Bottrop. Diakonie baut Werkstatt für Menschen mit Behinderung neu. Der alte 70er-Jahre-Bau genügt heutigen Ansprüchen nicht - und es gab weitere Probleme.

Der Charme einer Fabrikhalle soll der Vergangenheit angehören. Das fällt auf, wenn man Pläne und Ansichten des Neubaus der Rheinbabenwerkstatt betrachtet. Anstatt einer großen Halle plant das Diakonische Werk Gladbeck-Bottrop-Dorsten nun drei kleinere, voneinander abgetrennte Räume, dazu gibt es die Möglichkeit, weitere Bereiche abzuteilen.

Diese neue Struktur zeigt sich auch schon beim Blick auf die Baustelle. Die Bodenplatte für zwei der Räume ist gegossen, dazwischen lassen sich die neuen Innenhöfe, die nun auch Platz für Grün und Gestaltung lassen, schon erahnen. Sie bieten gleichzeitig eine Bewegungs- und Pausenmöglichkeit. Durch mehr Fenster wird es auch mehr Tageslicht im Inneren geben, ein neues Farbkonzept soll die Orientierung erleichtern. Diese neue Struktur spiegelt auch die Veränderungen in der Arbeit von Behindertenwerkstätten wieder, sagt Arnd Schreiner, der verantwortliche Geschäftsbereichsleiter bei der Diakonie.

Klientel in den Bottroper Werkstätten hat sich verändert

In den 1970er-Jahren sei man noch davon ausgegangen, dass Menschen mit Behinderung wie in der Industrie arbeiten würden. "Entsprechend groß war dann auch die Halle, die man hier gebaut hat." Inzwischen habe sich jedoch die Klientel stark verändert, viele Menschen würden in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt, dagegen arbeiteten in den Werkstätten Menschen, die möglicherweise einen deutlich höheren Assistenzbedarf hätten oder auch schlicht mehr Ruhe bei der Arbeit benötigten. Daher ist beispielsweise der holzverarbeitende Bereich demnächst separat untergebracht, dasselbe gilt schon jetzt für die Schreinerei.

Hinzu kommt: Auch die Anforderungen an die Pflege haben sich mit den Jahren verändert. Mit dem Umbau würden auch modernere Pflegezentren eingerichtet, sagt Arnd Schreiner. Zusätzlich wird es auch weitere zeitgemäße Ruhe- und Time-Out-Räume geben. Die seien beispielsweise nötig, weil zu den Beschäftigten auch Menschen mit Anfallserkrankungen gehören. Und nach einem möglichen Anfall müssten die sich erholen können.

Diakonisches Werk Gladbeck-Bottrop-Dorsten investiert über vier Millionen Euro

Rund 4,35 Millionen Euro investiert das Diakonische Werk für die drei Städte an dem Standort auf dem Eigen. Fördergelder fließen dafür nicht. Doch der Neubau sei noch aus anderen Gründen nötig gewesen, erläutert Schreiner. Der Altbau habe sich an verschiedenen Stellen abgesenkt, war letztlich abgängig, sprich abrissreif.

Der Grund dafür: Die Werkstatt steht auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Rheinbaben - und zwar dort, wo früher die Löschteiche waren. Die seien zwar verfüllt worden, doch die Qualität des Füllmaterials sei wohl sehr unterschiedlich ausgefallen, so Schreiners Vermutung. Daher auch die aufwendige Gründung des Neubaus. Der steht auf 156 Säulen, für die zuvor elf Meter tiefe Bohrungen nötig waren. "Da erst war ausreichend standfester Grund." Weil jedes Bohrloch auch vom Kampfmittelräumdienst auf mögliche Weltkriegsblindgänger untersucht werden musste, sei der Zeitplan zu Beginn etwas ins Wanken geraten. Inzwischen jedoch liege man wieder voll im Plan, auch Corona habe keine negativen Auswirkungen.

Richtfest im Februar, Fertigstellung im Oktober - das ist der Zeitplan

Im Februar - so die Hoffnung - soll das Richtfest stattfinden. Wenn die Fundamente fertig sind, werden die Träger aufgestellt, auf denen das Dach ruht, danach werden die Mauern hochgezogen. Insgesamt bietet der Neubau rund 2000 Quadratmeter Platz. Auf dem Dach wird eine Photovoltaik-Anlage montiert, der dort erzeugte Strom wird im Betrieb verbraucht. Geheizt wird über Erdwärme, das System kann im Sommer die Räume auch kühlen. Auch das Regenwasser wird aufgefangen, in eine große Zisterne geleitet und dann im Haus genutzt - etwa für die Toilettenspülungen.

Im Oktober soll der Bau fertig sein. 140 Menschen werden dann in den neuen Räumen arbeiten. Insgesamt werden in der Rheinbabenwerkstatt - dazu zählen weitere Gebäude am Standort - derzeit rund 250 Menschen betreut und arbeiten dort. Dazu kommen noch einmal rund 55 Mitarbeiter - vom Fachanleiter über die Verwaltungskräfte bis hin zum Hausmeister.

Anbindung über die Bottroper Industriestraße ist gescheitert

Eigentlich hatte man bei der Diakonie überlegt, die Werkstatt nach dem Umbau über die Industriestraße anzubinden. Das heißt: Die Busse mit den Mitarbeitern, aber auch die Lieferanten hätten nicht mehr durch die Eigener Wohnstraßen gemusst. Dazu kommt es jedoch nicht. "Wir hätten dazu ein Grundstück pachten müssen und man konnte sich mit dem Eigentümer nicht einigen", bedauert Schreiner.

>>>INFO: Ausweichquartier an der Weusterstraße<<<

Während des Umbaus an der Heinrich-Theißen-Straße ist ein Teil der Werkstattmitarbeiter in ein Ausweichquartier umgezogen. Im Gewerbegebiet Boytal an der Weusterstraße hat die Diakonie eine Halle anmieten können.

Dort wird derzeit auch - unter strengen Corona-Auflagen und Hygienevorschriften - produziert. Denn die Werkstatt arbeitet für Unternehmen, die zum Teil auf die dort produzierten Güter angewiesen ist. Die Diakonie ist da Bestandteil der Lieferkette. "Wir haben Verträge, die müssen wir einhalten", sagt Geschäftsbereichsleiter Arnd Schreiner.