Duisburg-Rheinhausen. Der Rheinhauser Künstler Alex Kempkens feiert im kommenden Jahr den 80. Geburtstag. In einer Biografie erzählt er über sein buntes, wildes Leben.

Irgendwann kommt eine Zeit, in der sich alles findet. Beim Blick zurück führen die Ereignisse dann zwangsläufig dorthin, wo man gerade steht und ergeben einen Sinn. „Manchmal frage ich mich auch, wieso in meiner Laufbahn ein „Zahnrad“ präzise in das nächste passte, wie bei einer Schweizer Uhr.“ So sagt es Alex Kempkens, diesen Satz hat er an den Beginn seiner Biografie gestellt, die er an diesem Vormittag stolz in den Händen hält. 2022 wird der Fotograf, Fotojournalist und Computerkünstler seinen 80. Geburtstag feiern. Da liegt es nah, zurückzublicken.

Ausgestattet mit einem Künstlerstipendium des Landes NRW machte er sich in diesem Jahr an die Arbeit. Drei Monate hat er an seinem Buch geschrieben. Jetzt liegt seine Lebensgeschichte „Alex Kempkens. Autodidakt“ vor, 264 Seiten, über 200 Fotos. Bester Stoff zum Stöbern und Schmökern. „Mein Geburtstagsgeschenk an mich selbst“, schmunzelt der Autor vergnügt.

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Bunt und wild ist es verlaufen, das Leben des Künstlers mit dem weißen Rauschebart, der heute aus Rheinhausen nicht mehr wegzudenken ist. Hier hat er, der Umtriebige, der weit Gereiste, vor beinahe 20 Jahren Wurzeln geschlagen und seinen Ausstellungsraum Dat Atelljee etabliert, ein beliebter Treffpunkt. Bei den Duisburger Akzenten ist er heute Dauergast. Geradezu legendär: seine Fotokalender der Region. Hunderte Kilometer ist er dafür in den letzten Jahren den Niederrhein auf- und abgefahren. Immer auf der Suche nach Bildern, die zeigen, wie schön die Welt dort ist.

Erinnerungen: Der Künstler Alex Kempkens zeigt Lebensstationen. Über 200 Fotografien enthält seine Autobiografie „Alex Kempkens. Autodidakt“.
Erinnerungen: Der Künstler Alex Kempkens zeigt Lebensstationen. Über 200 Fotografien enthält seine Autobiografie „Alex Kempkens. Autodidakt“. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Eine Sache des Blickwinkels, ja eine Lebenseinstellung. Es habe ihn nie interessiert, bewusst hässliche Dinge festzuhalten, räumte er einmal ein. Das war schon in den 70er Jahren so. Art povera, Minimal art - für den Ästheten Kempkens war das nix. „Ich fotografiere schön. Und das war damals ein Tabubruch.“ Ein Studium der Kunst hat ihn vielleicht auch deshalb nie interessiert. „Ich brauchte keinen Professor. Ich hatte immer meinen eigenen Stil.“

Bereits mit 15 präsentierte Alex Kempkens erste Ausstellungen

Bereits mit 15 präsentierte er kleine Ausstellungen, Architekturfotografie in der Gemeinde. 1962 wurde eines seiner Bilder beim Bundeswettbewerb „Der Deutsche Jugendfotopreis“ ausgezeichnet und auf der photokina ausgestellt, weltweite Leitmesse der Fotobranche. Später arbeitete er auch als Werbefotograf für diverse Auftraggeber. „Mal war es Kunst, mal war es Handwerk. Mir ist das egal.“

Auf die Lesbarkeit seiner Erinnerungen hat Alex Kempkens größten Wert gelegt. Deshalb schrieb er sie in lockerem Plauderton, „in etwa so, als säßen wir zusammen im Café.“ Seine Ausbildung als Pressefotograf kam ihm dabei zu Gute: Kempkens absolvierte als junger Mann ein klassisches Volontariat bei einer Tageszeitung.

Aber die Geschichte beginnt früher. In den 50er Jahren im ländlichen Düsseldorf-Gerresheim, bei seiner Mutter, der Kempkens seine Biografie gewidmet hat. Hier verbrachte er eine glückliche Kindheit, hier feierte er mit neun Jahren die Erstkommunion. Die Verwandtschaft kam, auch der Drogist an der Ecke. Er brachte dem Jungen eine Agfa Box mit, vermutlich nicht ganz uneigennützig.

Die Fotografie besaß bereits in seinem Elternhaus einen großen Stellenwert

Fotografie besaß im Hause Kempkens einen hohen Stellenwert, schildert der Künstler. „Meine Mutter liebte gute Fotos von sich und später auch von mir. Das erklärt bereits alles.“ Für Luise Kempkens war es ein Fest, wenn sie mit ihrem Jungen ins Fotostudio an der feinen Königsallee fuhr. „Sie war die ärmste alleinerziehende Mutter in der näheren Umgebung. Aber für diese Feste hatte sie gespart.“

Blick in das Atelier Dat Atelljee an der Werthauser Straße. Davor der Künstler - mit dem Rheinhausen-Kalender für dieses Jahr.
Blick in das Atelier Dat Atelljee an der Werthauser Straße. Davor der Künstler - mit dem Rheinhausen-Kalender für dieses Jahr. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Kempkens blättert weiter. Die Kindheit, erzählt mit Schwarz-Weiß-Fotos und Anekdoten. Der berufliche Werdegang: erste Pressefotografien, das pralle Leben. Kempkens zog nach München, dort arbeitete er für die Nachrichtenagentur dpa. Er setzte Fußballspiele ins Bild und Tischtennisturniere, fein ausbalancierte Dynamik. Er fotografierte die Gewalt des Prager Frühlings und die Hungersnot im Biafra-Krieg, Bilder, die schwer auszuhalten sind. 1969: eine Demo gegen Strauss in München, eine Frau wird brutal abgeführt. Kempkens stand direkt daneben. Man muss rein ins Geschehen, Teil davon werden und im Zweifel blitzschnell reagieren, sagt er heute: „Wie ein Jäger auf der Pirsch.“ 1971 hielt er Playboy-Gründer Hugh Heffner mit seinen Mädels fest, 1972 den Beginn der Olympiade. Zwei junge Männer stecken sich mit dem olympischen Feuer eine Zigarette an.

Der Weg vom Journalisten zum Künstler

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In den späten 70ern muss er begonnen haben, der Weg vom Journalisten zum Künstler. Damals arbeitete Kempkens für diverse Auftraggeber, hierbei entstanden Fotografien, die er als „Endoskopieaufnahmen“ bezeichnet. Experimente. Ein Löwenzahn von innen. Die Struktur von Seifenblasen. Anfang der 80er kam dann Kollege Computer mit ins Spiel. Kempkens feierte erste Erfolge mit digitalen Fotoporträts. 1985 organisierte und kuratierte er eine der ersten Gruppenausstellungen von Computerkünstlern. 1991 ging er nach Kanada, Montreal, „um nur noch Künstler zu sein.“ Da war er bereits 48. Eine Befreiung von Deutschland, wie er schreibt. Und der Beginn eines freien Lebens mit vielen erfolgreichen Ausstellungen.

An diese Zeit der Wende erinnert heute das Titelbild des Buches: Alex Kempkens in einer Winter-Arbeiterjacke mit echter Wolfsfell-Kapuze, hergestellt in Manitoba, Kanada. Ein Indianer und Nomade, zu Ruhe und Weisheit gelangt. Für Kempkens markiert es das vorläufige Ende einer Entwicklung. „Es ist alles miteinander verbunden und verschränkt.“

Und heute? Erfreut er sich am Niederrhein mit seinen Facetten. Und an der neuen Heimat Rheinhausen. „Ich wandere am Rhein wie ein alter chinesischer Weiser an den Flüssen“, überlegt Kempkens laut. Mal sehen, was das Leben noch so bringt.

>>> Von Linz am Rhein bis nach Quebec <<<

Alex Kempkens wird am 24. September 1942 in Linz am Rhein geboren und wuchs in Scheuren auf. 1946 bis 1968 lebte er in Gerresheim, Düsseldorf. Die Jahre 1968 bis 1991 verbrachte er in München, 1991 bis 1999 in Montreal (Quebec, Kanada). Seit 2002 wohnt er in Rheinhausen. An der Wertheimer Straße 73 betreibt er das Atelier Dat Atelljee.

Die Autobiografie „Alex Kempkens. Autodidakt. Von der Agfa Box zur Leica M2, von Analog 1982 zu Digital und als Amateur, Profi, Pionier, Künstler“ kostet 39,80 Euro. Die zweite überarbeitete Auflage soll Mitte November erscheinen. Der Verkauf findet in seinem Atelier und über den Buchhandel statt (ISBN: 9783982165363).

Kontakt: alexander.kempkens@gmail.com, Telefon: 02065 259 776.