Bottrop. 28 Jahre lang hat Wirtin Andrea Knöbel die Eckkneipe „Am Hallenbad“ geführt. Ende des Jahres schließt sie und die Zukunft bleibt ungewiss.

Stellt man sich eine typische Eckkneipe vor, sieht sie so aus wie die Kneipe „Am Hallenbad“. Die Theke als zentrales Element, holzvertäfelt, mit Schnaps in den Regalen und Zapfhahn am Tresen. In den Fenstern stehen Kunstpflanzen, an den Wänden zwei Spielautomaten. Hinten im Raum ist ein Billardtisch platziert, es gibt sogar einen eigenen Verein – dessen Pokale zieren ebenfalls die Theke.

Es gibt nicht mehr viele von diesen klassischen Eckkneipen in Bottrop. Und in wenigen Monaten wird es noch eine weniger sein: Andrea Knöbel schließt das Lokal „Am Hallenbad“, das direkt am ZOB liegt. 28 Jahre lang war sie hier Wirtin, seit 1957 gibt es die Kneipe. Ob sie in irgendeiner Form weiterleben kann, ist noch unklar.

Bottroper Kult-Kneipe „Am Hallenbad“: Ein „sehr liebes, treues Publikum“

Mit 25 Jahren hat Andrea Knöbel das Lokal übernommen, 1996 war das. „Als ich angefangen habe, habe ich gedacht: Oh Gott!“, sagt die 53-Jährige. Da habe sie schon mal mit einem Knüppel auf die Theke gehauen, weil die Gäste sich so daneben benommen haben, hat den oder die eine oder andere rausgeworfen und Hausverbote erteilt.

2001 kam dann noch mal der große Schnitt: Die Eigentümer des Gebäudes haben viel Geld in die Hand genommen und das Lokal saniert. Dort, wo bis dahin noch eine „Pissrinne“ war, entstanden ordentliche Toiletten, die Inneneinrichtung wurde frisch gemacht. Seitdem, sagt Andrea Knöbel, habe sie „ein sehr liebes, treues Publikum“.

Mit Billardtisch: „Am Hallenbad“ ist eine richtig klassische Eckkneipe.
Mit Billardtisch: „Am Hallenbad“ ist eine richtig klassische Eckkneipe. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Andrea Knöbel könnte dienstälteste Wirtin in Bottrop sein

Gerne steht sie mit ihren Gästen am Tresen, plaudert, lässt sich Lebensgeschichten und Träume erzählen. So wie die von dem über 80-jährigen Stammgast, der immer noch auf den großen Lottogewinn hofft. Oder mit denjenigen, die nach dem Einkauf bei Kaufland noch einen Absacker trinken und ihre Einkäufe im Kneipenkühlschrank zwischenlagern dürfen – extra ein größeres Gerät hat Andrea Knöbel dafür angeschafft.

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Oder die älteren Herrschaften, die alleine sind, sonst keinen zum Reden haben. „Dafür ist man Wirt“, sagt Volker Schöbel. Er lässt sogar die Trinkerszene in der Kneipe auf Toilette gehen, vor allem seitdem die öffentliche Toilette am ZOB geschlossen ist. „Ich bin ja kein Unmensch.“

Der Lebensgefährte von Andrea Knöbel ist vor über 20 Jahren mit dazugestoßen, steht mehrere Tage in der Woche hinter der Theke. Die Chefin, das macht er aber klar, ist Andrea Knöbel. Sie könnte die dienstälteste Wirtin in Bottrop sein, mutmaßt er. Zumindest diejenige, die am längsten in nur einer einzigen Kneipe gearbeitet hat.

„Man muss schon bekloppt sein, eine Kneipe zu haben“

„Man muss schon bekloppt sein, eine Kneipe zu haben“, sagt Volker Schöbel. „Feierabend gibt es nicht.“ Wobei die Zeiten vorbei sind, als das Hallenbad jeden Tag von vormittags bis zum nächsten Morgen geöffnet hatte. Am Wochenende ist zwar immer noch „Ende offen“, aber später als 3, 4 Uhr wird es heutzutage eher nicht mehr.

Ab und an passiere es immer noch, dass jemand anruft und fragt: „Können wir auch mit Kindern kommen?“ Klar, sagt Volker Schöbel dann, wenn Erwachsene dabei sind, kein Problem. Bis der Groschen bei der Frage „was kostet der Eintritt?“ fällt: Die Leute denken, man könne hier schwimmen.

So sah das Gebäude an der Horster Straße mit der Eckkneipe früher aus, lange bevor es den ZOB und den Berliner Platz in dieser Form gab.
So sah das Gebäude an der Horster Straße mit der Eckkneipe früher aus, lange bevor es den ZOB und den Berliner Platz in dieser Form gab. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Dabei gibt es das Hallenbad, das wenige Meter weiter stand und der Kneipe den Namen gab, schon längst nicht mehr. Das Schwimmbad feiert Richtfest im selben Jahr, in dem das Gebäude der Kneipe gebaut wurde: 1957. 50 Jahre später macht es dicht, Bottrop baut ein neues Schwimmbad am Sportpark.

Wirtin der Kneipe „Am Hallenbad“: „Es gab Höhen und Tiefen“

Nun wird auch das Ende der Kneipe eingeläutet. Andrea Knöbel, früher noch täglich hinter der Theke, schafft das aus gesundheitlichen Gründen nur noch einmal die Woche. Der Rollator ist ihr Begleiter. „Wenn man nicht mehr so oft hinter der Theke stehen kann, funktioniert das nicht mehr.“

Umso näher der Abschied kommt, umso schwerer fällt er ihr. „Man erinnert sich an so viele Sachen von früher“, sagt die 53-Jährige. „Es gab ja Höhen und Tiefen.“ Ihr Lebensgefährte ist seit zwei Jahren Rentner, wird bald 69 Jahre alt. Er, der seit mehr als 20 Jahren mit in der Kneipe steht, sagt, er könne loslassen. „Ob sie das kann, weiß ich nicht“, und zeigt auf seine Lebensgefährtin.

Beide hoffen, dass die Kneipengeschichte vor Ort irgendwie weitergeht, würden auch mal auf ein Getränk vorbeikommen. „Das tut mir in der Seele weh, wenn das den Bach runtergeht“, sagt Volker Schöbel. Fast 70 Jahre Kneipengeschichte würden dann enden. Noch ist nicht klar, wer die Fläche übernimmt.

„Am Hallenbad“ wird auf jeden Fall noch bei der Kneipennacht teilnehmen, die am 9. November stattfindet. Geöffnet ist sie derzeit täglich außer dienstags und sonntags, unter der Woche von 10 bis 23 Uhr, am Wochenende mit „Ende offen“.