Bochum. Um 250.000 Euro und einen Partner warb ein Bochumer Start-Up in der „Höhle der Löwen“. Ralf Dümmel machte ein Angebot. Das passierte seitdem.
- Ein Start-Up aus Bochum war im Weihnachts-Spezial der „Höhle der Löwen“ zu sehen
- Das Trio stellte den „Kezzel“ vor, einen Wasserkocher für Induktionsherde
- Ralf Dümmel machte ein Angebot, die Gründer schlugen ein. Wie es dann weiterging
Es war eine „Spontanerfindung“, sagt Thomas Ifland (62). „Kezzel“ heißt sie, wird gesprochen wie der „Kessel“ und ist auf den ersten Blick auch genau das: ein gläserner Topf mit Griff und Deckel. Thomas Ifland, seine Ehefrau Sabine Schröder (58) und der gemeinsame Freund Alexandros Zachos (59) gründeten für eben diesen „Kezzel“ die Firma Xinco in Bochum, versprechen nicht weniger als eine „Weltneuheit“. Im Weihnachts-Spezial der Gründershow „Die Höhle der Löwen“ stellen das Ehepaar aus Hattingen und ihr Mitgründer aus Essen ihr Produkt vor.
Ein gläserner Wasserkessel als Weltneuheit? Der Kniff steckt im Detail: Der „Kezzel“ ist ein Wasserkocher für Induktionsherde, der auch ohne eigene Elektronik automatisch abschaltet, wenn das Wasser kocht. Dafür sorgen eine magnetische Platte im Glasbehälter, die man vor dem Kochen mit einem Knopf herunterdrückt, und eine Auslöseeinheit im Deckel. Die Technik dahinter stammt den Bochumer Gründern zufolge ursprünglich aus der Weltraumtechnik. Sie reagiert auf die Temperatur des Wasserdampfs und sorgt dafür, dass die magnetische Platte wieder hochkommt. Für den Induktionsherd das Signal: Kochgeschirr weg, Kochfeld ausschalten.
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Gründer aus Bochum: „Komfort eines Wasserkochers“ ohne eigene Elektronik
„Wir haben den Komfort eines Wasserkochers, nämlich die automatische Abschaltung, in einem Gerät ohne eigene Elektronik“, erklärt Sabine Schröder. „Nutzbar mit einer Heizquelle, die immer mehr Menschen in ihrer Küche haben: dem Induktionskochfeld.“ Man brauche keinen festen Platz an einer Steckdose, habe keine störenden Kabel oder Stationen, könne den „Kezzel“ ohne Deckel in der Spülmaschine reinigen. Das sei nicht nur praktisch, sondern auch nachhaltig, betonen Thomas Ifland und Sabine Schröder.
Ein Abend unter Freunden im November 2018 war der Ausgangspunkt für das Gründertrio. Alexandros Zachos führte dem Ehepaar Ifland/Schneider damals seine neue Küche vor, unter anderem auch das Induktionskochfeld. „Alexandros ist promovierter Ingenieur und ein technikverliebter Detailmensch“, erzählt Thomas Ifland. „Der Schlüsselmoment war, als er zeigte: ,Wenn ich den Topf wegnehme, schaltet der Herd aus.‘ An dem Abend, der dann noch länger wurde, haben wir überlegt: Kann man dieses Prinzip nicht nutzbringend einsetzen?“
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Firma aus Bochum hat den „Kezzel“ seit 2023 auf dem Markt
2020 hatten sie einen ersten funktionierenden Prototypen, nahmen an Gründungswettbewerben teil, meldeten Patente an. Seit Herbst 2023 seien sie nun mit dem serienreifen „Kezzel“ auf dem Markt, verkaufen unter anderem über einen eigenen Online-Shop und Küchenfachhändler. UVP ist 129 Euro, mehr als 2000 Geräte hätten sie im vergangenen Jahr verkauft, erzählen Thomas Ifland und Sabine Schröder. „Wir wissen, wir können den Artikel sehr, sehr gut verkaufen, wenn wir ihn zeigen können“, sagt Ifland. „Aber: Wir werden ja nicht gesucht.“
Die „Höhle der Löwen“ dürfte für einen Aufmerksamkeitsschub sorgen, zur allerbesten Konsum-Saison noch dazu. „Für uns ist das absolut passend“, sagt Sabine Schröder. „Viele Menschen suchen gerade nach passenden Geschenken, die nicht die fünfte Porzellanschale sind. Das passt schon sehr gut in die Zeit.“
„Wir wissen, wir können den Artikel sehr, sehr gut verkaufen, wenn wir ihn zeigen können. Aber: Wir werden ja nicht gesucht.“
Bochumer Gründer in der „Höhe der Löwen“: Know-How wichtiger
Die Werbewirkung durch den TV-Auftritt ist das eine. Die Suche nach einem Geschäftspartner das andere. „Am Ende ist das Know-How, das ich in der ,Höhle der Löwen‘ hinzugewinnen kann, wichtiger“ als die Aufmerksamkeit, sagt Thomas Ifland. „Wenn ich das nicht bekomme, kann die Reichweite auch ein Strohfeuer sein.“
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„Höhle der Löwen“: So reagieren die Investoren auf den „Kezzel“
Schon im April wurde die Weihnachts-Ausgabe aufgezeichnet, „absolut neu, spannend und aufregend“ sei das gewesen, sagt die 58-Jährige. Die Reaktionen der „Löwen“ auf den „Kezzel“ sind gemischt. Sie finde „erstaunlich, was ihr da geschafft habt“, sagt Judith Williams, „ihr müsst unglaublich daran glauben“. Sie bezweifle aber, dass das Alleinstellungsmerkmal ausreiche und die Unternehmensbewertung rechtfertige. Tillman Schulz äußert die Sorge, dass das „ein bisschen zu viel Liebhaberei ist in einem Markt, der schon sehr umkämpft ist“. Der „Kezzel“ sei teurer als andere Produkte und für ihn kein Investment.
Auch Nils Glagau („Glaube immer noch an den Wasserkocher!“) und Dagmar Wöhrl wünschten den Gründern zwar viel Glück, investierten jedoch nicht. Blieb noch Handelsexperte Ralf Dümmel: Er finde „das Produkt von der Idee her sensationell“, lobte er und sagte, er „sehe da großes Potenzial“, unter anderem im Teleshopping-Bereich. Er bot 250.000 Euro, forderte dafür aber 15 Prozent Unternehmensanteile. Kurze Bedenkzeit, dann der Deal: „Wir würden gerne mit dir kesseln!“
So ging es nach der „Höhle der Löwen“ für Bochumer Gründer weiter
Mit Ralf Dümmel habe ihr Wunsch-„Löwe“ zugeschlagen, erzählen Thomas Ifland, Sabine Schröder und Alexandros Zachos im Interview noch und jubeln über diesen „Riesentriumpf“. Die fertige Sendung zu schauen, sei für sie „noch mal fast genauso spannend wie die Aufzeichnung gewesen“, erzählt Sabine Schröder am Tag danach im Gespräch mit dieser Redaktion. „Wir wussten ja nicht, wie das rüberkommt und geschnitten wird.“
Notariell beurkundet sei der Deal aus der „Höhle der Löwen“ noch nicht, aber die Zusammenarbeit mit Ralf Dümmel und seinem Team laufe bereits. „Das ging zügig los“, sagt Schröder. „Wir haben uns schon ein paar Wochen später persönlich wiedergetroffen.“ Um den Online-Vertrieb des „Kezzel“ kümmerten sich bereits Dümmels Fachleute. Statt 129 Euro kostet der Wasserkocher nun 89,99 Euro.
Unmittelbar nach der Ausstrahlung startete auch das Abenteuer „Teleshopping“: Mitgründer Alexandros Zachos präsentierte den „Kezzel“ noch am Dienstagabend bei QVC. „Heute ist absolut viel los“, sagt Sabine Schröder am Mittwoch. Das Trio wolle „das Momentum der Sendung, die viele Öffentlichkeit“ auch nutzen, um das Geschäft weiter auszubauen.
TV-Ausstrahlung verpasst? Das Weihnachtsspecial von „Die Höhle der Löwen“ ist bei RTL+ im Streaming zu sehen.
Das ist „Die Höhle der Löwen“
Die Investoren-Show „Die Höhle der Löwen“ läuft seit Oktober 2014 auf Vox. In der Sendung stellen Firmengründer und Erfinder ihre Ideen vor und werben bei prominenten Investoren um Risikokapital und Geschäftsbeteiligung („Deal“).
Im Jahr 2001 wurde das Original in Japan entwickelt und lief dort nur drei Staffeln lang. Sony Pictures International vertreibt das Format als Show-Idee „Dragons‘ Den“ in 31 Ländern. 16 Staffeln wurden in Deutschland bis Herbst 2024 ausgestrahlt.
Rund 18.000 Gründerinnen und Gründer haben sich in den zehn Jahren beworben, so Vox. Mehr als 770 „Pitches“, also Vorstellungen der Produkte und Projekte, seien ausgestrahlt worden, dabei fast 420 Deals zustande gekommen. (dpa)