Bochum. Beim Säure-Anschlag auf ein Bochumer Café wurden elf Menschen verletzt, einer schwer. Ein Tatverdächtiger hat sich in Haft das Leben genommen.

Update (11. Oktober): Wie die Polizei mitteilt, hat sich der 48-jährige Tatverdächtige am frühen Morgen des 11. Oktober in seiner Zelle das Leben genommen. Hinweise auf Fremdverschulden liegen nicht vor.

Anmerkung der Redaktion: Normalerweise berichten wir nicht über Suizide oder Suizidversuche, es sei denn, sie erfahren durch ihre Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst depressiv sind und Suizidgedanken haben, kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge über die kostenlose Hotline 0800/111 01 11 oder 0800/111 02 22. Hilfe für Menschen, die unter Depressionen leiden, gibt es außerdem auch beim Bündnis gegen Depression unter: 0291/941469.

Mehr zum Säure-Anschlag auf das Café

Update (25. September): Der bei dem Säure-Anschlag schwer verletzte Student aus Bochum ist nach Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft wohl ein Zufallsopfer gewesen. Das teilte Staatsanwältin Svenja Große-Kreul jetzt auf Nachfrage dieser Redaktion mit. „Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Opfer um eine Verwechslung handelte und der eigentliche Angriff einer anderen Person galt. Das Motiv liegt im persönlichen Bereich“, so heißt es.

Weitere Auskünfte möchte die Staatsanwältin nicht geben. Gegen Ende Oktober soll Anklage gegen den Tatverdächtigen 43-Jährigen aus Bergkamen erhoben werden.

Nur wenige Minuten nach dem Säure-Anschlag auf das Bochumer Café „Fräulein Coffea“, bei dem elf Menschen verletzt wurden – darunter Student Dhia aus Tunesien schwer –, nahm die Polizei den ersten Verdächtigen und mutmaßlichen Haupttäter fest. Passanten hatten den 43-Jährigen aus Bergkamen nach seiner Flucht in Richtung Universitätsstraße zuvor verfolgt und die Polizei gerufen.

Spezialeinsatzkräfte durchsuchten am Tag danach bis in die frühen Morgenstunden die Wohnung des Verdächtigen an der Hochstraße in Bergkamen. Sie fanden keine Chemikalien. Die Ermittler betonten, dass zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung bestanden habe. Der Mann ohne Migrationshintergrund sei wegen diverser Gewaltdelikte polizeibekannt. Er sitzt weiter in Untersuchungshaft. Tatverdacht: versuchter Mord. Es soll das Mordmerkmal der Heimtücke vorliegen.

Zweiter Verdächtiger wurde einen Monat nach der Tat festgenommen

Rund einen Monat später nahm die Polizei einen weiteren Tatverdächtigen in Lünen fest. Spezialeinsatzkräfte durchsuchten ein Haus, dabei schnappten sie den 36-jährigen Tatverdächtigen. Die Ermittler werfen dem Mann vor, dass er den Haupttatverdächtigen zum Fräulein Coffea an die Oskar-Hoffmann-Straße gefahren habe. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft war gegen ihn ein Haftbefehl wegen Beihilfe zu einem versuchten Tötungsdelikt erlassen worden. Der 36-Jährige wurde am Dienstag, 30. Juli, dem Richter vorgeführt, der den Haftbefehl in Vollzug setzte.

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Beide Männer sitzen weiter in Haft. Keiner der beiden Beschuldigten hat sich bisher zu den Vorwürfen geäußert, sagt Staatsanwältin Svenja Große-Kreul. Auch zweieinhalb Monate nach der Tat sind die Hintergründe noch völlig unklar. Fest steht: Opfer und Täter kannten sich nicht. Doch über ein mögliches Motiv des Angreifers gibt es derzeit nur Spekulationen.

Die Maghreb Post, ein deutschsprachiges Online-Medium mit Berichten aus den Maghreb-Staaten (Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien und Tunesien), hatte unter Berufung auf „diplomatische Quellen“ berichtet, dass das tunesische Generalkonsulat bei dem Attentat von einem rassistischen Motiv ausgehe. Generalkonsul Mustapha Ziri sagte auf Nachfrage der WAZ: „Die Sorge, dass es sich doch um ein politisch-motiviertes Attentat handelt, ist berechtigt, da wir ähnliche Fälle erlebt haben, wo der Täter – wie in den meisten Fällen – als psychisch gestört eingestuft wurde.“

Staatsanwaltschaft rechnet mit Ergebnissen gegen Ende September

Von der Staatsanwaltschaft heißt es bisher, dass weder ein politisches noch ein persönliches Motiv auf der Hand liege. Auch Gerüchte, dass das Säure-Attentat im Zusammenhang mit Banden-Kriminalität steht, möchten die Ermittler nicht kommentieren. „Aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen“ will Staatsanwältin Svenja Große-Kreul keine Auskunft geben. Sie rechnet damit, dass die Ermittlungen in dem Fall noch bis circa Ende September dauern werden.

Rechtsanwalt Fabian Reifer vertritt den Hauptverdächtigen aus Bergkamen. „Mein Mandant bestreitet die Täterschaft. Er sagt, er hat damit nichts zu tun“, sagt er. Die Anwältin des zweiten Verdächtigen möchte sich gegenüber der WAZ nicht äußern.

Awo sammelt Spenden

Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Bochum sammelt Spenden für Dhia. Auf einem Konto sind bisher insgesamt 22.000 Euro eingegangen. Dhia möchte das Geld unter anderem für Operationen nutzen, die die Krankenkasse vielleicht nicht übernehmen wird.

Das Konto ist weiter geöffnet: Inhaber: AWO Bochum, IBAN: DE75 4305 0001 0001 2088 18, Stichwort: Dhia.