Bottrop. Vertreter von SPD, CDU, Grüne, FDP und AfD des Wahlkreises äußern sich beim KAB-Forum zu Lehrermangel, Kriminalität am ZOB und Neun-Euro-Ticket.
Der NRW-Landtagswahlkampf biegt auf die Zielgerade ein. Am Sonntag, 15. Mai, wird gewählt. Also höchste Zeit, um den Direktkandidaten für Bottrop auf den Zahn zu fühlen. Die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) Nikolaus Groß hatte deshalb im Gemeindesaal der Herz-Jesu-Kirche zur Podiumsdiskussion geladen. Strittige Themen: Bildung, Sicherheit, Verkehr und Wohnungsbau.
WAZ moderiert die Diskussion in Bottrop - Endspurt des Landtagswahlkampfes
WAZ-Redaktionsleiterin Linda Heinrichkeit lieferte als Moderatorin mit „Lehrermangel an den Schulen“ das erste Stichwort. In einem Punkt waren sich alle Kandidaten einig, Grundschullehrer sollen genauso viel verdienen wie Lehrer an weiterführenden Schulen. Und der Beruf muss attraktiver gemacht werden. Detlef Bauer (AfD): „Es kann nicht sein, dass Lehrer unterbezahlt sind oder schlechte Arbeitsbedingungen haben.“ Anette Bunse (CDU) plädierte darum für mehr Talentschulen im Land. „Wir geben ein Drittel unseres Haushalts für Bildung aus“, sagte sie. Thomas Göddertz (SPD) zur Lösung des Problems: „Man muss die Standorte verbessern. Dann wird es auch für den einen oder anderen Lehrer interessant nach Bottrop zu gehen, anstatt sich zum Beispiel in Münster zu bewerben.“ Den Beruf attraktiver machen, das reicht aus Sicht der Grünen nicht. Joachim Gutsche: „Das Schulsystem, wie wir es jetzt kennen, müssen wir ändern.“ Man bräuchte ein längeres, gemeinsames Lernen. „Wir brauchen mindestens sechs Jahre.“ Andreas Mersch (FDP) hielt dagegen. „Wir sind nicht der Meinung, dass längeres gemeinsames Lernen für die Kinder von Vorteil wäre.“ Man sei der Überzeugung, dass Kinder eine individuelle Förderung bräuchten.
Sicherheit im öffentlichen Raum in Bottrop - Mehr Personal gefordert
Nächstes Thema: Sicherheit. Anette Bunse lobte die Arbeit ihres Parteikollegen Herbert Reul als NRW-Innenminister im Umgang mit Clan-Kriminalität und sprach von „Paradigmenwechsel“, den er vollzogen habe. Er mache Sicherheitspolitik ja nicht nur vom Schreibtisch aus, sondern sei unterwegs und lege den Finger in die Wunde. Auf die Kriminalität am ZOB angesprochen, sagte Mersch: „Ich bin kein Freund von großer Videoüberwachung. Die Kamera ersetzt nicht den Polizisten vor Ort.“ Man brauche mehr Polizisten. Dem stimmte Thomas Göddertz zu. Detlef Bauer: „Die Personalstärke des Kommunalen Ordnungsdienstes und der Polizei muss verstärkt werden.“ In Bezug auf den Ordnungsdienst ergänzte Göddertz: „Das muss bezahlt werden.“ Die Stadt Bottrop kann dies nicht leisten. Er meinte deshalb: „Die Kommunen müssen finanziell besser ausgestattet werden.“ Das Land NRW müsse mehr tun. „Aber vom Land ist den letzten fünf Jahren wenig bis nichts gekommen.“
Zu viele Verkehrsbetriebe - lange Fahrzeiten im ÖPNV - Immer noch zu teuer
Ein Dauerthema bleibt der ÖPNV. „Eines der großen Probleme ist, dass wir uns diesen Luxus erlauben“, sagte Gutsche über die Vielzahl an Verkehrsbetrieben in NRW. Dadurch würde man eine Konkurrenz aufbauen, obwohl es die gar nicht geben dürfte. Angesprochen auf das Neun-Euro-Ticket, das ab dem 1. Juni bis zum 31. August gilt: „Ein erster guter Schritt.“ Göddertz sei hingegen gespannt, ob „Busse und Bahnen voll werden“. Angesichts der hohen Ticketpreise plädierte er auch hier dafür, dass die Kommunen finanziell besser ausgestattet werden. Dann hätte man als Kommune Möglichkeiten, die Preise günstiger zu machen. Aber er warnte davor, das Ruhrgebiet beim öffentlichen Nahverkehr mit Metropolen wie München oder Berlin zu vergleichen. „Das geht nicht, weil die Voraussetzungen grundverschieden sind.“
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Eine Lösung aus Sicht der FDP: „Wir müssen in NRW wegkommen von diesem Tarifsystem.“ Anette Bunse zur Verkehrswende: „Es muss auch ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden.“ Detlef Bauer vertritt die klare Meinung: „Der Nahverkehr muss ausgebaut werden. Ich glaube nicht, dass viele trotz Neun-Euro-Ticket auf Bus und Bahn umsteigen. Die langen Fahrtzeiten schrecken ab.“Die Lösung für die Verkehrswende für Gutsche: „Das Fahrrad ist das Verkehrsmittel der Zukunft.“ Die technischen Möglichkeiten für den Ausbau der Radmobilität seien da. „Es wird politisch nicht abgerufen. Denn die Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer haben zurzeit keine politische Lobby im Landtag oder in den Kommunen.“ Andreas Mersch konterte: „Es stimmt nicht, dass nichts getan wird.“ Man habe ein umfangreiches Fahrradkonzept im Regionalverband Ruhr. „2021 sind 50 Millionen Euro in den Radverkehr investiert worden und 100 Millionen werden in diesem Jahr reingesteckt, um Radwege auszubauen und zu verbessern.“
Darüber hinaus wird es immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Thomas Göddertz zu den Plänen seiner Partei für NRW: „Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, 100.000 Wohnungen jedes Jahr neu zu bauen.“ Als politischer Vertreter der aktuellen NRW-Regierung teilte Andreas Mersch mit. „Wir investieren gerade 1,1 Milliarden Euro in Neu- und Bestandsbauten.“ Aber man müsse schauen, wo diese Gelder zielgerichtet eingesetzt werden und wo sozialer Wohnungsbau notwendig sei. Seiner Meinung nach muss „das Bauen attraktiver werden“. „Zum Beispiel: Baugenehmigungen vereinfachen und beschleunigen.“