Bochum-Wattenscheid. Im hohen Alter stand ein Bochumer erstmals vor Gericht. Mit einem Schlüssel hatte er dicke Macken in ein Auto geritzt. Ein Video überführte ihn.

Sein ganzes Leben lang, 87 Jahre, hatte sich der Rentner aus Wattenscheid strafrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen. Am Donnerstag (13.) aber stand er dann aber doch vor Gericht. Er hatte ein geparktes Auto zerkratzt. Dabei wurde er aber, wie er später mit sicherlich großen Überraschung erfuhr, gefilmt – von dem Auto selbst.

Bochumer schlitzt zwei dicke Kratzer in die Autoseite

Mit erkennbarer Anspannung nimmt der Rentner auf der Anklagebank Platz. „Können Sie lauter reden?“, sagt er, als der Vertreter der Staatsanwaltschaft die Anklagevorwürfe vorliest. Demnach soll er am 7. Juni 2024 um 10 Uhr mit einem Schlüssel gezielt auf einen vor seinem Haus abgestellten Tesla der 3er-Reihe zugegangen sein und zwei dicke Kratzer in die Seite geritzt haben. Kosten für die Neulackierung: rund 2000 Euro.

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Was er nicht wusste: Das Fahrzeug war schon auf autonomes Fahren vorbereitet und hatte eine Rundum-Kamera-Überwachung, die auch bei Stillstand automatisch aktiviert wird, wenn ihm eine Person zu nahe kommt. Die Aufnahmen werden dann aufgezeichnet und gespeichert. Als später der Eigentümer des Tesla, ein Nachbar (46) des Angeklagten, den Schaden bemerkte, konnte er anhand der Aufnahmen den Täter sofort erkennen. Mit Tatwerkzeug und Gesicht. Das Video wurde im Gerichtssaal als Beweismittel gezeigt.

Bochumer Verteidiger: „Das war absoluter Vollmist“

Verteidiger Fabian Reifer: „Das war von meinem Mandanten absoluter Vollmist.“ Der 87-Jährige räume die Tat ein und bedaure sie. „Ein Fehlverhalten.“ Den Schaden werde er schnell ausgleichen.

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Tatmotiv soll der Verdruss des Rentners über die Enge des Gehweges gewesen sein, vor dem der Tesla stand. Seine Ehefrau sei wegen dieser Enge schon mal auf ein Stück Wiese gestürzt. Allerdings: Der Tesla hatte auf der Fahrbahn gestanden und er durfte dort parken.

„Mit mutwilligen Beschädigungen haben wir eine ganze Menge Arbeit bei der Staatsanwaltschaft“

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sagte, dass er noch nie jemanden mit so hohem Alter vor Gericht gesehen habe, der „so einen Mist“ angestellt habe. Da könne man sich nur an den Kopf fassen. „Mit mutwilligen Beschädigungen haben wir eine ganze Menge Arbeit bei der Staatsanwaltschaft.“ Anders als in diesem Fall blieben die Täter meist unerkannt, sodass die Geschädigten den Schaden selbst bezahlen müssten. Deshalb komme jetzt keine Einstellung des Verfahrens infrage. Strafantrag: 3000 Euro Geldstrafe (60 Tagessätze).

Strafverteidiger Fabian Reifer aus Bochum: „Das war von meinem Mandanten absoluter Vollmist.“ 
Strafverteidiger Fabian Reifer aus Bochum: „Das war von meinem Mandanten absoluter Vollmist.“  © Fabian Reifer

Rechtsanwalt Reifer erklärte die Tat möglicherweise auch mit „Altersstarrsinn“. In den vergangenen Monaten habe sein Mandant wegen des Verfahrens nicht mehr gut geschlafen – „eine Art Vorbestrafung“. Selbst ließ der Verteidiger den Angeklagten übrigens nicht reden. „Mein Mandant schließt sich dem an.“ - Dieser sagte: „Genau.“ - Der Anwalt: „Gut.“

Reifer war mit seinem Vortrag sicherlich auch auf dem Gerichtsflur zu hören. „Entschuldigen Sie, dass ich so laut spreche, aber ich will, dass mich mein Mandant versteht.“

Auch weitere acht Autos wurden in der Straße zerkratzt

Richterin Sabine Schüler verurteilte den Rentner zu 2500 Euro (50 Tagessätze). Sie wies auch darauf hin, dass der Geschädigte ein Nachbar des Angeklagten sei: „Da sollte ein Vertrauensverhältnis bestehen.“ Außer der Geldstrafe muss der Rentner auch noch den Schaden, die Prozesskosten und seinen Anwalt bezahlen.

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In derselben Straße in Wattenscheid sind vor der Tesla-Geschichte auch acht weitere geparkte Autos zerkratzt worden. Zum Beispiel die Fahrzeuge der Ehefrau und des Sohnes des Tesla-Fahrers. Ein Täter konnte bisher nicht ermittelt werden.