Duisburg. Jürgen Focke, Hausarzt in Duisburg, ist überzeugt, dass viele Abstriche falsch gemacht werden. Testzentren im Check. Was ein Virologe sagt.
Jeden Morgen stehen irgendwo in Duisburg Eltern mit ihren Kindern vor einem Corona-Schnelltestcenter, um einen negativen Antigentest für den Schulbesuch zu bekommen. Doch zu 100 Prozent verlässlich sind diese bekannterweise nicht. Der Huckinger Hausarzt Jürgen Focke führt das auf einen entscheidenden Grund zurück: „Die Tests werden teilweise nicht richtig durchgeführt.“ Oberflächliche Nasenabstriche genügten nicht.
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In seiner Praxis in Huckingen nimmt Focke Abstriche nach eigenen Angaben immer aus Nase und Rachen. „Wenn die Leute niesen oder würgen müssen, ist das genau richtig“, meint er. „Wir haben dann eine Quote von 25 bis 30 Prozent an positiven Tests.“ Wer mit dem Teststäbchen parallel zum Nasenrücken nach oben gehe, komme nicht dorthin, wo die Viruslast am größten sei. „Wir wollen beim Testen ja an die Schleimhäute ran. Die richtige Durchführung ist für die Aussagekraft des Tests auf jeden Fall von Bedeutung.“
Hausarzt in Duisburg: Viele Schnelltests in Testzentren zu oberflächlich
Die Qualität der Testzentren werde in Duisburg nicht verfolgt oder kontrolliert, beklagt Focke. „Ich habe einen Kollegen, der die Tests auswertet. Der sagt, dass mehr positivere Tests kämen, wenn sie von einer bestimmten Person durchgeführt werden.“
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Ein Besuch in vier verschiedenen Testzentren zeigt, dass die Mitarbeitenden oftmals tatsächlich sehr oberflächlich zu Werke gehen. Im Testzentrum am Bismarckplatz in Homberg dreht der Mitarbeiter das Teststäbchen ein paar Mal in beiden Nasenlöchern am Nasenvorhof. Das reiche schon, sagt er auf Nachfrage. Auf einem Merkzettel an der Wand steht dagegen, dass er nur etwa zwei Zentimeter in die Nase eindringen brauche, dafür aber mindestens 15 Sekunden lang drehen müsse, und das pro Nasenloch.
Ähnlich gehen die Mitarbeiter der Testzentren am König-Heinrich-Platz und am Harry-Epstein-Platz vor. Ein paar Mal drehen im vorderen Bereich der Nase genügt ihnen für den Abstrich. Am Meidericher Bahnhof führt die Mitarbeiterin das Teststäbchen immerhin etwas tiefer in die Nase ein, unangenehm ist aber auch das bei Weitem nicht, zumal die Prozedur in wenigen Sekunden vorüber ist.
Paul-Ehrlich-Institut definiert Mindestanforderungen an Antigentests
Tatsächlich müsse eine gründliche Durchführung auch nicht wehtun, sagt Sebastian Voigt. „Das empfindet ja jeder unterschiedlich“, meint der Virologie-Professor der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen. Grundsätzlich unterscheide sich die Art und Weise der Durchführung je nach Hersteller. „Das Paul-Ehrlich-Institut hat Mindestkriterien zu Anforderungen an Antigentests definiert. Es bewertet Antigentests und hat eine Liste erstellt, in der hochwertige Antigentests ausgewiesen sind.“
Auf dieser Liste stehen allerdings die Namen von mehr als 200 Unternehmen. Es ist also schwierig für Besucherinnen und Besucher von Testzentren, anhand des Herstellers herauszufinden, ob die Mitarbeiter den Abstrich richtig durchführen.
Virologie-Professor: Kurzer Abstrich reicht nicht aus
„Für die Qualität ist die korrekte Entnahme entscheidend. Ein kurzes Abstreichen am Naseneingang oder an der Wange entspricht nicht dem korrekten Vorgehen“, unterstreicht Voigt. „Wenn es sich um einen Rachenabstrich handelt, wird die Rachenhinterwand für einige Sekunden abgestrichen und der Tupfer dabei mehrfach gedreht. Bei Nasenabstrichen wird der Tupfer entlang der unteren Nasenmuschel durch den Nasengang bis in den Nasenrachen eingeführt und nach einer kurzen Verweildauer unter einer rotierenden Bewegung wieder entfernt.“ Auch beides – ein Rachenabstrich und ein Nasenabstrich – sei empfehlenswert.
„Das erhöht eben die Wahrscheinlichkeit, Viren zu erreichen. Im vorderen Nasenbereich oder der Wange sammeln sich nur welche an, wenn die Viruslast sehr hoch ist“, sagt Voigt. Es ist also davon auszugehen, dass einige Tests in Duisburgs Testzentren tatsächlich nicht richtig durchgeführt werden.
PCR-Tests sind sensitiver
Doch wann ist generell der beste Zeitpunkt für einen Antigentest? „Bei Verdacht auf eine Infektion ohne Vorliegen von Symptomen beziehungsweise Kontakt zu einer infizierten Person sollte eine Testung alle 48 Stunden erfolgen“, sagt Voigt. Allerdings könnten Antigentests, die von Selbsttests für zu Hause noch einmal zu unterscheiden seien, nur eine besonders hohe Viruslast erkennen. Sinnvoller, weil sensitiver, seien PCR-Tests.