorsitzende der Gebag, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, habe zu den Vorgängen nichts gesagt. Auch eine Bitte der Redaktion um Stellungnahme lehnt Streck ab.
Die Haltung des obersten Belegschaftsvertreters sorgt längst auch auf den Gebag-Fluren für Befremden. Dort brodelt seit dem 9. Oktober die Gerüchteküche. Verschiedene Beschäftigte berichten unabhängig voneinander: Bereits dreimal haben Geschäftsführung und Betriebsrat abwechselnd per Intranet die Belegschaft darauf hingewiesen, sich nicht an Spekulationen zu beteiligen und außerhalb des Hauses keine Gerüchte zu verbreiten.
Auf den Gebag-Fluren brodelt die Gerüchteküche
Wenig erstaunlich, dass diese „Krisenkommunikation“ den Flurfunk erst recht auf Touren bringt und die Mutmaßungen über die Gründe für den Abgang von Bernd Wortmeyer befeuern. Längst berichten Mitarbeitende, gebe es zwei Lager: Eines, das den langjährigen Vorstandschef verteidigt, und ein zweites, das aus seinem abrupten Abschied ein Schuldeingeständnis liest.
Das passt zur wohl wahrscheinlichsten Lesart der jähen Scheidung: Aus Sicht der Stadtspitze ist der Grund gravierend genug, um die Vorstandstätigkeit zu beenden, aber zweitens nicht ausreichend belegbar, als dass auch Bernd Wortmeyer eine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung mit einem für beide Seiten ungewissem Ausgang riskieren würde. Das legt die Verständigung auf einen „gesichtswahrenden“ Abgang nahe.
Stadt verliert die zweite Führungsperson binnen eines Monats
Auffällig ist: Mit ihrem Führungspersonal hat die Stadt gerade wenig Glück. Kein Monat ist seit der Beurlaubung von Feuerwehrchef Oliver Tittmann vergangen.
Schon werden Parallelen zwischen beiden Trennungen gezogen. Ob es denn gerecht sei, fragt sich mancher, dass der Feuerwehrchef nun gravierende Konsequenzen fürchten muss, während dem Gebag-Chef ein stiller Abgang mit Abfindung ermöglicht werde. Festzustellen ist dazu: Eine Strafanzeige gegen Bernd Wortmeyer gibt es bisher nicht. Und das Leben ist selten zu allen gleichermaßen gerecht.