Bottrop. In Bottrop sollen Ehrenamtler Senioren zum Impfzentrum bringen. Darüber ärgern sich Taxifahrer, die gern eingebunden wären. Das sagt die Stadt.
Die Stadt Bottrop sucht Ehrenamtliche, die bereit sind, Über-80-Jährige zum Impfzentrum zu fahren, sofern diese keine andere Möglichkeit haben, um dorthin zu kommen. Dieser Aufruf sorgt bei Mehmet Erbek für Verärgerung. Der Bottroper Taxiunternehmer bezeichnet diesen Vorstoß der Stadt als „bodenlose Unverschämtheit“. Hier werde eine Dienstleistung, die er und seine Kollegen erbringen, in eine kostenlose, ehrenamtliche Aktion umgewandelt, ärgert er sich.
Erbek ist der größte Taxiunternehmer der Stadt, vor Corona hatte er zwölf Fahrzeuge im Einsatz, zuletzt waren es noch sechs. Corona setzt der Branche zu, aber: „Wir bekommen keine Hilfe. Ich bin keiner Hilfe zuzuordnen, weil ich ja nicht schließen musste“, berichtet der Unternehmer. Dabei sind die Umsätze in den Keller gegangen.
Bottroper Taxiunternehmer hat keinen Anspruch auf staatliche Hilfe
Seit Beginn der Pandemie habe er auf Überbrückungskredite der KfW zurückgreifen müssen. „Ich bin jetzt auf 15 Jahre gebunden und muss das abzahlen“, sagt er. Wenn er dann lesen müsse, „dass unsere Stadt Leute sucht, die mit irgendwelchen gesponserten Wagen durch die Gegend fahren“, dann sei er zumindest enttäuscht.
Zumal auch Wagen, die nicht im Einsatz sind, Kosten verursachten. Zumindest die Finanzierung der Fahrzeuge laufe weiter. Meldet man die Autos nicht ab, werden auch Steuern und Versicherungen fällig. Gerade letzteres seien im Taxibereich ordentliche Summen. „Eine günstige Haftpflicht kostet im Quartal 500 bis 600 Euro“, sagt der Unternehmer. Außerdem hätten die Firmen ja auch in den corona-konformen Umbau ihrer Wagen investiert – etwa durch den Einbau von Trennscheiben.
Bottroper WAZ-Leser kritisieren Vorgehen der Stadt
Kritik am Vorgehen der Stadt übten auch viele WAZ-Leser auf der Facebook-Seite der Lokalredaktion. Auch dort gibt es viele Stimmen, die sich dafür aussprechen, auf die Weise doch besser lokale Taxiunternehmen zu unterstützen. Das fordert auch die AfD-Ratsfraktion.
Dass es auch so geht zeigt nämlich Gelsenkirchen. Dort sind die Taxifahrer in den Impfzentrum-Shuttle eingebunden. Pro Fahrt eines Impfberechtigten erhalten sie pauschal zehn Euro. Fünf Euro zahle der Fahrgast, die andere Hälfte die Stadt, erläutert Hans-Joachim Olbering, Leiter des Referats Öffentliche Sicherheit in der Nachbarstadt.
Bei Hin- und Rückfahrt kommen 20 Euro in die Kasse des Unternehmers. Für die sei das sicher eine Mischkalkulation, vermutet Olbering. Doch würde es sich nicht lohnen, würden sie wohl kaum mitmachen. Die überwiegende Zahl der Unternehmer sei dabei. Aus Sicht der Stadt sei diese Regelung auch eine Möglichkeit, dieses Gewerbe wenigstens etwas zu unterstützen. „Der Impuls kam aus dem Krisenstab der Stadt.“ Im Hintergrund habe man die bestehenden Regeln entsprechend angepasst.
Stadt: Unklar, wie viele Unternehmen sich auf eine Pauschale eingelassen hätten
Doch warum setzt die Stadt Bottrop in dem Punkt aufs Ehrenamt? Sprecher Andreas Pläsken verweist auf den Status als Haushaltssicherungskommune, die nur beschränkt Möglichkeiten hat, Geld auszugeben. Außerdem habe es schnell gehen müssen, denn: „Jetzt ist die Gruppe dran, bei der Abholdienste notwendig sind.“ Daher habe man sich für die ehrenamtliche Variante entschieden.
Denn es sei keinesfalls sicher, ob sich alle Taxi-Unternehmen auf einen Vertrag, der eine Pauschale vorsieht, eingelassen hätten. Es habe da durchaus auch andere Signale gegeben, so der Stadtsprecher. Tatsächlich müsste die Vernetzung innerhalb der Branche in Bottrop besser sein, gibt Erbek zu. Das hätte mögliche Verhandlungen sicher erleichtert, räumt er selbstkritisch ein. Die Frage sei aber auch, wie eine Pauschale in Bottrop aussehen müsste. „Wenn ich von Kirchhellen regulär zum Impfzentrum fahre, stehen rund 30 Euro auf der Uhr.“ Grundsätzlich so Erbek, wäre man zumindest gern gefragt worden und hätte sich auf Gespräche eingelassen.
Tür für Bottroper Taxiunternehmen steht immer noch einen Spalt offen
Ganz geschlossen ist die Tür für die Bottroper Taxi-Branche jedoch nicht. „Wenn die Impfwelle richtig rollt, werden wir auch noch andere Lösungen brauchen, weil das Ehrenamt nur eine Grundlast tragen kann“, sagt Pläsken. Jedes Taxiunternehmen könne sich beim Straßenverkehrsamt melden, wenn Interesse bestehe, solche Sonderfahrten anzubieten. Dann werde man sehen, was möglich ist.