Duisburg-Innenstadt. Immer mehr Leerstand in der Tonhallenstraße: Auch das „Holy Crap“ hat aufgegeben. Die Inhaberin übt deutliche Kritik. Sie ist nicht die Einzige.

Leere Geschäftsräume, verrammelte Türen: Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist das das Bild in der Tonhallenstraße. Mit dem Holy Crap hat nun der nächste Laden in der Seitenstraße zur zentralen Fußgängerzone in Duisburg endgültig geschlossen. Etliche Geschäfte sind in der Vergangenheit bereits an andere Standorte gezogen. Holy-Crap-Inhaberin Sandra Michels macht das City-Management für die Misere verantwortlich.

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Nur noch ein paar Kartons liegen in den leeren Verkaufsräumen des Holy Crap. Auf 500 Quadratmetern warteten hier Comic- und Film-Devotionalien aus der ganzen Welt, darunter viele Unikate und Kuriositäten, auf Abnehmer – in vielen Fällen vergebens. Inhaberin Sandra Michels wartete das Ende des Verkaufsverbots gar nicht erst ab, schon vor dem Lockdown entschloss sie sich, den Laden zu schließen.

Es lohnte sich nicht mehr, sagt sie. „Die Tonhallenstraße ist für Händler nicht lukrativ und schlichtweg zu teuer – und ich kann hier nicht die ganze Straße allein am Leben halten.“ Schuld ist für sie das City-Management der Stadt, das Händlern wie Kunden zu wenig Anreize in der gesamten Fußgängerzone biete.

Centro Oberhausen als Vorbild fürs Parken in der Duisburger City

Das Forum ist nah dran am „Holy Crap“ auf der Tonhallenstraße in Duisburg – Laufkundschaft kommt von dort trotzdem nicht.
Das Forum ist nah dran am „Holy Crap“ auf der Tonhallenstraße in Duisburg – Laufkundschaft kommt von dort trotzdem nicht. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Im Oberhausener Centro beispielsweise kann man kostenlos parken – warum nicht hier? Dazu ist der Königstraße jegliche Individualität verloren gegangen – für das, was es da gibt, braucht niemand nach Duisburg zu fahren.“ Im Averdunk-Zentrum könne man viele neuartige Läden etablieren, wenn Gelder anders verteilt würden. „Man müsste den Einzelhandel stärken und Pop-up-Stores helfen, sich hier zu etablieren. Das würde junge Kunden anlocken. Stattdessen reihen sich die Dumping-Läden aneinander“, kritisiert Michels.

„In der Stadtplanung sitzen die falschen Leute – sie sind eingestaubt in ihrem Denken, es ist Zeit für eine neue Generation mit frischen Ideen, die gewillt ist, etwas zu verändern.“ Vor gerade mal drei Jahren bezog sie das Ladenlokal an der Tonhallenstraße – rückblickend ein Fehler, wie sie sagt: „Wenn ich um die Situation hier gewusst hätte, hätte ich mich nie dazu entschieden.“

Bettengeschäft zog lieber aus der Duisburger Innenstadt nach Meiderich

Auch Das Bett Koopmann hat Ende 2019 die Flucht ergriffen und ist mit seinem Ladenlokal nach Meiderich gezogen, wo sich schon das Lager befindet. „Es war eine tolle Straße, aber sie wurde von der Stadt aufgegeben – eine Kombination aus anspruchsvollen Geschäften und Gastronomie“, sagt Geschäftsführer Hagen Koopmann.

Als Hauptgrund dafür nennt er das Forum, in das er anfangs noch große Hoffnung gesetzt habe: „Einige unserer Kunden mussten aber vor der Tür halten, um Matratzen oder Betten in ihr Auto zu laden. Dafür gab es keine Parkplätze. Es wurde immer empfohlen, im Forum zu parken.“ Ähnlich sei es mit der Gastronomie gelaufen: „Die gibt es ja im Forum, hieß es vom City-Management. Doch nach 20 Uhr hat auch die zu, da ist die Straße regelrecht tot.“

Ex-Händler: Forum und Tonhallenpassage schaden der Tonhallenstraße

Zwei Jahre lang habe er beobachtet, wie immer weniger Kunden in den Laden kamen. „Die hatten beispielsweise am Vorabend nach dem Essen etwas im Schaufenster gesehen. In einer leeren Straße geht aber niemand bummeln“, sagt Koopmann. So sei es vielen Geschäften gegangen. „Manche konnten das verkraften, andere nicht.“ Als die Geschäftsführung des Forums den Seiteneingang zur Tonhallenstraße schloss, sei es endgültig vorbei gewesen mit der Laufkundschaft.

Die seit 2014 leerstehende Tonhallenpassage, in der das Bettengeschäft zum Teil untergebracht war, habe ihr Übriges beigetragen. „Das Gebäude sollte ein neues Management bekommen, bestehende Mietverhältnisse wurden gekündigt, man wollte investieren. Etwas draus geworden ist aber nicht.“

Auch Koopmann macht das City-Management für die Entwicklung mitverantwortlich. „Da sind zwei Leute für eine Stadt mit 500.000 Einwohnern verantwortlich, das ist kaum zu schaffen.“ Der Fokus werde zu sehr auf große Ketten gelegt, die jegliche Individualität zunichte machten. „Es fehlt ein Gesamtkonzept, ein Masterplan für die Innenstadt.“

>> FORUM KOSTETE TONHALLENSTRASSE HUNDERTTAUSENDE LAUFKUNDEN

  • Als 2017 der neue Ankermieter Zara ins Forum zog, wurde der Eingang an der Tonhallenstraße geschlossen. Dort hatten bis dahin „wesentlich unter zehn Prozent“ der Kunden das Einkaufszentrum betreten oder verlassen, sagte der damalige Center-Manager Jan Harm.
  • Das wären deutlich unter 850.000 Menschen im Jahr: Die damalige Kundenfrequenz im Forum bezifferte der Center Manager mit 8,5 Millionen. Während sich das Forum über einen Kundenlauf freute, der sich „besser kanalisieren“ ließ, wiegt der Verlust dieser potenziellen Laufkunden für die Tonhallenstraße schwer.