Duisburg. In allen Stadtbezirken wurden weniger neue Corona-Fälle erfasst als in der Woche zuvor. Nur noch zwei Inzidenzwerte liegen über dem NRW-Schnitt.
Auch in allen sieben Stadtbezirken sind vom 11. bis 17. Januar weniger neue Corona-Fälle erfasst worden als in der Woche zuvor. Die drei Bezirke nördlich der Ruhr waren erneut am stärksten belastet. Zum zweiten Mal binnen acht Wochen wurden die meisten Neuinfektionen in Meiderich/Beeck registriert.
Dort sank die Sieben-Tage-Inzidenz im jüngsten Erhebungszeitraum zwar auch um 12,3, lag somit jedoch noch immer bei 188,5 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Wie dort war der Inzidenzwert auch im benachbarten Bezirk Hamborn (154,9) und erneut auch in Walsum (119,2) vom 11. bis 17. Januar höher als die gesamtstädtische Durchschnittsinzidenz (118,2). Andererseits: Selbst Walsum verzeichnete in diesem Zeitraum weniger Neuinfektionen als die kreisfreien Städte und ländlichen Kreise in Nordrhein-Westfalen im Durchschnitt (121, siehe Grafik am Textende).
Corona in Duisburg: Größtes Infektionsrisiko in den Hamborner Stadtteilen
Nach den innerstädtischen Statistiken, die die Stadtverwaltung seit Ende November veröffentlicht, hatten die Menschen im Bezirk Hamborn bislang in fünf Wochen das höchste Infektionsrisiko, die Bewohner von Meiderich/Beeck in nunmehr zwei Wochen, die Einwohner der Rheinhauser Stadtteile einmal (siehe Tabelle unten).
Die anteilig wenigsten neuen Fälle wurden zuletzt in den Bezirken Mitte (67,7) und Süd (89,1) registriert. Die Inzidenz in der Stadtmitte war zum fünften Mal die niedrigste aller Bezirke.
Stadtbezirk: 7-Tage-Inzidenz/Fallzahl 11.-17. Januar
- Meiderich/Beeck: 188,5 / 137
- Hamborn: 154,9 / 117
- Walsum: 119,2 / 60
- Rheinhausen: 115,1 / 90
- Homberg/Ruhrort/Baerl: 95,4 / 39
- Süd: 89,1 / 65
- Mitte: 67,7 / 74
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Warum es in ärmeren Vierteln mehr Infizierte gibt
Zwar veröffentlicht die Stadt weiterhin keine kleinräumigeren innerstädtischen Daten zum Infektionsgeschehen, etwa aus den Stadtteilen oder PLZ-Bezirken. Die seit Ende November allwöchentlich gemeldeten Bezirksdaten bestätigten bislang jedoch trotz zwischenzeitlicher Verzerrungen durch Ausbrüche in Seniorenheimen Beobachtungen aus anderen Städten und erste Studien: In der zweiten Welle gibt es in den ärmsten Vierteln mit den kleinsten Wohnflächen pro Haushaltsmitglied die meisten Infektionen (wir berichteten).
Was sind die Gründe?
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Auch in Essen zeigt sich wie in Duisburg ein Nord-Süd-Gefälle zwischen den Bezirken mit niedrigeren Durchschnittseinkommen nördlich der A40 und denen mit bürgerlichen Vierteln im Süden. Stadtsprecherin Silke Lenz hält die Wohnsituation für relevant: „Leben mehrere Menschen auf engerem Raum zusammen, ist das Einhalten der notwendigen Hygienemaßnahmen schwieriger.“
Darüber hinaus würden Supermärkte und Drogerien in ärmeren Vierteln stärker frequentiert, berichtet Professor Nico Dragano, Medizinsoziologe am Uniklinikum Düsseldorf. Die Einwohner dort kämen somit unweigerlich mit mehr Menschen in Kontakt. Außerdem sei „die Chance, während der Pandemie von zu Hause zu arbeiten, sehr ungleich verteilt“, so Dragano. Kassierer, Pfleger, Handwerker oder andere vergleichsweise schlecht bezahlte Berufsgruppen müssten weiterhin zur Arbeit fahren. Und seien dabei überdurchschnittlich häufig auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. „Es ist nicht so leicht, die Mobilität einzuschränken, wenn Sie wenig Ressourcen haben.“
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Medizinsoziologe warnt vor vereinfachten Rückschlüssen
Christoph Rupprecht von der AOK Rheinland/Hamburg führt die erhöhten Infektionszahlen in ärmeren Bezirken ebenfalls auf enge Wohnverhältnisse und „mangelhaft sozial abgesicherte Arbeitsverhältnisse“ zurück. Der Leiter des Stabsbereichs Politik – Gesundheitsökonomie bei der AOK hatte im Sommer mit Dragano die Corona-Studie der Krankenkasse betreut. Das Ergebnis: Bezieher von Arbeitslosengeld II hätten ein um 84 Prozent, Arbeitslosengeld-I-Empfänger ein um 17,5 Prozent erhöhtes Risiko für einen Corona-bedingten Krankenhausaufenthalt. „Ärmere Patienten leiden häufiger unter Vorerkrankungen“, erklärt Dragano. Das begünstige einen schweren Krankheitsverlauf.
Dass die erhöhte Zahl der Corona-Fälle in ärmeren Bezirken womöglich ein Indiz für eine geringere Akzeptanz der Corona-Regeln sein könnte, sei hingegen eine nicht belegte Behauptung. „Bei der Impfbereitschaft sehen wir sogar häufig, dass Menschen aus ärmeren Schichten eher bereit sind, sich impfen zu lassen“, sagt Dragano. „Das Beispiel Ischgl zeigt, dass mangelnde Akzeptanz der Corona-Regeln keine Frage des Einkommens ist“, bekräftigt Rupprecht.
Die Infektionszahlen ermöglichten keine Rückschlüsse auf das Verhalten von Migranten oder bestimmten Religionsgruppen, sagt Dragano: „Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Denken Sie beispielsweise an asiatische Länder, in denen die Menschen sehr sensibilisiert für die Pandemie-Bekämpfung sind.“ Bei Migranten seien strukturelle Faktoren zu beachten, weil sie „häufig ärmer und prekär beschäftigt sind“. Das habe sich zum Beispiel bei den Massenausbrüchen in mehreren Schlachtbetrieben gezeigt.