Duisburg. Duisburger Künstlerinnen ermöglichen einer jungen Kollegin den Weg zu ihrer ersten Ausstellung. „Bilder parallel zur Literatur“ im Kunstraum SG1.

Wer sich der Anstrengung unterzieht, das Gesamtwerk von Franz Kafka zu lesen, um daraus das Thema einer Bachelor-Arbeit in Kommunikationsdesign zu entwickeln, dem muss es schon sehr ernst sein mit der Kunst. Wie ihre erste Ausstellung „Bilder parallel zur Literatur“ im Kunstraum SG1 an der Schmalen Gasse 1 zeigt, hat Anna Heger auch ernste Fragen an die Gegenwart.

Die gebürtigen Duisburgerin (Jahrgang 1995) gibt zu, dass sie bei ihrer monatelangen Beschäftigung oft „Heulanfälle“ hatte. Dann ist sie nach Prag gefahren, um Kafka in seiner Heimatstadt zu suchen. Gefunden hat sie zum Beispiel Menschen in U-Bahnen, eine Kiosk-Besitzerin oder Café-Besucher. Sie bilden das Personal für Anna Hegers Tusche-Zeichnungen. Menschenbilder, die sie mit Kafka-Zitaten zusammenbringt.

Romane den Menschen von heute vermitteln

Da ist ein Mann, der einen anderen an Marionettenfäden führt. Und da ist der Satz aus dem Kafkas „Vor dem Gesetz“, der für die Abhängigkeit von anderen oder den eigenen Beschränkungen stehen könnte: „Hier konnte niemand sonst Einlass erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schließe ihn.“ Anna Heger findet, dass es bei Kafka um die Entfremdung des Menschen geht.


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Die junge Künstlerin, die nach ihrem Folkwang-Studium an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg weitermachen möchte, möchte auch den Menschen ihrer Generation vermitteln, „wie wichtig diese alten Romane sind“, möchte einen persönlichen Zugang eröffnen. Kafka ist das jüngste der drei Projekte, die im SG1 zu sehen sind.

Von Peter Schlemihl und Frankenstein

Die erste Arbeit dieser literarisch-zeichnerischen Auseinandersetzungen hatte Adelbert von Chamissos „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ zum Thema, die Geschichte eines Mannes, der seinen Schatten verkauft. „Zentrales Thema ist die Habgier“, sagt Anna Heger. Auch für diese, sehr skizzenhaften Zeichnungen hat sie Menschen bei U-Bahnfahrten fotografiert und karikierend aufs Papier gebracht: „Wo verkaufen wir heute unseren Schatten?“

Aus der Frankenstein-Serie, in der Anna Heger das Frankenstein-Bild einer Verfilmung mit Rap-Texten zusammen bringt.
Aus der Frankenstein-Serie, in der Anna Heger das Frankenstein-Bild einer Verfilmung mit Rap-Texten zusammen bringt. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz


Mary Shellys Roman „Frankenstein“ hat Anna Heger zu Zeichnungen inspiriert, in denen Alkohol und Gewalt, Sex und Verbrechen im Mittelpunkt stehen – und sie zusammen gebracht mit kraftmeierischen, egomanischen Rap-Texten, die der Gesellschaft ein „Fuck you all“ entgegen schleudern. Es ist die radikalste der drei Serien und ein herber Kontrast zur verzweifelten Sinnsuche mit Kafka.

Die Ausstellung bleibt bis zum 14. September, geöffnet montags 17 bis 20 Uhr, www.sg1-kunstraum.de.