Duisburg. Vor allem die Energiekrise stellt immer mehr Duisburger vor existenzielle Probleme. Die Verbraucherzentrale legt jetzt alarmierende Zahlen vor.

Immer mehr Duisburger haben Existenzangst. Vor allem die Energiekrise hat viele Menschen in die finanzielle Bredouille gebracht – und zwar durch alle Bevölkerungsschichten. Dies betont Paulina Wleklinski, Leiterin der Verbraucherzentrale in Duisburg, bei der Vorstellung der Themen, die die Beratungsstelle 2023 besonders beschäftigt hat. Die Zahlen, die Wleklinkski dazu liefert, sind alarmierend.

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So habe sich die Zahl der Rechtsberatungen zu sogenannten Existenzsicherungen innerhalb eines Jahres fast verdoppelt – von 88 (2022) auf 159 (2023). Und der rasante Anstieg geht weiter. Bis Mai 2024 verzeichnet die Verbraucherzentrale bereits 134 entsprechende Beratungen. Dabei geht es zum Beispiel um drohende Energiesperren, um die sich Beraterin Claudia Bracht sofort kümmert.

Alarmierende Zahlen: Immer mehr Duisburger haben Existenzangst

Von den insgesamt 7323 Anfragen entfielen im Jahr 2023 allein 29 Prozent auf den Bereich Energie. Zwar sanken im Jahresverlauf die Preise für Strom, Erdgas und Heizöl wieder. Doch die wechselnden Regelungen zu den Energiehilfen mussten demnach häufig individuell erklärt werden, damit die Bürger davon profitieren konnten. „Zudem waren viele Menschen mit hohen Nachzahlungen konfrontiert“, sagt Wleklinski.

 Paulina Wleklinski ist Leiterin der Verbraucherzentrale in Duisburg.
 Paulina Wleklinski ist Leiterin der Verbraucherzentrale in Duisburg. © Verbraucherzentrale NRW

Ärger gab‘s im vergangenen Jahr außerdem über fehlende Abschlagszahlungen und sehr späte Abrechnungen – nicht nur bei den Stadtwerken Duisburg, sondern auch bei anderen Versorgern, betont Claudia Bracht. „Stadtwerke-Kunden haben allerdings immer wieder die schlechte Kommunikation bemängelt.“

Verbraucherzentrale: Dubiose Werbebriefe von 1N Telecom

Darüber hinaus gab es drei Top-Themen, die die Beratungsstelle 2023 gefordert hat. So habe es über Monate mehrere Anfragen pro Woche zu dubiosen Werbebriefen des Düsseldorfer Telekommunikationsanbieters 1N Telecom gegeben. „Man musste den Eindruck gewinnen, dass aufgrund der Namensähnlichkeit ganz bewusst Kunden der Deutschen Telekom, vor allem ältere, angeschrieben wurden“, berichtet Berater Harald Rahlke. In der Annahme, dass es sich um ein Telekom-Schreiben handelt, hatten viele einem Wechsel zu einem vermeintlich günstigeren Tarif zugestimmt. Dabei waren sie plötzlich Kunden der 1N Telecom.

„Die Deutsche Telekom hat daraufhin einige Wechsel eigenmächtig wieder rückgängig gemacht“, erzählt Rahlke. „Dabei war oftmals allerdings schon die Widerrufsfrist abgelaufen und die betroffenen Kunden wurden mit hohen Schadenersatzforderungen konfrontiert. Ich habe dazu schon gerichtliche Mahnbescheide gesehen. Es ist teilweise immer noch offen, wie die Verfahren ausgehen. Noch heute melden sich dazu Telekom-Kunden bei uns, die wir über Widerrufsmöglichkeiten und Zahlungspflichten informieren.“

Nach einer Abmahnung durch die Verbraucherzentrale sei 1N Telecom aktuell wieder in eine unseriöse, bundesweite Vertriebsmasche verwickelt. Mit einem gefälschten Online-Gewinnspiel von Aldi locke das Unternehmen Zoo Loo Verbraucher in einen DSL-Vertrag mit dem Düsseldorfer Unternehmen. Davor wird ausdrücklich gewarnt.

Ärger über Fitnessstudios

Im Freizeitbereich seien 2023 erneut Verträge mit mehreren Duisburger Fitnessstudios in den Fokus der Duisburger Beratungsstelle geraten. Dabei ging es um teils deutliche Preiserhöhungen für Mitgliedschaften aufgrund gestiegener (Betriebs-)Kosten und unwirksame Vertragsverlängerungen, die mit den Schließungen während der Corona-Pandemie begründet worden seien.

Viele zum Teil verzweifelte Beschwerden erreichten die Verbraucherzentrale zudem von Kunden der Postbank beziehungsweise DSL Bank online. Nach Problemen infolge einer IT-Umstellung hatten die Kunden unter anderem keinen Zugriff mehr auf ihre Girokonten. „Da konnten Menschen ihre Miete nicht mehr bezahlen und haben sich verschuldet“, erzählt Paulina Wleklinski. „Wir haben den Betroffenen mit Formulierungen geholfen, um sich zu wehren. Das hat häufig direkt etwas gebracht.“

„Schadensbegrenzung ist oft das Gebot der Stunde. Aber ganz wichtig ist uns auch die präventive Arbeit.““

Paulina Wleklinski, Leiterin der Verbraucherzentrale in Duisburg.

Wenn die Rückerstattung des Kaufpreises bei Retouren nicht klappte, bedrohlich klingende Schreiben von Inkassounternehmen im Briefkasten landeten oder mit obskuren Mails Daten „abgefischt“ und missbräuchlich verwendet wurden, war die Beratungsstelle im vergangenen Jahr ebenfalls mit Rat und Tat zur Stelle. „Schadensbegrenzung ist dann oft das Gebot der Stunde. Aber ganz wichtig ist uns auch die präventive Arbeit“, erläutert Paulina Wleklinski.

Beispielsweise informierte die Beratungsstelle im Rahmen des Weltverbrauchertags unter dem Motto „Vorsicht Kreditfallen“ über riskante Kleinkredite oder rückte die Tücken von „Buy now – pay later“-Modellen im Internethandel in den Blick. Ebenfalls im Fokus: die 2023 gestartete Bonify-App der Schufa. Verbraucher können damit kostenlos den eigenen Schufa-Basisscore abrufen, „bezahlen“ aber mit sensiblen Daten. Die Empfehlung lautete daher, den Score-Wert besser durch eine kostenlose Anfrage direkt bei der Schufa zu überprüfen.

Großer Erfolg im Streit mit einer Krankenkasse

Einen der größten Erfolge verbuchte die Verbraucherzentrale im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben im Streit eines Duisburgers mit seiner Krankenkasse. Er sollte die höchsten Beitragssätze und Säumniszuschläge bezahlen, weil er angeblich versäumt hatte, Fristen einzuhalten. Mithilfe der Beratungsstelle konnte der Versicherte dies widerlegen. Die Krankenkasse korrigierte den Betrag und der Duisburger freute sich über eine Ersparnis von über 2000 Euro.

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>> VERBRAUCHERZENTRALE DUISBURG: LÄNGERE WARTEZEITEN BEI TERMINEN MÖGLICH

  • Die Verbraucherzentrale Duisburg hat im Jahr 2023 mit 7323 Anfragen zwar weniger als im Vorjahr (7757) gehabt. Dafür ist die Zahl der Rechtsberatungen insgesamt von 2335 auf rund 2395 gestiegen.
  • Aktuell gibt es weiter viele Anfragen zu Energiethemen und Existenzsicherungen, außerdem zum Glasfaserausbau und zu Nebenkostenabrechnungen, zu denen eine Kurzberatung in Zusammenarbeit mit dem Mieterbund Rhein-Ruhr angeboten wird.
  • Wer derzeit einen Termin bei Beraterin Claudia Bracht haben will, die sich um den Schwerpunkt Energiearmut kümmert, muss drei Monate warten. Wichtig: Wer akut von einer Energiesperre bedroht ist, bekommt laut Bracht innerhalb von drei Tagen Hilfe.
  • Bei allen anderen Verbraucherthemen müsse für einen Termin mit einem Vorlauf von bis zu drei Wochen gerechnet werden.
  • Paulina Wlkelinski leitet die finanziell bis Ende 2028 gesicherte Beratungsstelle an der Friedrich-Wilhelm-Straße 30 in der Duisburger City.. Neben Claudia Bracht steht mit Harald Rahlke noch ein weiterer Berater zur Verfügung.
  • Für das Hochfelder Projekt zur Beratung von Rumänen und Bulgaren gibt es eine halbe Stelle, die bald wiederbesetzt werden soll.
  • Weitere Informationen gibt es auf www.verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/duisburg.