Duisburg. So hat sich die Zahl der Strom- und Gassperren in Duisburg entwickelt. Wer noch von finanziellen Hilfen aus dem Stärkungspakt profitieren kann.

Nach Zahlen der Netze Duisburg GmbH hat es in diesem Jahr bislang 3615 Energiesperren wegen offener Forderungen gegeben. Bis zum 31. Oktober 2023 haben demnach alle in Duisburg tätigen Energieversorger, darunter auch die Stadtwerke, trotz Entlastungen für die Verbraucher durch Preisbremsen 3140 Mal den Strom und 475 Mal das Gas abstellen lassen.

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Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2022 wurden 3313 Energiesperren verhängt – 2671 Mal bei Strom und 642 Mal bei Gas. 2020 gab es 6004 (Strom: 5279/ Gas: 725) und 2021 sogar 6190 Sperren (5370/820). Die Stadtwerke Duisburg erklären die niedrigen Zahlen aus 2022 mit einer Gesetzesnovelle, die zu Beginn jenes Jahres in Kraft trat.

Stadtwerke Duisburg: Bessere Kostenkontrolle durch Prepaid-Zähler

Durch Neuregelungen in der Strom- und Gasgrundversorgungsverordnung und veränderte Fristen vor Sperren mussten demnach Prozesse und Anschreiben umgestellt werden. Während dieser Phase seien Strom- oder Gassperren für mehr als vier Monate ausgesetzt worden. Neben der Dezember-Soforthilfe wurden aufgrund geänderter Vorgaben der Bundesnetzagentur und weiterer Prozessanpassungen noch einmal ungefähr anderthalb Monate lang keine Sperren verhängt.

Die Stadtwerke setzen nach eigenen Angaben verstärkt auf vorbeugende Maßnahmen, damit erst gar keine offenen Forderungen entstehen. Der lokale Versorger bietet etwa seit einigen Jahren Prepaid-Zähler an, damit Kunden ihren Energieverbrauch besser kontrollieren können. Durch dieses Angebot wird all jenen, die beispielsweise aufgrund ihrer Bonität keinen Stromlieferanten mehr finden würden, wieder der Abschluss eines Liefervertrages gegen Vorauskasse ermöglicht.

Ratenzahlungen bei offenen Forderungen möglich

Einer Sperrandrohung wegen offener Zahlungsverpflichtungen gehe ansonsten immer ein mehrstufiges Mahnverfahren voraus. Dem Schuldner werden innerhalb verschiedener Fristen mehrere Möglichkeiten geboten, um mit den Stadtwerken Kontakt aufzunehmen. Dann können zum Beispiel Ratenzahlungen vereinbart werden. Eine Unterbrechung der Versorgung sei nur das allerletzte Mittel.

Privatkunden der Stadtwerke Duisburg, die Sozialleistungen erhalten, können aktuell eine aufgrund von Zahlungsrückständen bereits angekündigte Stromsperre abwenden. Möglich ist dies durch für dieses Jahr angekündigte Mittel aus dem Stärkungspakt NRW – insgesamt 450.000 Euro, die der lokale Versorger über die Stadt Duisburg bekommen hat.

Stromsperren mit Mitteln aus dem Stärkungspakt NRW verhindert

„Wir konnten bislang rund 25.000 Euro verwenden und etwa 30 Kunden mit Geldern aus diesem Programm helfen“, erklärt Stadtwerke-Sprecher Thomas Kehler. „Die Mittel haben wir aber erst im September 2023 erhalten und sie stehen auch nur noch bis zum Jahresende zur Verfügung.“ Es sei deshalb jetzt schon absehbar, dass nicht alle Gelder verwendet und Teile an die Stadt beziehungsweise das Land zurückerstattet werden.

Thomas Kehler, Sprecher der Stadtwerke Duisburg, erklärt, welche Kunden noch bis Ende 2023 von Mitteln aus dem Stärkungspakt NRW profitieren können.
Thomas Kehler, Sprecher der Stadtwerke Duisburg, erklärt, welche Kunden noch bis Ende 2023 von Mitteln aus dem Stärkungspakt NRW profitieren können. © Daniel Tomczak / DVV

Die Hilfe kann ein von der Stromsperre bedrohter Stadtwerke-Kunde laut Kehler bei Bezug von Sozialleistungen wie der Grundsicherung im Alter, bei Erwerbsminderung, Sozialhilfe, Bürgergeld, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Wohngeld, BAföG oder Kinderzuschlag mit entsprechendem Nachweis beantragen. Jedoch müssen nach Angaben des Sprechers weitere Voraussetzungen erfüllt beziehungsweise geprüft werden. Dazu zählt unter anderem, ob der Kunde weitere Unterstützungsleistungen erhalten hat.

Voraussetzungen zur Übernahme offener Forderungen

„Damit noch mehr von Mitteln aus dem Stärkungspakt profitieren können, wenden wir uns auch direkt an Kunden, bei denen eine Versorgungsunterbrechung aktuell erfolgt ist, sofern uns Mailadresse oder Telefonnummer vorliegen“, sagt Kehler. Es werden zudem alle Vorgänge mit einem Sperrdatum jünger als sieben Werktage herausgefiltert. Diese Kundengruppe wird ebenfalls angeschrieben oder angerufen.“

Stadtwerke-Kunden, die keine Sozialleistungen beziehen, aber trotzdem aufgrund offener Forderungen vor einer Stromsperre stehen, können nach Angaben des Sprechers bei der Stadt Duisburg Mittel aus dem Stärkungspakt NRW per Mail an einzelfallhilfe-staerkungspakt@stadt-duisburg.de beantragen. Wer anspruchsberechtigt ist, bekommt zur Vorlage bei den Stadtwerken Duisburg eine Bescheinigung für die Übernahme von Stromschulden.

Kritik von der Verbraucherzentrale

Die Verbraucherzentrale kritisiert, dass in Duisburg bei einer drohenden Stromsperre nur Kunden der Stadtwerke von Mitteln aus dem Stärkungspakt NRW profitieren können. Wer anspruchsberechtigt wäre, aber bei einem anderen Versorger unter Vertrag steht, geht leer aus.

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Stadtsprecherin Susanne Stölting bestätigt dies auf Nachfrage der Redaktion, betont aber: „Trotz mehrerer Förderaufrufe haben nur die Stadtwerke Duisburg einen Antrag auf Unterstützung aus dem Stärkungspakt gestellt.“

Das Modell Moers

In Moers zum Beispiel können Bürger bei Bezug von Sozialleistungen und drohender Stromsperre unabhängig vom Versorger entsprechende Mittel beantragen – und zwar bei den Wohlfahrtsverbänden wie der Awo oder Caritas. Sie hatten sich zuvor mit der Stadt Moers darauf verständigt.

Die Stadt Duisburg hat für dieses Jahr rund 6,6 Millionen Euro aus dem Stärkungspakt NRW zur Verteilung erhalten. Und die Stadtsprecherin verweist darauf, dass zwar auch die hiesigen Sozialverbände Mittel beantragt hätten. „Sie haben sich jedoch für andere Projekte wie Mittagstische, Lebensmittelausgaben oder Kleiderspenden entschieden.“

>> STADTWERKE DUISBURG: KOOPERATIONEN ZUM THEMA ENERGIEARMUT

  • Unabhängig vom Stärkungspakt NRW gibt es zwischen den Stadtwerken Duisburg und der Schuldnerberatung eine enge Zusammenarbeit, wenn es bei Zahlungsrückständen und drohenden Energiesperren um individuelle Lösungen geht.
  • Dies gilt auch für eine Kooperation mit der Verbraucherzentrale Duisburg. Die Stadtwerke unterstützen im Zuge eines Landesmodellprojektes fachlich und finanziell gemeinsam mit der Stadt sowie dem NRW-Verbraucherschutzministerium die dortige Beratung zum Thema Energiearmut. Claudia Bracht hat dazu eine volle Stelle.
  • Darüber hinaus sind die Stadtwerke Mitglied im Arbeitskreis Energiearmut des NRW-Wirtschaftsministeriums und tauschen sich hier regelmäßig mit Verbraucherschutzverbänden und anderen Energieversorgungsunternehmen aus.