Duisburg-Mündelheim.. Eine Tür nur für Ritter, eine Krypta unter dem Altar und ein Heiliger mit zwei Köpfen: Die Kirche St. Dionysius birgt einige Überraschungen.
Dichte Wolkendecken schieben sich über den Mündelheimer Himmel. Nur ab und zu blitzt ein Stückchen Blau hindurch. Die flüchtigen Sonnenstrahlen bringen nicht nur die bunten Kirchenfenster im Inneren von St. Dionysius zum Strahlen, sie projizieren auch ein Farbenspiel an die hellen Wände der Kirche. „Morgens, wenn die Sonne aufgeht und wandert, wird ein Fenster nach dem anderen beleuchtet“, beschreibt Küster Rainer Bertram. Nur zu gern setzt er sich in ruhigen Momenten auf eine der Bänke und genießt die Atmosphäre im ältesten Gotteshaus Duisburgs. Erstmals erwähnt wird die katholische Kirche im Herzen des Stadtteils nämlich um das Jahr 1200. Erbaut wurde sie ganz einfach über der alten Saalkirche aus der karolingischen Zeit.
Einzigartig: Unter der Kirche liegt eine Grabstätte
Vor dem Altar prangt ein großes Loch im Boden. Eine der massiven Bodenplatten wurde heraus gehoben und daneben gelegt. Ungleichmäßige, steinerne Stufen führen hinab in die Tiefe. Unter den Füßen von Küster Rainer Bertram erstreckt sich eine Krypta mit neun Grabstätten, von denen jedoch nur vier belegt sind. „Mir ist nicht bekannt, dass es anderswo noch Grabstätten unter einer Kirche gibt“, sagt Bertram und fügt hinzu: „Früher hatten wir auch einen kleinen Friedhof hinter St. Dionysius.“ Heute sind davon nur noch zwei stille Zeitzeugen übrig: ein verwittertes Steinkreuz und eine ebenso unleserliche Steinplatte, die im Rasen eingelassen ist. Der Rest des einstigen Friedhofs ist an den Rand von Mündelheim gezogen.
Im Mittelalter besaß die Kirche eine Tür nur für Ritter
Doch nicht nur unterirdisch gibt es in St. Dionysius einiges zu entdecken, auch ein Blick nach oben lohnt sich. Schnell fallen die zwei großen Holzfiguren an den Wänden des Chorraums auf. Beide stammen aus dem frühen 18. Jahrhundert. Neben Maria Magdalena hängt dort auch der Namensgeber der Kirche. „Der heilige Dionysius hat zwei Köpfe, einen davon trägt er im Arm“, weiß Bertram, „die Legende besagt, er habe ihn nach der Enthauptung aufgehoben und sei damit noch bis zu der Stelle gelaufen, an der er beerdigt werden wollte.“
Nicht nur der Heilige Dionysius hat seine Spuren in der Kirche hinterlassen, auch die Spuren des Mittelalters sind deutlich erkennbar. Abgesehen von den Fenstern ist die Außenfassade einheitlich glatt. Bis auf eine Stelle. Hier formt das Mauerwerk eine Tür. Die ist zwar mittlerweile zugemauert, doch in vergangenen Zeiten wurde sie rege genutzt: Nur die Ritter von Ehingen durften durch diese Tür die Kirche betreten. Außerdem fing der Gottesdienst erst an, wenn sie dort waren.
Ein weiteres, deutlich älteres Überbleibsel lässt sich am Eingang finden. Dort stehen zwei Blendbögen, die aus der alten Saalkirche stammen. Sie ist unter dem heutigen Gotteshaus verborgen und war so groß wie das heutige Mittelschiff.
St. Dionysius gibt es im Umkreis gleich dreimal
Eine weitere Legende rankt sich um das gotisch-barocke Bauwerk selbst. St. Dionysius gibt es nämlich gleich dreimal – wenn auch nur rein optisch. In den Düsseldorfer Stadtteilen Kalkum und Wittlaer stehen ähnliche Kirchen. Der Sage nach haben drei adelige Jungfrauen drei Kirchen errichten lassen. Hierfür wurde Geld in Scheffeln gesammelt. Die Mündelheimerin war jedoch blind und wurde betrogen. Ihr Geld reichte nur für die Mauern. Dafür, heißt es, wurde besseres Baumaterial verwendet, um die Kirche für die Ewigkeit zu rüsten. Immerhin überdauert das Mündelheimer Gotteshaus schon seit gut 800 Jahren die Zeit.
Doch eines könnte die kräftigen Mauern zum Wanken bringen: Geldnot. „Das Bistum Essen ist in finanzieller Schieflage. Von acht Kirchen im Duisburger Süden sollen nur drei oder vier offen bleiben“, sagt Bertram. Selbst die denkmalgeschützte Kirche ist vor diesen Einsparungen nicht sicher. „Ich kann das ja auch nachvollziehen. Aber die Mutterkirche abzuschneiden, wäre fatal“, findet der Küster. Aus der Gemeinde in Mündelheim entwickelten sich nämlich 1723 die in Serm und im Jahre 1767 die in Huckingen, bevor weitere folgten. Welche Gotteshäuser es tatsächlich trifft, wird wahrscheinlich Ende des Jahres bekannt gegeben.