Bochum. Zum 40-jährigen Bestehen feiern die Wattenscheider Ska-Pioniere ein Comeback bei Bochum Total. Hier ist die ganze verrückte Geschichte.

Marion aus Hattingen ist an allem schuld. 1984, Ferienfreizeit der katholischen Kirche auf der holländischen Insel Ameland. Torsten „Sticki“ Stickdorn ist in Marion verschossen. Der 15-Jährige textet ein Liebeslied für seinen Schwarm. Doch Marion gibt ihm einen Korb. Vier Mitschüler raten zur Zweitverwertung: Wenn es Stickis Text nun schon mal gibt, könnte man ja eine Band gründen, die einen Song daraus macht. Es ist die Geburtsstunde von „The Frits“. Am Samstag (6.) feiern sie ihr Comeback bei Bochum Total.

„The Frits“ gelten als Ska-Pioniere im Ruhrgebiet

Als „Ska-Pioniere aus dem Pott“ wird die Wattenscheider Combo oft und gern betitelt. Aus der Schülerband ist in den 80er und 90er Jahren eine Kapelle erwachsen, die die Musikszene in Deutschland kräftig aufmischte.

Bochum Total 2024: Lesen Sie hier mehr zum Innenstadt-Festival

Daran ist kaum zu denken, als sich Frank „Baumi“ Baumgart, Rainer Lüdtke, Ingo Pelka, Torsten „Sticki“ Stickdorn und Michael Vössing nach der Ameland-Freizeit aufmachen, ihren britischen Vorbildern nachzueifern. Die heißen „The Specials“, „The Selecter“, „Bad Manners“ und „Madness“, sind auf der Insel große Stars und haben auch in Deutschland eine wachsende Fan-Base.

Eines der ersten Fotos von „The Frits“ zeigt die Band mit Freunden Mitte der 80er Jahre im „Kulturladen“ der Falken in Wattenscheid.
Eines der ersten Fotos von „The Frits“ zeigt die Band mit Freunden Mitte der 80er Jahre im „Kulturladen“ der Falken in Wattenscheid. © WAZ Bochum | Frank Baumgart

Erste Proben in Ingos Kinderzimmer und im „Kulturladen“ der Falken

Aus den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen bilden die Fünf den Bandnamen: FRITS. Na ja, etwas gemogelt wird schon. Für das M von Michael gibt‘s keine Verwendung. Das S wird der besseren Aussprache wegen angefügt. Sinn macht es aber schon wenig später: Stefan Westermeier, genannt Stöpsel, stößt zur Band hinzu, ebenso wie Karsten Riedel.

Anfangs proben die Schüler in Ingos Kinderzimmer auf der Weststraße. Bald können sie einen Raum im „Kulturladen“ der Falken an der Schulstraße nutzen. Dort schiebt zu dieser Zeit ein gewisser Christian Eggert als Zivi Dienst: der spätere Gründer und Regisseur des Bochumer Streetart-Festivals Urbanatix.

In Originalbesetzung kehren „The Frits“ am Samstagabend (6.) auf die Bochum-Total-Bühne zurück.
In Originalbesetzung kehren „The Frits“ am Samstagabend (6.) auf die Bochum-Total-Bühne zurück. © WAZ Bochum | Stefan Westermeier

Politisches Statement ist der Band von Anfang an wichtig

1988 erscheint das erste Album. Die Release-Party steigt bei den Falken. Der Titel ist an Kreativität kaum zu überbieten: „Die Erste“. Der Sound ist dafür eingängig und extrem tanzbar. Die Texte zeugen von der politischen Ausrichtung der Ska-Szene: freiheitlich links! Das sei seinerzeit in Wattenscheid besonders wichtig gewesen, sagt Stefan Westermeier. „Hier gab es eine ausgeprägte Nazi-Bewegung rund um die Landesgeschäftsstelle der NPD.“ „The Frits“ bilden den genauen Gegenentwurf. Alte Zeiten. Bedrückend aktuell.

„Life of Brian“ heißt die erste Single. Die Studioalben „The Rude Message“, „Little Idiots“ und „Not Enough For You“ sowie mehrere Sampler folgen, produziert beim Bochumer Label Rude Records und bei der renommierten Berliner Company Vielklang. Sogar in einem Kinofilm wirkt die Band samt eigener Single mit: „Ebbies Bluff“ 1993 mit Til Schweiger, Heiner Lauterbach und Helge Schneider. Der Streifen ist schnell vergessen. Zu Recht.

Keine UB40-Tour, das Finanzamt klopft an: Band löst sich 1995 auf

Zwei Jahre später sind auch „The Frits“ vorerst Vergangenheit. Pläne, mit UB40 auf Tour zu gehen, zerschlagen sich. Das Finanzamt klopft an. „Wir haben uns damals gesagt: Es reicht“, erinnert sich Frank Baumgart. Es ist an der Zeit, die bürgerlichen Berufe, die jeder vernachlässigt hat, voranzutreiben. Die Kinder von Ameland sind in der Wirklichkeit angekommen.

Beim Zeltfestival feierten „The Frits“ 2009 ihr erstes Comeback: hier Sänger Frank Baumgart (re.) und Gitarrist Stefan Westermeier.
Beim Zeltfestival feierten „The Frits“ 2009 ihr erstes Comeback: hier Sänger Frank Baumgart (re.) und Gitarrist Stefan Westermeier. © Otto, Ingo | OTTO, INGO

Doch die Geschichte ist noch nicht zu Ende. 2009, zum 25-Jährigen, gibt‘s ein Comeback beim Zeltfestival Ruhr. 2011 folgt ein Auftritt bei Bochum Total. 2014 wird das 30-jährige Bestehen mit einem Jubiläumskonzert auf der Wattenscheider Freilichtbühne zelebriert. 2016 wird ein Traum wahr: „The Frits“ sind Vorgruppe ihrer einstigen Helden von „Madness“ („Our House“). Auch der Bochumer Ruhrcongress steht auf dem Tourplan. Heimspiel!

Bei Bochum Total stehen „The Frits“ in Originalbesetzung auf der Bühne

2024 wird der 40. Geburtstag gefeiert. Bochum Total bietet die große, angemessene Bühne. „Tierisch“ freue man sich auf die Rückkehr, sagen Frank Baumgart und Stefan Westermeier im WAZ-Gespräch. Sänger „Baumi“ ist Abteilungsleiter bei Edeka, Gitarrist „Stöpsel“ unterrichtet als Lehrer in Wattenscheid. Die Bandkollegen sind als Manager, Landschaftsbauer, Theatermusiker im Job voll eingespannt. Doch die Ska-Leidenschaft lodert weiter, in den Gründungsmitgliedern ebenso wie in den Nachzüglern und der Bläsersektion mit Felix Kels und Axel Bossmann, die „The Frits“ live begleiten.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++

Seit sechs Wochen laufen die Proben. Man komme gut voran, man verstehe sich auch nach acht Jahren Pause blind, sagt Frank Baumgart. Fast sei die ganze Arbeit zu schade für nur ein Konzert. Doch weitere Pläne gebe es derzeit nicht. Alles soll am Samstag rausgepowert werden. „Die Besucher sollen ihre Jugend feiern!“, sagt Stefan Westermeier.

Vielleicht kommt Marion ja auch.

„The Frits“ bei Bochum Total: Samstag, 20..45 Uhr, Sparkassen-Bühne am Konrad-Adenauer-Platz. Eintritt frei.