Bottrop. Vor der drohenden Werksschließung hat der Bottroper Betriebsrat für Qualifizierung der Mitarbeiter gekämpft. Dafür könnte es einen Preis geben.

Die Arbeitnehmervertretung im Bottroper Werk des Feinkostherstellers Homann ist für den Deutschen Betriebsräte-Preis nominiert. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. „Mit großem Engagement hat sich das Team um Suzann Dräther dafür eingesetzt, dass Beschäftigte ohne Berufsabschluss ihren Gesellenbrief nachholen konnten. Das ist ein Musterbeispiel für die betriebliche Mitbestimmung und Weiterbildung“, sagt Martin Mura, Geschäftsführer der NGG-Region Ruhrgebiet. Der Preis wird am 11. November in Bonn verliehen.

Ausgangspunkt für das Projekt war die zwischenzeitlich geplante Schließung des Bottroper Homann-Standorts mit aktuell 220 Beschäftigten. 2017 hatte das Unternehmen angekündigt, die Produktion ins sächsische Leppersdorf verlagern zu wollen.

Nadler-Betriebsrätin und Bottrops DGB-Chefin Suzann Dräther bei der Maikundgebung 2019  auf der Bühne an der Gladbecker Straße.
Nadler-Betriebsrätin und Bottrops DGB-Chefin Suzann Dräther bei der Maikundgebung 2019 auf der Bühne an der Gladbecker Straße. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

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„Hätte das Ende des Berufslebens bedeutet“

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„Im Betriebsrat wurde uns schnell klar, dass das für viele Beschäftigte im Werk, die keinen Abschluss haben, das Ende des Berufslebens bedeutet hätte. Auf dem Arbeitsmarkt hätten sie bestenfalls einen Job als Leiharbeiter gefunden“, erinnert sich Betriebsratschefin Suzann Dräther, seit 2018 auch Bottroper DGB-Vorsitzende.

Sie setzte sich beim Unternehmen und der Arbeitsagentur dafür ein, 35 Beschäftigten das Nachholen einer Berufsausbildung zu ermöglichen. Die Hürden seien hoch gewesen, berichtet Dräther – von der komplizierten Förderung bis hin zu Ausbildungs-Kooperationen mit anderen Lebensmittelbetrieben aus der Region.

Fit für Herausforderungen der Zukunft

Anfangs hätten sogar viele Beschäftigten noch vom Vorteil eines Berufsabschlusses überzeugt werden müssen. „Als Homann bekannt gab, den Standort doch erhalten zu wollen, sagte sich mancher, er komme auch ohne Gesellenbrief aus. Aber gerade mit Blick auf die Automatisierung und Digitalisierung ist die Weiterbildung wichtiger denn je“, betont Dräther. So habe eine 47-jährige Anlagen- und Maschinenführerin nach der Ausbildung verstanden, wie die Technik wirklich funktioniere – und sei als Fachkraft nun fit für die Herausforderungen der Zukunft. Suzann Dräther bedankt sich bei Iglo-Betriebsrat Thomas Eiling, der die Ausbildungs-Kooperation zwischen Homann und dem Tiefkühlhersteller maßgeblich vorangetrieben habe.

Inzwischen sieht Dräther die Zukunft des Bottroper Werkes gesichert: Zum Jahreswechsel verkauft der Lebensmittelkonzern Müller das Werk an ein Tochterunternehmen des Feinkostherstellers Wernsing. ks