Duisburg. Das Lehmbruck-Museum zeigt gleich zwei Ausstellungen. In „Vor Ort“ sind Werke Duisburger Künstler zu sehen. Und was Freunden zu verdanken ist.

Die einen schaffen Kunst, die anderen finanzieren Kunst. Und die Wurzeln beider Gruppen reichen zurück bis in die 20er Jahre, zog Dr. Söke Dinkla, Direktorin des Lehmbruck-Museums, am Donnerstag eine Verbindungslinie zwischen den Ausstellungen „Vor Ort 2021“ und „Freunde sammeln“, die am Samstag, 27. November, eröffnet werden.

40 Werke umfasst „Vor Ort“ der Interessengemeinschaft Duisburger Künstler und Künstlerinnen (IG) Die Ausstellung bietet wieder einen sehr konzentrierten Einblick in die aktuelle Produktion aus Duisburger Ateliers, von gebürtigen Duisburgern oder Künstlern, die in der Stadt zu Hause sind. Nach einem offenen Aufruf lagen der Jury schließlich 134 eingereichte Werke vor.

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Welche schließlich gezeigt werden, werde in einem Austauschprozess ermittelt, so IG-Sprecher und Jury-Mitglied Alexander Voß. Der Jury gehören an Kuratoren des Museums, Duisburger Künstler und ein Externer an, diesmal war es Dr. Ferdinand Ullrich, langjähriger Leiter der Kunsthalle Recklinghausen und Honorarprofessor an der Kunstakademie Münster.

Duisburger Auswahl setzt Themen und Gattungen keine Grenzen

Durch dieses Verfahren sind den künstlerischen Themen und Gattungen keine Grenzen gesetzt. So ist eine Ausstellung mit Gemälde, Fotoarbeiten, Zeichnungen, Installationen, Videoarbeiten und Skulpturen von beachtlicher Qualität entstanden. Wieder mit bekannten Namen, aber auch mit jungen Künstlern wie dem Aufenthaltsstipendiaten Nico Pachali, dessen „Sprachzeichnungen“ Raum, Bewegung und Skulptur miteinander verbinden, oder Eugen Schilke, der seine Werke aus der eigenen Biografie entwickelt.

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Stark vertreten ist die Fotografie, unter anderem mit den hochästhetischen Stillleben von Evangelos Koukouwitakis, der mit fotografischen Mitteln an barocke Nature-Morte-Motive anknüpft und über die schmerzliche Vergänglichkeit des Lebens mit Schönheit hinweg tröstet. Britta Lauer zeigt in Schwarz-Weiß-Fotografien, die in Antarktis-Expeditionen entstanden sind, was bleibt, wenn das Eis geschmolzen ist.

Ebenfalls in Schwarz-Weiß die Fotografien von Walter Schernstein, der auch in Vietnam mit stillen, unspektakulären Orten Geschichten erzählt. Malerisch überblendet die Fotografien von Annik Traumann, malerisch, dunkel und geheimnisvoll die Fotografien von Max van Dorsten.

„Blue Sunday“ in ruhigen und hektischen Bildern

Bewegte Bilder zeigen Barbara Deblitz, die sich in ihrem Video „der tisch“ mit der Geste beschäftigt: Zwei Hände beim endlosen zusammenkehren (nicht vorhandener) Krümel. Und Elisabeth Höller setzt in „Blue Sunday“ das ruhige Bild eines Schlafzimmerfensters, durch das Sonnenlicht fällt und Wind einen Vorhang bewegt, gegen schnell geschnittene Sequenzen mit knallbunt leuchtenden Automaten eines Spielsalons.

Sehr originell die „Taschenzeichnungen“ von Martin Gensheimer. Inspiriert von Kritzeleien, die Stifte in seiner Tasche auf Papier hinterlassen haben, platziert er vor alltäglichen Erledigungen Bleistiftstummel auf der einen Seite der Tasche und Papier auf der anderen. Durch die Bewegungen etwa beim Einkauf entstehen mechanische Zeichnungen, dazu notiert er Datum, Zeit und Tätigkeit wie „Weg von zu Hause zu Edeka einen Becher Sahne geholt.“

Zeichnungen aus der Tasche

Manfred Glied zeigt in seinen kleinformatigen, feinen Zeichnungen kleine magische Welten, die die Balance zwischen Mensch und Erde ausloten. Ein zartes Tableaux mit Mensch, Blüten und Insekten hat Angelika Stienecke unter dem Titel „Nur einen Flügelschlag lang“ gestaltet. „Hochspannung“ vermittelt Stacey Blatt in ihren schwarz-weißen gequilten Stoffbildern von Hochspannungsmasten.

Für die unzähligen Möglichkeiten von Skulptur stehen etwa die Installation „Blumenzucht“ von Regina Bartholme mit Grabvasen, aus deren Spitzen Papierblumen sprießen, die zwölf kleinen Plastiken von Renate Krupp, die aus Ton und Bienenwachs anmutige Formen zwischen organisch und technisch schafft. Beeindruckend auch die Installation „Biomorph“ von Reiner Maria Matysik, der auf einem großen weichen „Stoffbett“ organische Skulpturen aus Glas und Silber platziert.

„Freunde sammeln“: Ausstellung zeigt Auswahl von 1300 Werken

„Freunde sammeln“: Ferdinand Kriwets „Chrom-Neon-Text“ und Uli Pohls Skulptur „Zur Erinnerung an Wilhelm Becker“ von 1972.
„Freunde sammeln“: Ferdinand Kriwets „Chrom-Neon-Text“ und Uli Pohls Skulptur „Zur Erinnerung an Wilhelm Becker“ von 1972. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Kaum zu glauben, aber zum ersten Mal ist eine eigene Ausstellung mit Arbeiten zu sehen, die der Freundeskreis des Lehmbruck-Museums bezahlt hat. Zwar werden einige Werke in der ständigen Sammlung präsentiert, darunter Giacomettis „Frau auf dem Wagen“, aber wie die Ausstellung „Freunde sammeln“ zeigt, bildet die Auswahl aus – wiederum kaum zu glauben – 1300 Werken, die der Freundeskreis fürs Museum erworben hat, spannende Begegnungen.

Rainer Grillo, Vorstandsvorsitzender des Freundeskreises Wilhelm Lehmbruck Museum.
Rainer Grillo, Vorstandsvorsitzender des Freundeskreises Wilhelm Lehmbruck Museum. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Dieses Haus ist auf Sammlertätigkeit angewiesen“, sagt Rainer Grillo, Vorstandsvorsitzender des Freundeskreises. Seit 2013 verfügt das Museum über keinen Ankaufsetat mehr und ist beim Erwerb von Kunst auf das Land oder Stiftungen angewiesen. Dazu muss es die jeweiligen Eigenanteile über Spenden einwerben.

Drei Kapitel Kunst seit den 60er Jahren

Zwischen 40.000 und 50.000 Euro bringen Jahresbeitrag und Spenden der 350 Mitglieder des Freundeskreises jährlich ein. Was angekauft wird hängt davon ab „wie viel Geld wir haben“, so Grillo, „und wir setzen auf Nachhaltigkeit, wollen etwas schaffen, das Zukunft hat." Und wenn das Museum einen besonderen Wunsch hat, müsse man dafür sparen – bis zu drei Jahre lang. Wie 2016 für die Figur von Antony Gormley.

Die Ausstellung zeigt in drei Kapiteln Kunst seit den 60er Jahren und macht damit auch die Entwicklung der Skulptur über die Jahrzehnte deutlich. Von Klaus Rinkes Fässern mit Rheinwasser (1969) über Nikolaus Langs „Kulturhaufen (1986-1996) mit gesammelten Objekten aus Australien, von George Rickeys filigranem „Cube“ (1969) bis zu Jessica Stockholders farbstarker Installation „Things & Things“ (2000), von Ferdinand Kriwets Chrom-Neon-Text (1971), der einst im Innenhafen zu sehen war, bis hin zu Yves Netzhammers Installation „Süßer Wind im Gesicht“. Beeindruckend!

>> RUND UM DIE AUSSTELLUNGEN

  • Zur Eröffnung am Samstag, 27. November, um 16 Uhr, bei der man auch ins Gespräch mit Duisburger Künstlern kommen kann, muss man sich anmelden unter 0203 283 3294 oder per E-Mail an anmeldung@lehmbruckmuseum.de. Es gilt die 2G-Regel.
  • Die Ausstellungen bleiben bis zum 30. Januar. Zu beiden Ausstellungen sind Publikationen erschienen. Der Katalog „Vor Ort 2021“ kostet 8 Euro, das Booklet „Freunde sammeln“ kostet 3 Euro.