Bochum. Unangekündigt wird eine wichtige Verbindungsstraße in Bochum abgesperrt, Anwohner können ihre Grundstücke nicht verlassen. Das sagt die Stadt.

Montagfrüh (22.) um 7 Uhr wachte Alexander Sievers auf und wunderte sich: „Es ist überhaupt kein Verkehrslärm zu hören.“ Und das an der viel befahrenen Hiltroper Straße. Beim Blick aus dem Fenster wurde dem Fachinformatiker klar: Er und seine Nachbarn sind von der Außenwelt abgeschnitten. Ringsum nur Absperrbaken. „Wir sitzen hier fest.“

„Meine Frau musste im Homeoffice arbeiten, wir kamen nicht aus unseren Garagen heraus.“ Sievers wohnt einen Steinwurf entfernt von der Kanalbaustelle. Dort galt bis Sonntag Einbahnstraßenverkehr, geregelt über Baustellenampeln, sodass die Verbindungen sowohl nach Grumme und Riemke als auch nach Hiltrop-Dorf weiterhin bestanden.

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„Ich bin ja froh, dass etwas gemacht wird. Jahrelang wurden hier immer nur notdürftig die Löcher gestopft“, versichert der 50-Jährige. Jetzt gibt es nach dem neuen Kanal auch eine neue Straßendecke. Ihn ärgert nur, dass die Vollsperrung geschah, ohne dass irgendjemand informiert worden wäre. Auch Halteverbotsschilder fehlten, sodass einige Autos von Sperrbaken eingekesselt wurden.

Bis zum 4. August müssen Kanal- und Straßenbau an der Hiltroper Straße abgeschlossen sein.
Bis zum 4. August müssen Kanal- und Straßenbau an der Hiltroper Straße abgeschlossen sein. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Straße in Bochum plötzlich gesperrt – Nachbarn helfen sich selbst

Auch sein Nachbar versuchte vergeblich, zur Arbeit zu fahren. Gemeinsam hoben sie, unterstützt von einigen Bauarbeitern, einen der Sperrriegel heraus. Seither fahren wieder Autos in die Absperrung hinein, stranden dann aber in der Baustelle und müssen rückwärts wieder zurück. Die Verbindung zur Siedlung Lothringer Feld war auch abgedichtet worden, ist inzwischen aber wieder offen.

Randa El-Lahib, Inhaberin eines Haarstudios: „Mir laufen die Kundinnen davon.“
Randa El-Lahib, Inhaberin eines Haarstudios: „Mir laufen die Kundinnen davon.“ © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Randa El-Lahib betreibt seit zehn Jahren ihren Friseursalon in Nachbarschaft zu Alexander Sievers. Montags bleibt ihr Laden geschlossen, sodass sie Dienstagmorgen von der neuen Situation völlig überrascht wurde. „Ich sehe schwarz für mein Geschäft. Wo soll meine Kundschaft parken?“ Etliche hätten bereits abgesagt. Hätte sie im Vorfeld von der Absperrung gewusst, hätte sie Termine verlegen können.

Ralf Müller ist der Bauleiter für die Maßnahme. Er sagt: „Da ist dem Tiefbauamt etwas durchgegangen.“ Keine Pressemitteilung, keine Anwohnerinformation – er könne den Ärger der Anlieger verstehen.

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„Wir sind in einer Sondersituation. Die gesamte Baumaßnahme, also Kanal- und Straßenbau, war geplant bis September. Nun müssen wir bis zum 4. August fertig werden, weil ab 6. August die A40 gesperrt wird, sodass alles forciert wird.“ Denn die Hiltroper Straße wird eine der Hauptumleitungsstrecken für den Verkehr, der sich dann auf die innerstädtischen Verbindungen ergießt.

Deshalb hadert Müller auch mit dem andauernden Regen, so wie an diesem Tag. „Wir wollen den Kanalbau durchbringen. Aber mit jeder Stunde, in der nicht gearbeitet werden kann, verlieren wir wertvolle Zeit.“ Die Gesamtkosten der Maßnahme (Kanal und Straße) betragen 1,050 Millionen Euro.

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Seine Firma sei den Anwohnern entgegengekommen, habe eine durchlässigere Situation geschaffen, sodass Grundstücke wieder erreichbar seien. „Sicher, es fahren aus Richtung Tenthoffstraße, wo übrigens das erste Hinweisschild steht, immer noch einige Autofahrer hinein. Die stranden dann vor dem Bagger und müssen zurück.“

Kritik kommt auch von der SPD Bochum-Nord

Kritik kommt auch von politischer Seite: Die SPD im Stadtbezirk Bochum-Nord zeigt sich enttäuscht über die mangelnde Kommunikation seitens der Stadt Bochum bezüglich der Vollsperrung der Hiltroper Straße. „Es ist völlig inakzeptabel, dass eine solche Maßnahme ohne jegliche Vorabinformation oder Ankündigung durchgeführt wird“, erklärt Jimena Salloch, Vorsitzende der SPD Bochum-Nord. „Wir hoffen, dass diese Panne bei der Stadtverwaltung intern aufgearbeitet wird.“

Das Presseamt der Stadt Bochum verschickte erst einen Tag nach Sperrung eine Pressemitteilung. Sprecherin Charlotte Meitler erklärt, es seien Anwohnerinformationen wegen der Vielzahl der parallellaufenden Maßnahmen leider verspätet am 22. Juli eingeworfen worden. Dazu Anwohner Alexander Sievers: „Wir hatten nichts im Briefkasten, andere Nachbarn auch nicht.“

Die Umleitung führt über die Dietrich-Benking-Straße, das Harpener Feld, den Castroper Hellweg, den Harpener Hellweg sowie die Josephinen- und Tenthoffstraße.