Duisburg. In einer Duisburger Wohnung hausen Tauben zwischen Müll und Ungeziefer, Nachbarn und Tierschützer sind schockiert. Wieder fällt ein Hochhaus auf.
Alte Möbel und Mülltüten stapeln sich bis zur Decke, sind überzogen von einer dicken Schicht Kot, Spinnen und Insekten machen es sich gemütlich und mittendrin leben und sterben jede Menge Tauben: Die Zustände in einer Duisburger Wohnung schockieren selbst Nachbarn, die wissen, wie es hinter der Wohnungstür aussieht.
Dazu gehört Manuela Spitzwieser, die seit 2013 auf derselben Etage direkt gegenüber wohnt. Sie hat schon mehrfach in die chaotische Wohnung geblickt, wenn die Tür offen stand, zuletzt vor zwei Jahren. Ihre erschreckende Beobachtung: „Seitdem ich hier wohne, ist die Bude voll mit Müll, Möbeln und Tauben.“
Ekel-Wohnung: Nachbarin ruft das Gesundheitsamt, doch nichts passiert
Schauplatz des Ekels ist das Hochhaus an der Ottostraße 58 bis 64 in Duisburg-Hochheide – der Weiße Riese, der seit Ende April nicht mehr von der DHL mit Paketen beliefert wird, weil sich Zusteller bedroht fühlen. Im Gebäude stehen einige Wohnungen leer. Dazu gehört wohl auch die gegenüber von Spitzwieser, in der viel Leben anzutreffen ist, nur eben kein menschliches.
Bereits Anfang August sprach Manuela Spitzwieser die Zustände in ihrer Nachbar-Wohnung an, als unsere Redaktion einen seltenen Einblick in das gemütliche Zuhause der 53-Jährigen erhielt. „Der Gestank zieht durch die Lüftungsschächte, jedes WC auf der Etage stinkt“, sagte sie. Damals waren die Türschlitze mit schwarzem Klebeband abgeklebt.
Weil die Hausverwaltung ihrer Schilderung nach untätig blieb, beschwerte sich Spitzwieser beim Gesundheitsamt – das sei nun gut einen Monat her. Anfang August sagte sie noch optimistisch, die Behörde werde die Wohnung nun bestimmt räumen lassen, falls der Eigentümer nicht selbst reagiert. Doch zumindest bisher ist das nicht passiert.
Taubenhilfe findet 200 Tiere: „Sowas in 15 Jahren noch nie gesehen“
Am Dienstag, 27. August, habe dann plötzlich einer der Hausmeister die Räume betreten. „Er wollte die Fenster schließen und die erwachsenen Tauben rauschmeißen“, behauptet die 53-Jährige. Doch weil sie ein Herz für Tiere hat und selbst Tauben auf ihrem Balkon pflegt, sorgte sie sich um die vielen Küken, die sie in der Wohnung vermutete. Also rief sie die Taubenhilfe Moers an.
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Als Tina Wießner von der Taubenhilfe eintraf, habe sie der Schock getroffen: „Der Kot stand 30 Zentimeter hoch, überall lagen tote Küken, es war der reinste Horror.“ Um die 200 Tauben hätten in den Räumen gelebt. „Sowas habe ich in den 15 Jahren, in denen ich mich für Tauben einsetze, noch nie gesehen.“
Die Taubenschützer hätten 50 jüngere Tiere herausgeholt und an mehrere Vereine in der Umgebung verteilt. Die erwachsenen Vögel seien aus den Fenstern verscheucht worden. „Mir tun die anderen Bewohner auf der Etage leid, weil die Tiere jetzt versuchen, bei denen reinzufliegen.“
Wohnung ist voll mit Müll und toten Küken
Um alle Fenster zu öffnen, mussten die Helfer aber zuerst ganze Müllberge beiseiteräumen, schildert Wießner: „Alles war voll mit Sperrmüll, alten Möbeln, Säcken voller Kleidung, Spielsachen und Hausmüll. Ein Raum war vollgestellt bis zur Decke.“
Die größte Katastrophe: „Viele Tauben sind elendig verreckt, weil sie in Ecken festhingen oder unter Möbeln und in der Spülmaschine eingeklemmt waren.“ Die Helfer hätten alle toten Tiere in einem Mörtelkasten gesammelt, der in der Wohnung stand. „Der Kasten war nachher voll.“
Neben den Tauben sei Wießner noch anderen ungebetenen Gästen begegnet. „Da war Ungeziefer ohne Ende, auf dem Boden ist alles rumgekreucht.“ Auch allerhand Spinnen habe sie gesehen. „Kakerlaken gehen in solche Wohnungen schon gar nicht mehr rein, weil es selbst denen zu dreckig ist.“
Zudem habe es extrem gestunken: „Normalerweise riecht Taubenkot nicht, aber zusammen mit der Feuchtigkeit, dem Ungeziefer und den toten Tieren stinkt es aus der Wohnung natürlich.“
Wie lange hausen Tauben schon in der unbewohnten Wohnung?
Genau wie Manuela Spitzwieser vermutet auch Tina Wießner, dass schon seit zehn Jahren oder noch länger Tauben in der Wohnung hausen. „Teilweise war Kot unter Schränken, die mal zusammengebrochen sind. Die Tiere können da also nicht erst seit ein paar Wochen leben.“
Nachbarin Spitzwieser erzählt, dass der Eigentümer die Wohnung in den 1990ern gekauft, mal renoviert, aber nie darin gewohnt habe. Woher der ganze Müll und die Möbel kommen, ist unklar. Die 53-Jährige vermutet, die Hausmeister oder andere Eigentümer hätten den Unrat dort abgeladen, „weil sie ja wissen, dass eh niemand nach der Wohnung schaut“.
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Für Spitzwieser ist längst klar, dass nur noch das Gesundheitsamt in der Sache helfen könne. Auch Tina Wießner von der Taubenhilfe findet, dass die Behörde eingreifen muss: „Normalerweise verursachen Tauben keine Krankheiten. Aber der ganze Taubenkot kann die Atemwege angreifen.“ Außerdem seien das Ungeziefer und der Gestank für die Nachbarn nicht zumutbar.
Gestank und Ungeziefer: Gesundheitsamt sei nicht zuständig
Für die Bewohner gibt es jedoch wenig Hoffnung, dass sich das Amt tatsächlich um das Problem kümmert. Es habe zwar eine Beschwerde über die Wohnung erhalten und den Fall geprüft, sei jedoch dort nicht zuständig, teilt die Stadt gegenüber der Redaktion mit.
Stadtsprecher Maximilian Böttner erklärt die Entscheidung: „Das Gesundheitsamt kann nur unter bestimmten Umständen eingreifen: Wenn anzunehmen ist, dass Tatsachen vorliegen, die das Auftreten und die Verbreitung von Infektionskrankheiten konkret befürchten lassen.“
Die Vermüllung von Räumen und dessen Folgen wie Gestank, Ungezieferbefall und verdorbene Lebensmittel seien hingegen „für sich noch keine konkreten Gründe für ein infektionsrechtlich begründbares behördliches Einschreiten“. Grundlage für die Beurteilung sei Paragraf 16 des Infektionsschutzgesetzes.
Taubenhilfe bietet an, Wohnungen zu säubern und Eier zu tauschen
Wie geht es jetzt weiter mit der Wohnung im Weißen Riesen? Taubenschützerin Tina Wießner bietet an, dieses Objekt und alle anderen leerstehenden Wohnungen mit ihren Helfern jede Woche abzugehen, um Tiere freizulassen, Eier gegen Attrappen auszutauschen und den Kot zu beseitigen. „Das habe ich der Hausverwaltung schon vor Jahren angeboten, aber da war nichts zu machen.“
Sie wolle nun noch einmal mit den Hausmeistern reden. Langfristig könne aber nur ein Taubenschlag vor dem Gebäude helfen, die Population zu verringern und vor allem die Tiere von den Wohnungen fernzuhalten. Wießner appelliert: „Es muss dringend eine Lösung her.“
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>> Ekel-Wohnung im Weißen Riesen: Das sagt die Hausverwaltung
- Die Grafschafter Immobilien Management GmbH aus Moers ist an der Ottostraße 58 bis 64 als Hausverwaltung tätig. Sie bestätigt gegenüber der Redaktion, dass der Hausmeister die Wohnung am Dienstag betreten hat, weil ein offenes Fenster gemeldet worden sei.
- „Hierbei wurden auch Tauben in der Wohnung vorgefunden. Der hinzugezogene Taubenschutz hat diese eingesammelt oder fachgerecht vergrämt“, erklärt ein Sprecher. Das Objekt werde nun „durch ein Fachunternehmen gereinigt“.
- Wie viele Wohnungen im Riesen unbewohnt sind, könne das Unternehmen nicht benennen: „Mieternamen oder Leerstände werden uns für gewöhnlich nicht gemeldet.“
- Es könne auch nicht sagen, wie viele Wohnungen zu Lasten der anderen Bewohner verdreckt sind, „da eine solche Problematik das Sondereigentum und somit den entsprechenden Eigentümer betrifft“.
- Insgesamt gibt es 320 Wohnungen auf 20 Stockwerken an der Ottostraße 58 bis 64. Nach Angaben der Stadt sind dort 1406 Personen gemeldet.