Duisburg. In acht Jahren soll Ruhrort ein umweltneutraler Stadtteil sein. So will der Haniel-Konzern das Ziel für den Duisburger Hafenstadtteil schaffen.

Wer viel erreichen will, muss sich große Ziele setzen: Ruhrort soll bis zum Jahr 2029 umweltneutral werden – als weltweit erster Stadtbezirk. Gelingen soll das mit einem Projekt des Haniel-Konzerns, der seit 265 Jahren seinen Firmensitz im Hafenstadtteil hat. Dabei helfen sollen Wissenschaftler der TU Berlin und der Essener Unternehmer und Umwelt-Aktivist Dr. Dirk Gratzel.

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„Das wird ein hoch komplexes, langfristiges, anstrengendes und mitunter auch nervenaufreibendes Unterfangen“, sagt Thomas Schmidt. Der Haniel-Vorstandsvorsitzende äußert sich bislang nur auf dem Karriere-Netzwerk LinkedIn. Näheres soll, so eine Haniel-Sprecherin, bei einem gemeinsamen Termin mit der Stadt am 11. Januar bekannt gegeben werden. Haniel wolle künftig auch seinen Campus in Ruhrort zugänglich machen für die Bürger des Ortsteils. Ihnen werde man ebenfalls im Januar und Februar das Projekt vorstellen.

Ziel: Belastungen von Böden und Gewässern ausgleichen

Haniel-Vorstandschef Thomas Schmidt: Der Haniel-Stammsitz soll im ersten umweltneutralen Stadtteil der Welt liegen.
Haniel-Vorstandschef Thomas Schmidt: Der Haniel-Stammsitz soll im ersten umweltneutralen Stadtteil der Welt liegen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Die ambitionierte Zielsetzung reiche hinaus über bloße Klimaneutralität, erklärt der Haniel-Chef: „Bei Umweltneutralität geht es auch um die Reduzierung oder Kompensation aller wichtigen Umweltbelastungen wie den Beeinträchtigungen der Biodiversität sowie der Belastungen von Böden und Gewässern.“ Obwohl das besonders diesen Duisburger Ortsteil, seit Jahrhunderten geprägt von Hafenbetrieb, Schwerindustrie und Verkehr, vor eine besondere Herausforderung stellt, lässt Thomas Schmidt am Ziel keine Zweifel: „Wir wollen, dass Ruhrort bis 2029 zum weltweit ersten umweltneutralen Stadtbezirk wird.“

Große Unternehmen im Stadtteil kündigen an: Wir sind dabei

Wie genau das ehrgeizige Ziel zu erreichen ist, sei noch nicht klar, räumt Schmidt ein. Bei einem zweitägigen Arbeitstreffen hatten alle Beteiligten die Gelegenheit, sich ein Bild von der aktuellen Lage zu machen. Sicher ist wohl: Ohne die großen Akteure im Stadtteil, wie die Hafengesellschaft Duisport, den Stahlriesen Arcelor Mittal und Logistiker wie Rhenus wird es nicht gehen. Zwar sind sie bereits mit eigenen Projekten und Investitionen bemüht um die Reduzierung ihres CO2-Ausstoßes, doch scheint eine Frist von acht Jahren bis zur Umweltneutralität eher kurz.

An der Bereitschaft, sich zu beteiligen, ist aber offenbar kein Mangel. „Wir sind auf jeden Fall dabei“, sagt Duisport-Sprecher Andreas Bartel. Die Hafengesellschaft freue sich darauf, nach dem Jahreswechsel über Wege zum Ziel zu sprechen. Arcelor Mittal wolle „noch vor 2030“ in Ruhrort klimaneutralen Stahl produzieren, so Sprecher Arne Langner. Dazu ist der Bau eines Lichtbogenofens geplant, der mit grünem Wasserstoff befeuert werden soll (wir berichteten). Erforderlich seien dazu aber Fördermittel ebenso wie der Ausbau erneuerbarer Energiequellen und der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur. Auch die Stadt kündigt Kooperationsbereitschaft an: „Wir freuen uns, dass Haniel mit diesem spannenden Projekt auf uns zugekommen ist“, so Sprecherin Anja Kopka.

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Der Umwelt-Unternehmer Dr. Dirk Gratzel soll sich im Ruhrort-Projekt von Haniel maßgeblich beteiligen.
Der Umwelt-Unternehmer Dr. Dirk Gratzel soll sich im Ruhrort-Projekt von Haniel maßgeblich beteiligen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

„Wir können und werden dieses Projekt nicht allein starten“, sagt der Haniel-Chef. Wege und Lösungen soll Dirk Gratzel aufzeigen. Der gebürtige Essener begleitet mit seinem Beratungsunternehmen Greenzero.me nicht nur Unternehmen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit, sondern beschäftigt sich mit seiner Heimaterbe GmbH mit Sitz auf Zollverein in Essen auch mit der Renaturierung ehemaliger Bergbauflächen in Recklinghausen, Marl, Unna und Ahlen.

Die Entwicklung der Industrieareale zielt dabei ab auf einen ökologischen Qualitätszuwachs. Dazu wird ein „Umweltwert“ berechnet, der es Unternehmen erlaubt, eine vorausschauende Planung zu betreiben und unüberschaubare Kompensationsverpflichtungen zu vermeiden: „Das setzt die bearbeiteten Flächen ökologisch wie ökonomisch für nachfolgende Generationen neu in Wert“

>>> HANIEL: NICHT NUR DER KONZERN SOLL „ENKELFÄHIG“ SEIN

  • Die „Enkelfähigkeit“ definiert der Vorstandsvorsitzende Thomas Schmidt als Ziel des unternehmerischen Handelns des Haniel-Konzerns. „Enkelfähige Unternehmen müssen technologiegetrieben sein, denn wir haben große Herausforderungen als Gesellschaft, die wir technologisch angehen müssen. Und sie finden auch die Balance zwischen der Umwelt und dem unternehmerischen Erfolg“, so Schmidt im Gespräch mit dieser Zeitung im Juli. Mit diesem Konzept wolle der traditionsreiche Duisburger Konzern (20.000 Arbeitsplätze) ein Pionier sein.
  • Mit dem Umweltprojekt Ruhrort wolle Haniel die „Enkelfähigkeit“ über die Grenzen des Konzerns hinaustragen, schreibt Schmidt nun. „Es entspricht unserer grundsätzlichen Haltung für ein unternehmerisches Handeln, in dem Wirtschaftlichkeit, Ökologie und soziale Verantwortung zueinander im Gleichgewicht stehen.“