Bochum. Drei Straßen nahe Bochums City werden radfreundlich umgebaut. Das hat positive Folgen für Anwohner, aber auch Nachteile. Die Pläne, die Kritik.
Im dritten Anlauf ist es beschlossene Sache: Für den ersten Abschnitt der „Veloroute 1“ werden drei innenstadtnahe Straßen fahrradfreundlich umgebaut. Die Veloroute 1 soll die Bochumer Innenstadt mit dem Riemker Markt verbinden, perspektivisch bis nach Herne verlängert werden und für Radfahrer die Alternativ-Strecke zur Herner Straße sein. Die Bezirksvertretung Mitte hat nun mit den Stimmen der rot-grünen Koalition die Planungen der Verwaltung beschlossen.
Betroffen sind, wie berichtet, die Wieland-, Lessing- und Agnesstraße. Der Umbau hat einen positiven Nebeneffekt: Die Wielandstraße, deren schlechten Fahrbahnzustand die Anwohner seit langem beklagen, wird saniert. Es gibt aber auch negative Folgen für die Nachbarschaft: Von heute 140 Parkplätzen auf Wieland- und Agnesstraße bleiben nach dem Umbau nur noch 52 übrig.
CDU kritisiert „Geldverschwendung“ und „Radwege mit der Brechstange“
In der Politik gehen die Meinungen zu den Plänen auseinander, schon mehrfach hatte die Bezirksvertretung darüber diskutiert und die Entscheidung vertagt, es gab auch einen Vor-Ort-Termin – und nun eben grünes Licht für die Pläne der Verwaltung. Die CDU stimmte dagegen, sieht „Geldverschwendung“ und kritisiert, dass die „Planungen an der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen vorbei“ gingen. „Es leuchtet nicht ein, weshalb die Parkplätze so stark reduziert werden sollen, obwohl dort erheblicher Parkdruck besteht“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzende Susanne Dewender. In einem Änderungsantrag forderte die Fraktion unter anderem eine veränderte Streckenführung und den Erhalt aller Parkplätze an der Wielandstraße – scheiterte damit aber in der Sitzung.
Die SPD habe sich die Beratung über die Vorlage nicht einfach gemacht, sagte Bezirksvertreter David Schnell, es sei „intensiv um Lösungen gerungen worden“. Mit der Vorlage verabschiedete die Bezirksvertretung jetzt auch einen Änderungsantrag von SPD und Grünen, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, zu prüfen, ob und wie mehr Parkraum in der Wielandstraße erhalten bzw. neu anderswo in der Umgebung geschaffen werden kann.
Fabian Krömling, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, betonte allerdings auch, dass die Anwohner, wo immer möglich, privaten Parkraum nutzen sollten. „Es kann nicht sein, dass der öffentliche Straßenraum von jedem als Abstellplatz genutzt wird und daraus eine Anspruchshaltung entsteht“, sagte er.
Schulleiter der Heinrich-Böll-Gesamtschule: „Wichtiger Schritt für Verkehrssicherheit“
Im Verlauf der Planung war auch die Schulleitung der an der Agnesstraße gelegenen Heinrich-Böll-Gesamtschule nach einer Stellungnahme gefragt worden. Es sei „einhellige Meinung“ von Schulleitung und Schulpflegschaft, dass mit der Planung „ein wichtiger Schritt für die Verkehrssicherheit unserer Schülerinnen und Schüler verbunden“ sei.
Die Agnesstraße werde durch den Wegfall der bisherigen Parkmöglichkeiten „deutlich übersichtlicher für die Überquerung“. Aktuell fehle es wegen parkender Autos oft an Ausweichmöglichkeiten bei Gegenverkehr. Dieses Problem falle dann weg. „Damit ist die Hoffnung verbunden, dass der Gehweg – insbesondere unmittelbar vor dem Haupteingang – nicht mehr von Pkw ,missbraucht‘ wird“, so Reichstein. Auch die Neugestaltung des Kreuzungsbereiches von Agnes- und Wielandstraße begrüße die Schulgemeinschaft. Gleichwohl: Der Wegfall der Parkmöglichkeiten betreffe auch das Kollegium. „Hier sollten wir mit dem Schulträger nach geeigneten Alternativen suchen“.
Veloroute I durch Bochum: Das sind die Pläne für die Wielandstraße
Das sind die Pläne im Detail: Die längste Strecke für Radler bietet die Wielandstraße, eine Tempo-30-Zone. Das rote Pflaster entlang des Parks diente ehedem als Radweg, wird nun entfernt und durch graues Betonsteinpflaster ersetzt. Um dem angrenzenden Baumbestand mehr Platz einzuräumen und eine Zerstörung der Decke durch herauswachsende Wurzeln zu verhindern, wird der westliche Gehweg auf 2,50 Meter verschmälert. Die Knotenpunkte an den Einmündungen werden rot eingefärbt.
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Die Wielandstraße wird für ihre zukünftige Nutzung als Radvorrangroute gestaltet. Das heißt, die Straße wird entsprechend markiert und beschildert. Prägnant ist die kontinuierliche Durchführung eines roten Begleitstreifens, welche die Straße als Fahrradstraße kennzeichnet. Ergänzend dazu werden zu Beginn und Ende von jedem Streckenabschnitt die „BoVelo“-Markierungen aufgebracht. Alle 50 Meter sollen Schwellen zusätzlich den Verkehr beruhigen. An den Fahrbahnrändern wird ein 1,30 Meter breiter Platz geschaffen, damit die Fahrradfahrer die Schwellen seitlich umfahren können.
Entlang der Wielandstraße werden beim Umbau Parkstreifen markiert. Diese bieten Platz für rund 52 Autos auf der Fahrbahn. Es handelt sich dabei überwiegend um versetztes Parken entlang der Wielandstraße. Im Bereich zwischen Am Bergbaumuseum und der Graf-Engelbert-Straße wird künftig nur noch einseitig geparkt. Das Parken auf dem Gehweg zwischen der Agnes- und der Margaretenstraße bleibt erhalten. Die Parkstreifen will die Stadt Bochum in regelmäßigen Abständen unterbrechen, um Überholen von Radfahrern und Begegnungsverkehr größerer Fahrzeuge zuzulassen.
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Die Deck- und Tragschicht der Fahrbahn wird in dem Bereich zwischen der Wielandstraße 92 und der Freiligrathstraße sowie zwischen der Margaretenstraße und Agnesstraße erneuert. Das gilt auch für die Gehwege. Im Zuge der Baumaßnahme werden die Stadtwerke in der Straße Fernwärmeleitungen verlegen.
Das sind die Umbaupläne für die Agnesstraße in Bochum
Auch die Agnesstraße ist aktuell eine Tempo-30-Zone. Um Radfahrern mehr Sicherheit zu bieten, vor allem den Schülerinnen und Schülern der Heinrich-Böll-Gesamtschule, werden die heute vorhandenen 19 Parkplätze an der Agnesstraße mit der Umgestaltung zur Fahrradstraße komplett wegfallen. Die Stadt Bochum rechnet mit Weiterführung der Veloroute 1 mit erheblich mehr Radverkehr.
Lediglich auf dem ohnehin schon wenig befahrenen Abschnitt der Lessingstraße bleiben die Parkflächen erhalten. Dort soll auch den Fußgängern mehr Platz eingeräumt werden. Heute sind die Gehwege sehr schmal. Die Stadt Bochum ist sich sicher: Der Fuß- und Radverkehr müsse nicht voneinander getrennt werden, da die Fahrbahn mit 4,50 Metern breit genug sei. Das Kopfsteinpflaster wird durch Betonpflaster ersetzt, was Radfahrern mehr Komfort bieten werde.
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Während der Bauzeit werden die Fahrbahnen in Abschnitten voll gesperrt. Der Baubeginn ist gegen Ende des ersten Quartals 2025 geplant. Zum Ende des zweiten Quartals 2025 wird mit der Fertigstellung gerechnet. Die Gesamtkosten werden auf fast 1,1 Millionen Euro geschätzt.
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