Duisburg. Eine Duisburger Friseurin hat ihren ersten Termin um 0.01 Uhr meistbietend für einen guten Zweck versteigert. Die Kundin ist keine Unbekannte.

Als die Politiker entschieden, dass Friseure ab dem 1. März wieder öffnen dürfen, konnte sich Sadiye Kisin vom Salon „Haarscharf“ vor Anfragen kaum retten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach gar davon, dass ein Haarschnitt „nicht nur etwas mit Hygiene, sondern auch mit Würde“ zu tun habe. „Der erste Kunde rief schon morgens um halb sieben an, da lag ich noch im Bett.“ Sie kramte dennoch das Terminbuch hervor und hatte eine Idee: Sie öffnete in der Nacht von Sonntag auf Montag bereits um 0.01 Uhr, also in der ersten Minute des 1. März, den Salon – und versteigerte diesen Termin an den Meistbietenden.

Auch interessant

Den Zuschlag erhielt die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp. Mit 500 Euro lag sie damit deutlich vor der Zweitplatzierten mit 310 Euro. Sadiye Kisin verdoppelt nun den Einsatz. Das Geld fließt an die Kindernothilfe, die ihren Sitz ebenfalls in Duisburg hat.

Duisburger Friseurin: „Das Nichtstun war schlimm“

Sadiye Kisin ist froh, dass nun wieder etwas los ist. Die 500 Euro, die der erste Haarschnitt nach dem Lockdown eingebracht hat, wird sie verdoppeln.
Sadiye Kisin ist froh, dass nun wieder etwas los ist. Die 500 Euro, die der erste Haarschnitt nach dem Lockdown eingebracht hat, wird sie verdoppeln. © FUNKE Foto Services | Foto: STEFAN AREND

„Ich war echt verwundert, wie groß die Nachfrage war“, sagt sie. Die vergangenen zweieinhalb Monate seien schlimm für sie gewesen, nicht nur finanziell – das Kurzarbeitergeld für die Mitarbeiter ist bisher erst teilweise ausgezahlt worden, und auch auf die Überbrückungshilfe wartet sie noch. „Ich wollte schon als Kind Friseurin werden, ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Die Leute haben immer angerufen und gefragt, ob ich nicht zu ihnen nach Hause kommen darf. Das Nichtstun war schlimm.“ Da war die „Actionwoche“ vor dem ersten Haarschnitt schon eher nach ihrem Geschmack.

Politikerin Sarah Philipp trägt die Haare öfter zusammengebunden. Kurz vor dem ersten Lockdown hat sie sich Strähnchen machen lassen. Die sind inzwischen herausgewachsen. Im Badezimmer braucht sie nun gut eine Dreiviertelstunde, bis die Frisur sitzt. „Aber da gibt es ein paar Kollegen im Landtag, die es auch nötig hätten“, erzählt sie und lächelt. Ihre Mähne selbst zu stutzen, hat sie sich aber nicht getraut. „Mein Freund benutzt eine Haarschneidemaschine. Die ist auf fünf Millimeter eingestellt. Das habe ich besser gelassen.“

Keine Typveränderung nach Mitternacht

Ein Typveränderung um kurz nach Mitternacht wünscht sie sich dennoch nicht. „Ich hatte eigentlich regulär einen Termin am 13. März, den werde ich auch wahrnehmen. Für den guten Zweck habe ich dann mitgeboten“, erklärt sie. Der Salon an der Münchener Straße ist auch sonst ihr Stamm-Coiffeur. Sadiye Kisin vertraut sie seit Jahren ihre Frisur an – und was im Stadtteil los ist, erfahrt sie so fast automatisch...

Normalerweise können zehn Kunden gleichzeitig bedient werden. Unter Pandemiebedingungen, mit Maske und Abstand, sind es nur noch fünf. Im vergangenen Jahr musste die Chefin deshalb die Preise erhöhen. Nun werden sie so bleiben. Waschen, schneiden, legen und Strähnen kostet bei kurzen, feinen Haaren rund 60 Euro.

Von einem Messebauer hat sich Sadiye Kisin zwei Kabinen aufbauen lassen. Dort können zwei Damen Platz nehmen, die darauf warten, dass die Farbe einwirkt. In der Zeit dürfen andere vorrücken und bekommen Locken eingedreht, einen Stufenschnitt oder eine neue Farbe. Damit die Friseurinnen nicht nach jedem Besucher hinterher putzen müssen, sind extra drei Aushilfen zur Stelle, die sich zwischen den Terminen um die Hygiene kümmern. „Das System hat sich vor dem Lockdown bewährt.“

Sie und ihre Kolleginnen haben sich auf Überstunden eingestellt. In den nächsten Tagen beginnen sie immer um 8 Uhr, eine Stunde vor der regulären Öffnungszeit. Auch abends wird es etwas länger dauern. Sadiye Kisin ahnt: Der eine oder andere hat vielleicht doch selbst nachgeholfen und braucht nun eine Typberatung.

>> KINDERNOTHILFE FREUT SICH ÜBER UNTERSTÜTZUNG

  • Angelika Böhling von der Kindernothilfe freut sich über diese Spende aus dem Duisburger Süden ganz besonders. „Wir sind immer wieder überrascht, was es für schöne und fantasievolle Ideen gibt, um unsere Arbeit zu unterstützen. In einer Zeit, in der sich viele Unternehmen Sorgen um ihre eigene Existenz machen müssen, ist es schon eine außergewöhnlich großherzige Idee, eine Spendenaktion für die Kindernothilfe zu starten. Wir freuen uns riesig.“ Das Geld wird für die weltweite Arbeit der Hilfsorganisation verwendet. „Mir liegen Kinder am Herzen. Sie können sich ja nicht aussuchen, wo sie aufwachsen“, erklärt die Sadiye Kisin, die in Anatolien geboren wurde und seit vielen Jahren in Duisburg lebt.
  • Friseur-Obermeisterin Irene Panse weiß, dass Kollegen landauf, landab sich etwas einfallen ließen. Sie freut sich, dass die Friseure nun ihre Arbeit wieder aufnehmen dürfen. „Das tut gut. Für viele Salons war das eine schwere Zeit.“