Duisburg. Der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen ist hoch wie nie. Und trotzdem melden Tageseltern freie Plätze. Zu den Ursachen eines System-Konflikts.

Während die Kitas in Duisburg ächzen, weil sie weder genug Platz noch Personal haben, um alle Kinder unterzubringen, entsteht an anderer Stelle ganz ungewollt eine Lücke: Kindertagespflegestellen bieten in den sozialen Netzwerken freie Plätze ohne Ende an. Zwei in Buchholz, einer in Homberg, einer in Meiderich, einer in Serm und das sind nur die Angebote binnen zwei Tagen. Die Gruppen auf Facebook sind seit wenigen Wochen voll damit. Was ist denn da los?

Insgesamt gibt es aktuell 432 Tagespflegekräfte, ab August sind es voraussichtlich nur noch 344 (wir berichteten). 120 dieser Tagespflegestellen sind im Netzwerk Duisburger Kindertagespflegepersonen (NDK), 46 von ihnen melden derzeit Lücken in der Belegung, sagt deren Sprecherin Carla Schulthoff. Immer häufiger würde für Kinder zwischen dem ersten und zweiten Geburtstag der Vertrag gekündigt, um in eine Kita wechseln zu können. Viele Eltern würden aus der Sorge heraus agieren, dass sie später keinen Platz mehr in einer Kita bekommen.

Werben Kitas Kinder aus der Tagespflege ab?

Das bestätigt auch Danielle Gründel. Die Mutter von zwei Kindern hat aktuell ein Kind in einer Kita und eins bei einer Tagesmutter. Jetzt wurde sie allerdings von der Kita angerufen, dass sie handeln müsse, wenn beide Kinder in die gleiche Einrichtung gehen sollen. Denn nur ab August gebe es auch für das jüngere Kind einen Platz. Sollte es erst im nächsten Jahr angemeldet werden, sei kein Platz frei. Gründel sagt, dass ihr ein U3-Platz angeboten wurde, 2025 gebe es keinen freien Ü3-Platz.

Für Jugendamtsleiter Paul Bischof ist das eine „ungewohnte Situation“. Er sei selbst „völlig überrascht, dass so viele Plätze bei Tageseltern frei sind“. Kernproblem sei der Übergang, weil in den U3-Angeboten der Tagespflegen kein Anschlussvertrag möglich sei. Er versteht die Eltern, die sich für einen Kitaplatz entscheiden, aber „ich kann es nicht gutheißen, wenn Kinder abgeworben werden“.

Auch interessant

Rat der Stadt will Tagespflegeeltern besser bezahlen

In der letzten Ratssitzung wurde ein Drei-Millionen-Paket geschnürt, mit dem die Tagespflege finanziell besser aufgestellt werden soll. Denn es handele sich um ein sehr qualifiziertes Angebot, so Bischof. Zudem eines, das der Stadt hilft, ihren Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz zu erfüllen. Zum kommenden Kindergartenjahr hören 88 Tagespflegestellen auf. Mit einer neuen Satzung und höheren Leistungen soll der Job attraktiv bleiben.

Dezernent Paul Bischof bedauert, dass Kinder aus Tagespflegeeinrichtungen von Kitas abgeworben werden.
Dezernent Paul Bischof bedauert, dass Kinder aus Tagespflegeeinrichtungen von Kitas abgeworben werden. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Über eine höhere Kindspauschale freuen sich die Tageseltern natürlich. Kritik übt Schulthoff vom NDK vor allem am digitalen Kita-Anmeldeportal der Stadt. Auf der erst im Herbst runderneuerten Webseite Kita-Place gebe es keinen klugen Weg, der zur Alternative Tagespflege führe.

Es sei auch schwierig, ein gewünschtes Eintrittsjahr für den Kindergarten anzugeben, wenn man sein Kind in den ersten Lebensjahren in einer kleineren Gruppe betreuen lassen wolle. Eine neue Entwicklung sei außerdem, dass immer mehr Eltern nach einem Betreuungsplatz für ihr über drei Jahre altes Kind in der Tagespflege suchen.

Auch interessant

Thema für den Jugendhilfeausschuss

Christian Pollmann vom Jugendamtselternbeirat, bei dessen Podiumsdiskussion zur Notsituation in Kitas das Problem thematisiert wurde, bedauert diese Entwicklung. Das Problem bei Kita-Place sei der Stadt aber bekannt. Er sagt, es dürfe „kein Konkurrenzkampf zwischen den Systemen geschürt werden“. Für den nächsten Jugendhilfeausschuss empfiehlt Dr. Sebastian Ritter (Grüne), über die Schnittstelle zwischen Tagespflege und Kita zu diskutieren.

Auch interessant

Auch interessant