Duisburg. Avi Kaiser und Sergio Antonino präsentieren einen neuen Tanzabend in Duisburg. Wie die beiden Künstler die paradoxe Natur der Liebe sezieren.
Die stille Karawane ist das Publikum. Bevor der Tanzabend des „Kaiser Antonino Dance Ensembles“ am Freitag im Duisburger Museum DKM richtig beginnt, ziehen die Zuschauer schweigend durch die Ausstellung in den nackten, weißen Saal, der an diesem Abend Bühne für das hervorragende Tänzerduo Avi Kaiser und Sergio Antonino ist.
Die Duisburger „Artists in Residence“ sezieren in ihrem Tanzabend „The Silent Caravan“ einmal mehr die Liebe, Partnerschaft und all deren Wirren – auf ihre bekannte, tiefmetaphorische Art und Weise.
Zuerst bauen die beiden Hütten aus den vielen Requisiten auf der Bühne, schwelgen in wohligen Kindheitserinnerungen und stellen in gewohnt ästhetischen Ensembletänzen fest, dass die Utopie der Kindheit längst der unromantischen Realität des Erwachsenseins gewichen ist.
Tanztheater in Duisburg: Ist Liebe immer Kampf?
An der Liebe, sei sie noch so erwachsen, versucht sich das Duo trotzdem. In der Bewegung der Tänzer offenbart sich die dichotomische Natur einer Partnerschaft: Die beiden ziehen aneinander, um nicht zu stürzen, bekämpfen einander, nur um nicht allein zu sein. Wenn sie die Stühle in der Mitte der Tanzfläche näher aneinanderrücken, blicken Kaiser und Antonino am Ende doch wieder unterschiedliche Richtungen – und werfen die Frage auf: Muss Liebe immer Kampf sein?
Die Liebe in „The Silent Caravan“ jedenfalls schon. Jede körperliche Annäherung der beiden hat immer auch Elemente eines Kampfes, zumindest einer Rivalität. Wenn sich die Tänzer ganz nahekommen, weicht einer im letzten Moment aus – Schutz vor zu viel Intimität. Das zeigt das Duo auch in den, im besten und ursprünglichsten Sinne des Wortes, primitiven Paartänzen: Einer zieht, der andere drückt, einer überbrückt die Distanz, der andere baut sie wieder auf.
Der letzte Schritt ist einsam
Heraus kommt ein Oxymoron. Je näher sich die beiden Protagonisten kommen, desto weiter klafft der emotionale Abgrund zwischen ihnen. Ist also alle Hoffnung auf wahre, echte Liebe verloren? Hoffentlich nicht in der Realität, an diesem Tanzabend aber auf jeden Fall.
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Denn Kaiser und Antonino raufen sich zum Schluss nur scheinbar zusammen: Sie packen die Requisiten in einen Haufen, schleifen ihn durch den Saal und erzählen ihre ganz und gar unterschiedlichen Kindheitserinnerungen – die gleichzeitig auch die Ansprüche an ihren Partner sein mögen.
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Der Ballast, den sie hinter sich herziehen, versperrt ihnen zu allerletzt den einzigen Ausweg, durch den zwei Menschen nebeneinander passen: Den letzten Schritt müssen sie alleine gehen. Die beiden Tänzer ernten für ihre hochsensible Parabel auf Liebe und Partnerschaft zurecht frenetischen Applaus – und hoffentlich auch die Motivation, noch mehr solcher Tanzabende nach Duisburg zu bringen.